Ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle-Wohnhaus ohne Baugenehmigung aber mit Bestandsschutz

16. Oktober 2019 Thema abonnieren
 Von 
Trainee321
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 8x hilfreich)
Ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle-Wohnhaus ohne Baugenehmigung aber mit Bestandsschutz

Liebes Forum,

mein Verlobter und ich brauchen dringend Rat, wie wir bei folgendem Sachverhalt am besten vorgehen können. Sorry für den langen Text, aber es ist ein echt vertracktes Thema.

Wir beabsichtigen den Kauf einer ehemaligen landwirtschaftlichen (lws) Hofstelle mit 4,5 ha Grünland im Außenbereich des Oberbergischen Kreises in NRW. Die Aufgabe der lws. Nutzung erfolgte laut Landwirtschaftskammer Ende der 1960iger Jahre. Das Haus findet sich auf genehmigten Bauplänen eines lws. Gebäudes aus dem Jahr 1939, somit wurde es nachweislich vor 1945 legal errichtet, diente der Lws und genießt Bestandsschutz. Auf diesen Plänen ist es als "Wohnhaus" eingezeichnet. Eine Baugenehmigung oder Akte liegt der Unteren Bauaufsichtsbehörde dazu nicht vor, somit ist auch keinerlei Nutzungsart als Einfamilienhaus /Zweifamilienhaus genehmigt. Das Baujahr ist unbekannt.

Zum einen möchten wir die lws. Nutzung reaktivieren, zunächst im Nebenerwerb. Zum anderen möchten wir das Haus zukünftig als Zweifamilienhaus nutzen und eine Wohneinheit (WE) vermieten. Mieterin soll langfristig meine Mutter werden, doch da sie nicht sofort einziehen kann, soll übergangsweise der jetzige Eigentümer bzw. Verkäufer dort wohnen bleiben dürfen. Er ist schwer krank und wünscht sich, seinen Lebensabend in seinem Zuhause zu verbringen. Daran knüpft er auch den Verkauf, aber zum Glück ohne Wohnrecht auf Lebenszeit. Da der Kaufpreis von einer Bank finanziert wird und die Mieteinnahmen für unsere Finanzierung wichtig sind, müssen wir für das Gutachten der Bank nachweisen, dass wir das Haus zukünftig als 2-FH nutzen dürfen.

