Erfolg darf sich lohnen

Mehr zum Thema: Anwaltsrecht, Gebührenrecht, Erfolgshonorar, Anwaltshonorar, Anwalt, Gebühr
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Am 07.03.2007 kassierte das Bundesverfassungsgericht ein über 60 Jahre bestehendes Totalverbot von Erfolgshonoraren für Anwälte. Sie durften bisher nicht mit ihren Mandanten vereinbaren, im Erfolgsfall an der erstrittenen Summe beteiligt zu werden, bei einer Niederlage hingegen leer auszugehen. Das Bundesverfassungsgericht hält die deutsche Regelung für zu restriktiv, weil es keine Ausnahmen zulässt. Die Karlsruher Richter ließen in ihrem Urteil dem Gesetzgeber aber bis zum 30.06.2008 Zeit, Abhilfe zu schaffen. Bis dahin bleibt das Verbot in seiner jetzigen Form wirksam.

Das jetzige Urteil könnte all jenen den Weg zu den Gerichten eröffnen, die zu wohlhabend sind, um Prozesskostenhilfe zu erhalten, die sich aber andererseits keinen teuren Gerichtsstreit leisten können. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere für diese Mandantengruppe eine Neuregelung gefordert, weil ihr durch die Kostenfrage der Weg zu den Gerichten verbaut ist. Eine weitere Gruppe sind vermögenslose Ausländer ohne Wohnsitz in Deutschland, die keinen Zugang zur deutschen Prozesskostenhilfe haben. Im Rahmen einer Neugestaltung im übrigen hat das Gericht dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungssielraum eingeräumt, der von der grundsätzlichen Ächtung von Erfolgshonoraren bis zu deren völliger Freigabe reichen kann, wie dies in den USA der Fall ist.

Nach meiner ersten Einschätzung würde eine Liberalisierung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts für die Preisgestaltung im Dienstleistungsspektrum meiner Kanzlei positive Auswirkungen haben. Insbesondere im Bereich des Erbrechts könnte ich durch eine partielle Übernahme des Prozessrisikos meinen potentiellen Mandanten eine größere Vielfalt an Honorargestaltungen anbieten, die sich an ihren finanziellen Möglichkeiten orientiert. In erbrechtlichen Auseinandersetzungen, z.B. im Pflichtteilsrecht, beruht die Entscheidung, seine Ansprüche nicht durchzusetzen neben familiären Erwägungen nicht selten auf dem Kostenrisiko (gerade bei Kindern aus erster Ehe).

Allerdings wird es auch im Falle einer liberaleren Gesetzgebung für die Übernahme des Prozessrisikos durch den beauftragten Rechtsanwalt Grenzen geben, welche sich aus der Natur der Sache ergeben: Ein Erfolgshonorar kommt nur in Betracht, wo es um die Durchsetzung von Geldansprüchen geht. Bei der Durchsetzung andersartiger Ansprüche, z.B. auf Auskunft, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder auf Unterlassung, kann es eine erfolgsabhängige Vergütung dagegen nicht geben. Gleiches gilt, wenn der Rechtsanwalt mit der Abwehr von Geldansprüchen beauftragt wird, weil auch hier im sprichwörtlichen Sinne „nichts zu holen ist“. Außerdem ist zu bedenken, dass die Gerichtskosten und die Kosten des gegnerischen Rechtsanwalts auch künftig vom Verlierer eines Rechtsstreits übernommen werden müssen. Es verbleibt also trotz Vereinbarung eines Erfolgshonorars immer noch ein Restrisiko.

Letzteres ist in den USA anders, und gerade diese Besonderheit ist in meinen Augen für das aggressive Auftreten der amerikanischen Anwälte verantwortlich. Wenn nämlich jeder seine Kosten unabhängig vom Prozessausgang selber zu tragen hat und wenn der Beklagtenanwalt nach Stundensätzen abrechnet, ist es für einen amerikanischen Klägeranwalt ein Rechenexempel, wie viel Aufwand er in der Sache und unabhängig von der Rechtslage betreiben muss, um die Gegenseite zum Abschluss eines Vergleichs zu bewegen. Dieses Szenario, auf dem auch die Romane von John Grisham beruhen, wird Deutschland auch bei einer höchstmöglichen Liberalisierung des Honorarrechts erspart bleiben.

Auch das vielfach von der Presse beschworene Horrorszenario des „ambulance chaser“, also eines Anwalts, der in der Notaufnahme auf seine Opfer wartet, entbehrt jeder Grundlage. Es geht vielen Anwälten bereits heute finanziell so schlecht, dass man sich fragen muss, warum diese Situation nicht schon längst eingetreten ist. Der Grund hierfür ist einfach: Es ist für Rechtsanwälte standesrechtlich verboten, um die Erteilung konkreter Mandate zu werben. Auch dies wird sich künftig nicht ändern.

Dagegen besteht Grund zu der Annahme, dass sich die Qualität der anwaltlichen Dienstleistung gerade bei Fällen mit kleineren Streitwerten verbessern könnte. Wenn Anwälte erfolgsorientiert bezahlt werden dürfen, rückt das Interesse des Mandanten in den Vordergrund, weil es zum Eigeninteresse des Anwalts wird. Der Mandant kann nicht nur sicher sein, dass sein Anwalt ihn engagiert vertritt, sondern er kann unter Umständen auch Anwälte engagieren, die sich nicht mit den üblichen Gebührensätzen zufrieden geben. Ein Verlierer der absehbaren Reform des Honorarrechts steht jetzt schon fest – die Prozessfinanzierer. Auch dies wäre ein Fortschritt für alle Beteiligten.

Wenn Sie der Überzeugung sind, dass eine Erfolgsvergütung für Ihren Rechtsanwalt Ihnen die Möglichkeit eröffnen würde, Ihre Angelegenheit einem Gericht vorzutragen, sollten Sie nicht zögern und Ihrem Bundestagsabgeordneten schreiben. Jetzt ist die richtige Zeit dazu.

Das könnte Sie auch interessieren
Anwaltsrecht, Gebührenrecht Wer rechtsschutzversichert ist, sollte folgende Regeln kennen: