Labor überschreitet Untersuchungsauftrag

15. Februar 2020 Thema abonnieren
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16549 Beiträge, 9315x hilfreich)
Labor überschreitet Untersuchungsauftrag

Werte Mit-Foristen,

heute möchte ich mal folgenden Fall zur Diskussion stellen, der wahrscheinlich genau so gut in die Rubrik Verfahrensrecht (oder vielleicht sogar Strafrecht) gepasst hätte:

Autofahrer Artur Arglos (AA) gerät in eine allgemeine Verkehrskontrolle. Polizist Florian Flott (FF) vermutet Drogenbeeinflussung bei AA.
FF bittet AA um eine freiwillige Urinprobe, AA ist einverstanden. FF hält einen THC-Teststreifen in die Urinprobe, das Ergebnis ist uneindeutig.
FF bittet AA zur Blutentnahme, AA ist auch da einverstanden. FF sendet die Blutprobe an ein Labor, auf dem Untersuchungsauftrag kreuzt FF nur an "Untersuchung auf THC".
Im beauftragten Labor bearbeitet Eileen Eifrig (EE) den Fall. Sie überschreitet aber den Auftrag und untersucht die Blutprobe auf alle gängigen Drogen, anstatt nur auf THC. THC findet sie nicht, dafür aber Kokain.

Nun gibt es verschiedene Varianten:
a) EE überschreitet den Auftrag aus Fahrlässigkeit, sie hat den Auftrag in der Hektik nicht richtig gelesen. EE bemerkt den Fehler bis zum Schluss nicht. Deshalb schickt EE (immer noch fahrlässig) einen Untersuchungsbericht an FF, in dem der positive Kokain-Befund enthalten ist. AA verliert letztendlich deshalb die Fahrerlaubnis.
b) EE überschreitet den Auftrag aus Fahrlässigkeit, sie hat den Auftrag in der Hektik nicht richtig gelesen. EE bemerkt den Fehler aber, als sie den Untersuchungsbericht schreibt. Im Bewusstsein, den Untersuchungsauftrag überschritten zu haben, schickt EE trotzdem (=vorsätzlich) einen Untersuchungsbericht an FF, in dem der positive Kokain-Befund enthalten ist. AA verliert letztendlich deshalb die Fahrerlaubnis.
c) EE überschreitet den Auftrag aus Fahrlässigkeit, sie hat den Auftrag in der Hektik nicht richtig gelesen. EE bemerkt den Fehler aber, als sie den Untersuchungsbericht schreibt. Sie verschweigt deshalb im Untersuchungsbericht den positiven Kokain-Befund, sondern schreibt nur, dass kein THC nachweisbar war. AA behält seine Fahrerlaubnis.
d) EE überschreitet den Auftrag vorsätzlich, weil sie es aufgrund ihrers Berufsethos grundsätzlich für sinnvoll hält immer alle Blutproben auf alle Drogen zu untersuchen. Der Nachweis von Kokain im Blut bestätigt sie in der Ansicht, dass es richtig war, den Auftrag zu überschreiten. EE schickt (somit vorsätzlich) einen Untersuchungsbericht an FF, in dem der positive Kokain-Befund enthalten ist. AA verliert letztendlich deshalb die Fahrerlaubnis.

Kommentare zum Verhalten von Eileen Eifrig sind erwünscht.

Bonusfrage: Verwirklicht EE in den Varianten b) oder d) einen §164(2) StGB ? ("wider besseres Wissen eine Tatsache mitgeteilt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren fortdauern zu lassen") Hätte EE genau das untersucht, was FF beauftragt hat, hätte AA seine Fahrerlaubnis behalten.

Ziemlich viel Text, sorry.
Der Fall ist fiktiv, ich kann Ihnen aber versichern, dass keinerlei Bezug zu einer juristischen Prüfung, Hausaufgabe o.ä. besteht. Aus dem Alter bin ich raus.

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4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
ChrisC
Status:
Schüler
(172 Beiträge, 90x hilfreich)

Zitat:
§164(2) StGB ? ("wider besseres Wissen eine Tatsache mitgeteilt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren fortdauern zu lassen")
Das steht da nicht.

Der § 164 Absatz 2 lautet:
Zitat:
(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.
EE stellt keine Behauptung auf(Lüge) sondern sie teilt von ihr festgestellte Fakten(Wahrheit) mit. Somit keine Falsche Verdächtigung.

Die Sache hat lediglich zivilrechtliche Konsequenzen, nämlich, dass eine nicht in Auftrag gegebene Untersuchung auch nicht bezahlt werden muss.

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#2
 Von 
Demonio
Status:
Bachelor
(3591 Beiträge, 971x hilfreich)

Die Frage stellt sich in der Praxis eigentlich gar nicht, weil der Schnelltest bereits auf das Kokain reagiert hätte.

0x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16549 Beiträge, 9315x hilfreich)

Deshalb hat FF in diesem fiktiven Fall nur einen THC-Teststreifen benutzt, ein Schnelltest für "alles" war gerade nicht zu Hand.

Letztendlich geht es ja um die Frage, wie es rechtlich zu bewerten ist, wenn ein Labor den Auftrag überschreitet und dabei ein für den Betroffenen ungünstiges Ergebnis herauskommt, das nicht herausgekommen wäre, wenn das Labor den Untersuchungsauftrag eingehalten hätte.
(Verbunden mit den "Unterfragen", ob Fahrlässigkeit / Vorsatz beim Labor Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung hat und ob ein Labor solche - durch Überschreitung des Auftrags gewonnene - Ergebnisse überhaupt mitteilen darf.)

Und ja - solche Fälle, in denen diese Fragen auftauchen, gibt es auch in der Praxis. Nur hat bislang niemend eine Antwort auf diese Fragen finden können.

Signatur:

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#4
 Von 
Tehlak
Status:
Praktikant
(947 Beiträge, 286x hilfreich)

Bitte nicht Variante e) vergessen:
Aufgrund der üblichen Vereinbarungen zwischen Polizei und Labor macht EE das vertraglich vereinbarte Drogenscreening zum Pauschalpreis. Die mir bekannten Laborauftragsscheine sehen das nämlich genau so vor.

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