Bestellter Fisch ist nicht gleich bestellter Fisch

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Wie eine Brasse zum Seewolf wird

Fischers Fritz fischt frische Fische. Nur was, wenn der Fisch alles andere als frisch ist oder es sich um den falschen handelt? Besonders ärgerlich ist so etwas natürlich in einem Restaurant. Man hat Hunger ohne Ende und keine Lust auf böse Überraschungen. Das Essen kommt. Es sieht aber anders aus als die Bestellung, irgendwie undefinierbar und erst der Geschmack - ein klarer Fall für die Mülltonne. Man will sich jedoch Auseinandersetzung mit dem Personal ersparen, also beißt man die Zähne zusammen und lässt es über sich ergehen. Doch der Ärger kommt dann mit der Rechnung, der Wirt pocht auf den vollen Betrag. Man selbst denkt: Für so einen Fraß, das kann ja nicht wahr sein. Der zuerst gescheuten Konfrontation wird spätestens dann nicht mehr aus dem Weg gegangen. Über so einen kuriosen Fall hatte das Amtsgericht Gießen (AG) zu entscheiden. (Az. 46 C 1003/87)

Ein Mann hatte zusammen mit einem befreundeten Ehepaar, einem Doktor und einer Biologin, in einem italienischen Lokal gegessen. Man bestellte eine Portion "loup de mer", den Franzosen unter uns als Seewolf bekannt. Dieser hatte nach Karte 650 Grammund sollte 48 DM für zwei Personen kosten. Als der Betreiber den Gästen freudestrahlend die Rechnung präsentierte, weigerte sich der Mann, den vollen Betrag zu zahlen. Er erklärte, dass der Fisch extrem tranig geschmeckt und deshalb statt einem wunderbaren Föllegefühl nur Ekel hervorgerufen hätte. Die Schuld dafür solle der Gastwirt bei seinem "Haufen" in der Küche suchen. Dem Personal sei das gleichzeitig ausgestrahlte Fußballländerspiel offensichtlich wichtiger gewesen als das leibliche Wohlergehen der Gäste. Des Weiteren habe die befreundete Biologin den Seewolf als traurige, magere Brasse von mieser Qualität enttarnt. Der Wirt ließ sich davon nicht beeindrucken und verlangte trotzdem den gesamten Preis. Da der Gast sich weiterhin weigerte, verklagte er ihn auf 48 DM.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Das Amtsgericht gab dem Kläger Recht. Die Ansichten, Umstände und Folgen sein zwar schön und gut, so die Richter. Trotzdem musste der Fisch komplett bezahlt werden.

Warum, obwohl Sachkenntnis vorhanden, erst reklamiert wurde, als das Kind in den Brunnen gefallen, sprich der Fisch verzehrt war, schien dem Gericht absolut unverständlich. Lässt man sich also eine Brasse anstatt eines Seewolfs schmecken, so das Gericht, wird immer angenommen, diese sei für einen gleich wertvoll. Dass der Fisch tranig geschmeckt habe, fällt als Grund raus. Durch das immense Fachwissen musste den Gästen ja bekannt gewesen sein, dass jeder Fisch auf die eine oder andere Art tranig schmeckt. Das Fußballargument war nach Ansicht des Gerichts ebenso an den Haaren herbeigezogen und hätte einer näheren Erläuterung bedurft. Auch ein Koch könnte unter dem Einsatz seines gesamten Gehirnschmalzes in der Lage sein, zwei Sachen gleichzeitig zu machen.

Der verzweifelte Gast zückte noch seinen letzten Trumpf und gab an, alle drei Esser hätte nach dem Verzehr Montezumas Rache ereilt. Doch auch diesen Vorstoß parierte das Gericht gekonnt. Es sei äußerst fraglich, wieso traniger Geschmack sofort zu Durchfall führen solle. Der Fischindustrie würde der sichere Bankrott drohen.

Wie beruhigend, wo darf man sonst für Durchfall auch noch Geld bezahlen. Aber jeder Fisch schmeckt tranig? Also bitte. Als Fazit festzuhalten bleibt, dass nicht jeder Gast als König zu behandeln und die Kantine des erkennenden Gerichts offensichtlich keine Adresse für guten Fisch ist.