Die Bauaufsicht sagt, wir seien in der Beweispflicht, dass das Haus a) vor 1945 als 2-FH genutzt wurde, oder b) zu Zeiten der lws. Nutzung als 2-FH genutzt wurde. Dann würde der Bestandsschutz diese Nutzung miterfassen. Recherchen über das Finanzamt ergaben, dass es auch dort keine Akte mehr dazu gibt, auch nicht aus Zeiten der lws. Nutzung. Der erste Eintrag ist vom 01.01.1974, dort wurde das Haus als "Mietwohngrundstück" bewertet. Laut Finanzamt geschieht dies immer dann, wenn mehr als 2 WE existieren. Die Wohnflächengröße beträgt laut Finanzamt 195 qm, falls dies wichtig sein sollte.
Auch der jetzige Eigentümer und Verkäufer bewohnt das Haus seit 1980 und es wird laut Grundsteuerbescheid des Finanzamtes seither als 2-FH deklariert. Laut Bauaufsichtsbehörde riskieren wir jedoch den Bestandsschutz, wenn wir es zukünftig als 2-FH nutzen. Dabei gibt es ja keinerlei genehmigte Nutzung, wie gesagt lediglich die Bezeichnung "Wohnhaus" auf dem Plan von 1939. Von einer Bauvoranfrage haben wir bisher aus Kosten- und Zeitgründen abgesehen. Zum einen, weil die Bauaufsicht uns mitteilte, wir können es zwar nachgenehmigen lassen, müssen dies aber nicht tun aufgrund des nachweislichen Bestandsschutzes. Die Kosten sparen wir uns dann ja lieber. Zum anderen ist der jetzige Eigentümer wie gesagt schwer erkrankt und uns läuft die Zeit davon, es von ihm zu erwerben. Eine Bauvoranfrage würde laut Bauaufsicht bis zu einem halben Jahr dauern... auch wenn wir die eigentlichen Vorgaben zur Bearbeitungszeit kennen, möchten wir es nicht darauf ankommen lassen.
Bisher habe ich nur in Erfahrung bringen können, dass eine Nutzungsänderung nur dann den Bestandsschutz gefährdet, wenn dafür "die Quantität und Qualität eines Bauwerks" verändert werden muss. Wir müssten für die Nutzung als 2-FH weder an- noch umbauen, es wäre bereits im jetzigen Zustand so nutzbar. Lediglich würden im Lauf der nächsten Jahre Renovierungsarbeiten anstehen, welche aber nicht das Ausmaß eines Neubaus annehmen, somit auch nicht den Bestandsschutz gefährden. Die Renovierungsarbeiten sind letztendlich ja auch unabhängig von der Nutzung als 1-FH/2-FH.
Vielleicht haben Sie Erfahrungswerte oder Ideen dazu, wie wir hier am besten vorgehen können, um schnell zu einer Lösung zu kommen? Am Ende bleibt uns wahrscheinlich ja nur die Bauvoranfrage. Diese müsste aufgrund der Spekulationsfrist wahrscheinlich über den jetzigen Eigentümer laufen. Die gesetzlichen Fakten (§ 35 Außenbereich) für eine Genehmigung dazu würde ich dann wie folgt argumentieren (Tipps und Hilfe erwünscht):
1. Erschließung ist gesichert -> Anschluss an das öffentliche Straßennetz und die Wasserversorgung ist gegeben. Das Abwasser wird über eine biologische Kleinkläranlage entsorgt, welche laut Gutachten 8 Personen "verkraftet".
2. Aus § 35:
4.1.6 Drei zusätzliche Wohnungen
Nach Buchst. f) sind bei einer Änderung der Nutzung zu Wohnzwecken (Konkret ist bei uns ja schon die Wohnnutzung gegeben, es geht nur darum, ob als 1-FH/2-FH) neben den bisher nach Absatz 1 Nr. 1 zulässigen Wohnungen höchstens drei zusätzliche Wohnungen je Hofstelle zulässig. Die gegenüber § 4 Abs. 3 BauGB-MaßnG geänderte Fassung der Begünstigungsvorschrift stellt klar, dass bei den zulässigerweise durch Umnutzung zu errichtenden Wohnungen auf der Hofstelle privilegiert errichtete Wohnungen nicht mitzuzählen sind, auch wenn zum Zeitpunkt der Nutzungsänderung diese Wohnungen nicht mehr privilegiert genutzt werden, weil die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung innerhalb der Sieben-Jahres-Frist aufgegeben worden ist.
3. Durch die geplante reaktivierte lws. Nutzung wird die ehemalige Hofstelle im Außenbereich wieder viel mehr zu ihrem ursprünglichen Errichtungszweck zurückgeführt werden. Dies müsste doch auch im Sinne der Unteren Bauaufsichtsbehörde sein, auch wenn hierzu keine Gesetze existieren. Wir möchten uns wirklich nicht nur eine Wohnnutzung im Außenbereich „erschummeln", sondern den Hof und das damit verbundene Land tatsächlich lws. nutzen.

Wir sind für jeden Rat sehr dankbar, denn wir wissen nicht mehr weiter und haben schon viel Geld (neben Zeit und Nerven) für das Beschaffen von Unterlagen zum Hof investiert. Nun befürchten wir, bei der Bauvoranfrage Dinge zu übersehen oder nicht bedacht zu haben, die uns dann negativ ausgelegt werden. Unser Architekt befindet sich noch lange im Urlaub, so dass wir ihn mit unseren Fragen gerade nicht erreichen können, und uns läuft wie gesagt die Zeit davon.

Tausend Dank im Voraus für jede Hilfe.

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32202 Beiträge, 5658x hilfreich)

Zitat (von Trainee321):
Wir müssten für die Nutzung als 2-FH weder an- noch umbauen, es wäre bereits im jetzigen Zustand so nutzbar.
Könnte eine Abgeschlossenheitsbescheinung für jede WE erteilt werden?

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#2
 Von 
Trainee321
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 8x hilfreich)

Hallo Anami,
vielen Dank für die Nachfrage.

