Dienstplanmässige Überstunden?

2. Februar 2025 Thema abonnieren
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1723 Beiträge, 705x hilfreich)
Dienstplanmässige Überstunden?

Schwester S. arbeitet nach einem Dienstplan mit arbeitsvertraglich nur im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu 24 Wochen / einem halben Jahr vereinbarter wöchentlicher durchschnittlicher Arbeitszeit; sie weiß, daß ihre dienstplanmäßige wöchentliche Arbeitszeit mehr oder weniger stark schwanken kann. Überstunden, so weiß Schwester S., müssen angeordnet werden, über die dienstplanmäßigen Stunden hinaus, sodaß keine "geplanten" Überstunden möglich sind; ihre Arbeitsvertraglichen Richtlinien lauten entsprechend:

"Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Überstunden sind auf dringende Fälle zu beschränken und möglichst gleichmäßig auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verteilen. Soweit ihre Notwendigkeit voraussehbar ist, sind sie spätestens am Vortag anzusagen."

Schwester S. fragt sich nun, wie sie die folgende, Überstunden regelnde Passage ihrer AVR verstehen soll, die dienstplanmäßige Quasi-Überstunden zu kennen scheint:

"Die im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit des § 9 Abs. 1 festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, gelten für die Vergütungsberechnung als Überstunden."

§ 9 Absatz 1 Satz 2 und 3 haben folgenden Inhalt:

§ 9
(1) "Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich. Die Woche beginnt am Montag um 0.00 Uhr und endet am Sonntag um 24.00 Uhr. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von bis zu 24 Wochen oder einem halben Jahr zugrunde zu legen. Beginn und Ende des Zeitraums für die Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist im Voraus festzulegen."

RK

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4 Antworten
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#1
 Von 
Despi
Status:
Student
(2170 Beiträge, 484x hilfreich)

Ich versuche mich mal…

- Der Dienstplan der Schwester S muss so gestaltet sein, dass Sie an jeweils definierten Stichtagen, die spätestens alle 6 Monate angesetzt sind, rückblickend auf einen Schnitt von 39 Wochenstunden tatsächlich geleisteter Arbeit kommt.
- das bedeutet beispielhaft, dass sie je nach Bedarf in einer Woche 45 Stunden per Dienstplan eingeplant werden kann, in der nächsten dann 33, solange sie zum Stichtag auf 39 Stunden pro Woche im Durchschnitt kommt.
- für die im oben stehenden Beispiel genannte erste Woche ergibt sich eine Differenz zur Zielarbeitszeit von 6 Stunden plus (45 zu 39 Stunden). Für die zweite Woche ergibt sich eine Differenz von 6 Stunden minus (33 zu 39 Stunden).
- diese Differenzen sind planerisch und abrechnungstechnisch unterschiedlich zu betrachten.
- planerisch sind die Plus- und Minusstunden so auszugleichen, dass sich im 6-Monatszeitraum ein Wochendurchschnitt von 39 Stunden ergibt.
- abrechnungstechnisch wirken sich nur die in einer Woche geleisteten Plusstunden dahingehend aus, dass sie als Überstunden zusätzlich zu bezahlen sind, wohingegen sich die Minusstunden nicht auf die Abrechnung auswirken.

- zusätzlich zu den im Dienstplan festgelegten Stunden, können weitere Arbeitsstunden kurzfristig, also eben außerhalb des Dienstplans, angeordnet werden.

Auch diese Stunden werden im Rahmen der wöchentlichen entgeltlichen Berechnung vergütet, fließen jedoch nicht in die 6-monatliche Berechnung ein.

Beispiel:
Schwester S. wird in Woche A 42 Stunden per Dienstplan verplant.
Schwester T. fällt aus, so dass angeordnet wird, dass Schwester S. an einem Tag der Woche A 3 Stunden länger als geplant arbeitet.
Ihr sind also für die Woche 6 zusätzliche Stunden zu bezahlen, jedoch nur 3 Stunden im Dienstplan auszugleichen.

Signatur:

Meine Meinung kannst du oben lesen, doch ist‘s keine richt‘ge Rechtsberatung gewesen.

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#2
 Von 
Despi
Status:
Student
(2170 Beiträge, 484x hilfreich)

Nachtrag:

Zitat:
Auch diese Stunden werden im Rahmen der wöchentlichen entgeltlichen Berechnung vergütet, fließen jedoch nicht in die 6-monatliche Berechnung ein.

Das sehe ich beim erneuten Lesen nicht durch die Regelung gedeckt.
Mir scheint, dass es genau umgekehrt ist:
Es gibt für diese Stunden keine gesonderte Vergütung (es ist nur von den geplanten Abweichungen zur Zielarbeitszeit die Rede), jedoch fließen die Stunden in die 6-monatliche Berechnung ein (denn dort wird nicht weiter differenziert).
Mir erscheint das etwas unlogisch, daher die Unsicherheit.

Signatur:

Meine Meinung kannst du oben lesen, doch ist‘s keine richt‘ge Rechtsberatung gewesen.

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#3
 Von 
RrKOrtmann
Status:
Lehrling
(1723 Beiträge, 705x hilfreich)

Zitat (von Despi):
Der Dienstplan der Schwester S muss so gestaltet sein, dass Sie an jeweils definierten Stichtagen, die spätestens alle 6 Monate angesetzt sind, rückblickend auf einen Schnitt von 39 Wochenstunden tatsächlich geleisteter Arbeit kommt.


Schwester S. hat aber nicht vereinbart, dass ihre tatsächliche Wochenleistung durchschnittlich 39 Stunden betragen soll, sondern ihre regelmäßige Arbeitszeit ist mit durchschnittlich 39 Stunden bei Zugrundlegung eines Zeitraums von bis zu 24 Wochen/einem halben Jahr vereinbart.

Zudem ist der Durchschnittszeitraum ( bzw. dessen Ende ) nicht zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt für "erreicht" erklärbar und rückblickend zu betrachten ( solange er noch keine 24 Wochen/ein halbes Jahr erreicht ), sondern Beginn und Ende des Ausgleichszeitraums sind im Voraus festzulegen ( § 9 (1) S. 4 )

Zitat (von Despi):
beispielhaft [ kann Schwester S. ] in einer Woche 45 Stunden per Dienstplan eingeplant werden ... [ es ] ergibt sich eine Differenz zur Zielarbeitszeit von 6 Stunden plus (45 zu 39 Stunden) ... abrechnungstechnisch [ sind ] sie als Überstunden zusätzlich zu bezahlen


Das gibt die Regelung "Die im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit des § 9 Abs. 1 festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, gelten für die Vergütungsberechnung als Überstunden." aber nicht her.

Erstens wären hier "im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit" ( = wochendurchschnittliche 39 Stunden im Ausgleichszeitraum ) für die Woche 45 Stunden dienstplanmäßig festgesetzt und somit Bezugsgröße für die Überstunden(vergütungs)berechnung. Und zweitens fehlt es hier an einer darüberhinausgehenden dienstplanmäßigen Festsetzung; vor allem aber ist drittens der Verweis auf § 9 Abs. 1 S. 2, 3 als ein (Arbeitszeit-)Rahmen völlig sinnlos, in dem sich "darüberhinausgehende" Arbeitszeit abspielen soll.

Zitat (von Despi):
zusätzlich zu den im Dienstplan festgelegten Stunden, können weitere Arbeitsstunden kurzfristig, also eben außerhalb des Dienstplans, angeordnet werden.


Zutreffend; und diese angeordneten Stunden gelten unter folgenden Voraussetzungen als Überstunden :

"Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen."

festgesetzte 45 Wochenstunden: erst die 46. und weitere angeordnete Arbeitsstunden sind Überstunden
festgesetzte 33 Wochenstunden: schon die 34. angeordnete und weitere Arbeitsstunden sind Überstunden.

Zitat (von Despi):
Mir scheint, dass es genau umgekehrt ist:
Es gibt für diese Stunden keine gesonderte Vergütung (es ist nur von den geplanten Abweichungen zur Zielarbeitszeit die Rede)


Nein; nicht auf die regelmäßige (durchschnittliche) Wochenarbeitszeit ( = 39 h ) wird bei der Betrachtung "darüberhinausgehender" Arbeitszeit abgestellt, sondern stets auf die "für die Woche dienstplanmäßig festgesetzte" Arbeitszeit ( in Deinem Beispiel: 45 Stunden bzw. 33 Stunden ).

Jedenfalls im Hinblick auf ANGEORDNETE Arbeitsstunden, aber auch bei der "sinnlosen" Regelung von vergütungstechnisch "überstundengleich" zu wertenden dienstplanmäßig festgesetzten geplanten Quasi-Überstunden.

Zitat:
jedoch fließen die Stunden in die 6-monatliche Berechnung ein (denn dort wird nicht weiter differenziert).


Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit werden (überraschend) angeordnete Überstunden nicht berücksichtigt werden können: denn "Überstunden" können denknotwendig nur solche Arbeitsstunden sein, die über den vertraglich geschuldeten Umfang hinausgehen.

Schwester S. meint, das Konstrukt der "planmäßigen Überstunden" ist wegen Intransparenz und Widersprüchlichkeit unwirksam.

RK

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#4
 Von 
Despi
Status:
Student
(2170 Beiträge, 484x hilfreich)

Interessant, vielen Dank.
Tatsächlich dachte ich zunächst in eine ähnliche Richtung, habe aber verschiedene Abhängigkeiten nicht sauber auflösen können.

Signatur:

Meine Meinung kannst du oben lesen, doch ist‘s keine richt‘ge Rechtsberatung gewesen.

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