Beschluss des OLG Hamm vom 22.03.2017 Aktenzeichen: 15 W 354/16

24. November 2024 Thema abonnieren
 Von 
Blackpandinus
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)
Beschluss des OLG Hamm vom 22.03.2017 Aktenzeichen: 15 W 354/16

Hallo zusammen,
ich bin Betroffener von o.a. Urteil des OLG Hamm.
Mein Vater hatte ein notarielles Berliner Testament und hat nach dem Tod unserer Mutter das Erbe beim Nachlassgericht form- und fristgerecht ausgeschlagen.
Meine Schwester und ich sind namentlich im Testament als Ersatzerben benannt.
Nun fordert das Grundbuchamt zur Korrektur des Grundbuches die Vorlage eines Erbscheines mit Hinweis auf das o.a. Aktenzeichen des OLG Hamm.
Die Begründung, wenn auch rechtskräftig, ähnelt doch sehr stark einem Schildbürgerstreich.

1. Kann man, bzw. macht es überhaupt Sinn sich gegen dieses Urteil und die verlangte Vorlage eines kostenpflichtigen Erbscheines erneut zu beschweren?

2. Wenn nicht, dann würde dieses Urteil im Umkehrschluss für mich bedeuten, dass unter diesem Aktenzeichen auch jede zunächst wirksame Erbausschlagung widerrufen werden kann.

Wo ist da der Sinn?

Würde mich über eure Meinung und Hilfe sehr freuen.
Vielen Dank.

Viele Grüße

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11 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(125849 Beiträge, 40543x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus ):
1. Kann man, bzw. macht es überhaupt Sinn sich gegen dieses Urteil und die verlangte Vorlage eines kostenpflichtigen Erbscheines erneut zu beschweren?

Bekanntermaßen kann man sich ja über alles beschweren. Hier hat der Gesetzgeber sogar das Rechtsmittel der Beschwerde geschaffen. Falls dann keine Rechtsgrundlage erkennbar ist, tendieren die Erfolgsaussichten jedoch gegen 0.



Zitat (von Blackpandinus ):
2. Wenn nicht, dann würde dieses Urteil im Umkehrschluss für mich bedeuten, dass unter diesem Aktenzeichen auch jede zunächst wirksame Erbausschlagung widerrufen werden kann.

Keine Ahnung wie man auf diese absurde Theorie kommt?



Zitat (von Blackpandinus ):
Die Begründung, wenn auch rechtskräftig, ähnelt doch sehr stark einem Schildbürgerstreich.

Nicht mal ansatzweise.

Das Grundbuchamt ist nun mal keine Ermittlungsbehörde, dafür sind andere zuständig. Insbesondere wenn es mangels erforderlicher Berechtigungen gar nicht ermitteln kann und darf, fällt denknotwendigerweise demjenigen mit den Berechtigungen die Beweislast zu.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
Blackpandinus
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo Harry,

herzlichen Dank für die schnelle Antwort!

Zitat (von Harry van Sell):
Keine Ahnung wie man auf diese absurde Theorie kommt?


Na, da es in der Urteilsbegründung heißt ... "Gemäß § 1943 BGB schließt eine zuvor – auch schlüssig – erklärte Annahme die Ausschlagung aus. Auch wenn im gegebenen Fall keine Anhaltspunkte für eine vorangegangene Annahme der Erbschaft gegeben sind, kann die Möglichkeit, dass der Erbe bereits vor seiner Ausschlagung die Erbschaft angenommen hat, zB indem er Verfügungen über Nachlassgegenstände tätigte, die erkennen ließen, dass er sich als Rechtsnachfolger der Erblasserin verstanden hatte, nicht außer Betracht bleiben."

So kann ja jeder im Nachhinein behaupten, dass er zuvor, auch wenn keine Anhaltspunkte gegeben sind, die Erbschaft zuvor angetreten hat und nun die beglaubigte Erbausschlagung widerrufen.

Zitat (von Harry van Sell):
Nicht mal ansatzweise.

Das Grundbuchamt ist nun mal keine Ermittlungsbehörde, dafür sind andere zuständig. Insbesondere wenn es mangels erforderlicher Berechtigungen gar nicht ermitteln kann und darf, fällt denknotwendigerweise demjenigen mit den Berechtigungen die Beweislast zu.


Das Grundbuchamt muss ja auch gar keine Ermittlungen vornehmen! Es gibt ein klar geregeltes notarielles Testament und eine offizielle Erbausschlagung aus dem Nachbarbüro (Nachlassgericht).
Es wurde sogar ein persönliches Gespräch mit meinem Vater über die Konsequenzen der Erbausschlagung geführt.
Da muss m.M.n. gar nichts ermittelt werden. Alles Aktenlage, wozu das Grundbuchamt zur Prüfung sehr wohl verpflichtet ist.

VG

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#3
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(48625 Beiträge, 17142x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus):
So kann ja jeder im Nachhinein behaupten, dass er zuvor, auch wenn keine Anhaltspunkte gegeben sind, die Erbschaft zuvor angetreten hat und nun die beglaubigte Erbausschlagung widerrufen.

Derjenige wird auch darlegen müssen, wodurch er denn die Erbschaft angenommen hat.

Zitat (von Blackpandinus):
Da muss m.M.n. gar nichts ermittelt werden. Alles Aktenlage, wozu das Grundbuchamt zur Prüfung sehr wohl verpflichtet ist.