Ich hab erstmal nachlesen müssen, was genau diese AB ist. Laut meiner Recherche greift dies ja nur bei Mehrfamilienhäusern... und genau dies bzw. das Vorliegen eines 2-FH müssen wir ja zunächst wohl beweisen. Prinzipiell kann aber eine Aufteilung in zwei abgeschlossene WE, jede WE auf einer Etage, deutlich erkannt werden. So existieren zwei Bäder, zwei Küchen usw. Allerdings sind momentan noch keine "richtigen" Wohnungseingangstüren verbaut bzw. Türen, die mit ordentlichen Schlössern ausgestattet sind...

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32202 Beiträge, 5658x hilfreich)

Es wäre mir neu, wenn die Abgeschlossenheitsbescheinigungen nur für MFH verlangt bzw. gelten würden.

Meine Frage war aber: Könnte die AB aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten im Haus denn erteilt werden?
Wenn es lediglich an den WE-Türen hapert, dürfte das das geringste Problem sein.

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Trainee321
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 8x hilfreich)

Vielen Dank für die Antwort.

Ja, theoretisch erfüllen die beiden WE die Voraussetzungen.
Gefunden hier: https://www.immonetzwerk.de/know-how/abgeschlossenheitsbescheinigung

Damit eine Wohnung als abgeschlossen bezeichnet werden kann, muss diese einige Merkmale erfüllen. Diese schlüsseln sich wie folgt auf:

- ‍Die Wohnung muss durch feste Wände und Decken vollkommen von anderen Wohneinheiten und Räumen separiert sein. Der Schall- und Wärmeschutz muss gewährleistet sein.
- Die Wohnung sowie das Teileigentum müssen über einen separaten Eingang verfügen und abschließbar sein.
- Innerhalb der Wohnung muss sich eine Küche bzw. eine Kochgelegenheit befinden. Hierbei reicht es jedoch aus, wenn die notwendigen Anschlüsse vorhanden sind.
- In der Wohnung muss sich ein eigenes Bad befinden.

Ein separater Eingang wie bei einer Einliegerwohnung liegt hier nicht vor. Aber grundsätzlich ist die Gegebenheit im Haus erkennbar in 2 WE aufteilbar: Man kommt rein in den Flur, dort ist direkt der Treppenaufgang in den Flur des 1. OG. Vom Flur des 1. OG geht es durch eine abschließbare Tür in die Räumlichkeiten (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad, Esszimmer), die vom jetzigen Eigentümer bewohnt werden. Im UG befinden sich ebenfalls Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Bad und Esszimmer.

Am Ende wäre für die Ausstellung aber wieder die Bauaufsichtsbehörde zuständig, oder? Diese ist ja über unser Vorhaben im Bilde... Und schlussendlich: Wie könnte uns diese Abgeschlossenheitsbescheinigung bei unserem Vorhaben helfen?

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Anami
Status:
Unbeschreiblich
(32202 Beiträge, 5658x hilfreich)

Eine WE ist abgeschlossen, wenn die WE durch eine WE-Tür *abgeschlossen/abschliessbar* ist.

Zitat (von Trainee321):
Die Wohnung sowie das Teileigentum müssen über einen separaten Eingang verfügen und abschließbar sein.
Dann macht das doch noch.
Was für euch erkennbar ist, ist nicht relevant. Die Behörde erteilt die AB, wenn sie die 2 WE erkennt.
Aus deiner Beschreibung erkenne ich keine 2 abgeschlossenen WE.
Ist UG das Untergeschoß? Und was ist im EG, wenn eine Wohnung im 1.OG ist?
Zitat (von Trainee321):
Wie könnte uns diese Abgeschlossenheitsbescheinigung bei unserem Vorhaben helfen?
Zitat (von Trainee321):
Zum anderen möchten wir das Haus zukünftig als Zweifamilienhaus nutzen und eine Wohneinheit (WE) vermieten.
Dafür. Dafür braucht man die AB und für diese die WE-Tür--- so wie in den MFH. Jeder kann seine WE-Tür zu machen.

btw.
für Schnelligkeit sind Behörden nicht zuständig. :sad:

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