Das kann man so sehen. Das OLG sieht es anders. Somit müsste man das Verfahren bis vor den BGH treiben mit ungewissen Erfolgsaussichten.

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 08.01.2018 (Az.: 20 W 215/17) eine ähnliche Entscheidung getroffen.

Ebenso:
OLG Hamm, Beschluss vom 22.03.2017 (Az.: 15 W 354/16)

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#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(39886 Beiträge, 14217x hilfreich)

Du vermischst hier materielles Recht mit formellem Recht. § 1943 BGB regelt die materiell-rechtliche Seite eines Falles, nämlich die Voraussetzungen, unter denen ein Erbe nicht wirksam ausgeschlagen werden kann. Diese Voraussetzungen können sich auch erst nach einer Ausschlagung herausstellen bzw. aktenkundig werden. Ob hier ein solcher Fall vorliegt, das weiß man nicht. Deshalb fordert das Grundbuchamt den förmlichen Nachweis, dass man tatsächlich Erbe ist. Und dieser förmliche Nachweis ist nun mal der Erbschein.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Yachios
Status:
Frischling
(19 Beiträge, 6x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus ):
1. Kann man, bzw. macht es überhaupt Sinn sich gegen dieses Urteil und die verlangte Vorlage eines kostenpflichtigen Erbscheines erneut zu beschweren?


Da der Beschluss offensichtlich nicht in ihrer Angelegenheit ergangen ist, können Sie sich dagegen nicht beschweren.
Beschweren können Sie sich gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts. Dann wird das zuständige OLG vermutlich eine ähnliche Entscheidung treffen, welche dann unanfechtbar ist, wenn das OLG nicht die Rechtsbeschwerde zulässt, wovon hier nicht auszugehen sein dürfte.

Zitat (von Blackpandinus ):
2. Wenn nicht, dann würde dieses Urteil im Umkehrschluss für mich bedeuten, dass unter diesem Aktenzeichen auch jede zunächst wirksame Erbausschlagung widerrufen werden kann.


Sie verkennen, dass eine Ausschlagung vom Nachlassgericht zunächst nur entgegengenommen wird und deren Wirksamkeit nicht geprüft wird. Das gilt auch wenn das Nachlassgericht die Erklärung selbst beurkundet.
Die Beurteilung der Wirksamkeit bleibt dem Erbscheinsverfahren vorbehalten.

Zitat (von Blackpandinus ):
Alles Aktenlage, wozu das Grundbuchamt zur Prüfung sehr wohl verpflichtet ist.

Das ist so nicht zutreffend.
Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchamts die ganze Aktenlage des Nachlassgerichtes zu verwerten, insbesondere auch nicht etwaige schon vorhande Ermittlungsergebnisse.
Deren Würdigung würde dem Nachlassgericht obliegen.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(39886 Beiträge, 14217x hilfreich)

Noch in Ergänzung zu den zutreffenden Ausführungen von @Yachios: nicht jedes Amt ist befugt, kann es auch in Ermangelung der erforderlichen umfassenden Unterlagen, materiell rechtliche Voraussetzungen allumfassend zu überprüfen. Muss es auch gar nicht. Es ist festgelegt, was die formellen Voraussetzungen für eine Entscheidung sind und die sind vom Amt bereits genannt.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(125849 Beiträge, 40543x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus ):
und eine offizielle Erbausschlagung aus dem Nachbarbüro (Nachlassgericht).

Das Nachlassgericht ist kein "Nachbarbüro" vom Grundbuchamt.

Kann es sein, dass man da völlig falsche Vorstellungen von den Institutionen und den Dokumenten hat?



Zitat (von Blackpandinus ):
Alles Aktenlage, wozu das Grundbuchamt zur Prüfung sehr wohl verpflichtet ist.

Richtig.
Und in der Akte findet sich nur eine Erbausschlagung, deren Gültigkeit nicht verifiziert wurde.
Die Verifikation steht aber alleine dem Gericht zu, und den Antrag zur Verifikation darf das Amt auch nicht stellen.
Die Verifikation ist das Erbscheinverfahren.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Blackpandinus
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 0x hilfreich)

Herzlichen Dank für Ihre rege Beteiligung an meiner Anfrage.

Meine persönliche Meinung zu diesem irrsinnigen Urteil hat sich zwar nicht geändert, aber zumindest weiß ich es nun besser einzuschätzen.

Wenn sie mir bitte noch eine Frage erlauben, benötige ich zur Korrektur des Grundbuches einen Erbschein mit oder reicht einer ohne eidesstattliche Versicherung?

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
cruncc1
Status:
Richter
(8331 Beiträge, 4581x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus ):
Wenn sie mir bitte noch eine Frage erlauben, benötige ich zur Korrektur des Grundbuches einen Erbschein mit oder reicht einer ohne eidesstattliche Versicherung?

Das betrifft nicht den Erbschein, sondern den Erbscheinsantrag.

I.d.R. muss die Richtigkeit der Angaben im Erbscheinsantrag an Eides Statt versichert werden.

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(39886 Beiträge, 14217x hilfreich)

Man kann nicht Anträge durch eidesstattliche Versicherungen ersetzten. Man kann lediglich unter gewissen Voraussetzungen einen behaupteten Inhalt eines Antrages glaubhaft machen.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(48625 Beiträge, 17142x hilfreich)

Zitat (von Blackpandinus ):
Wenn sie mir bitte noch eine Frage erlauben, benötige ich zur Korrektur des Grundbuches einen Erbschein mit oder reicht einer ohne eidesstattliche Versicherung?

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