Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses

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Voraussetzungen, Form und Inhalt eines Arbeitszeugnisses nach § 109 GewO

Die Vorlage eines Arbeitszeugnisses dient Arbeitgebern oftmals dazu, die von dem potentiellen Bewerber im Vorstellungsgespräch gewonnenen Eindrücke zu vertiefen. Daher sind Arbeitnehmer in der Regel daran interessiert, dass das Zeugnis des ehemaligen Arbeitgebers positiv ausfällt.

Voraussetzungen des Zeugnisanspruchs

Grundsätzlich steht jedem Arbeitnehmer nach § 109 Abs. 1 GewO ein Anspruch auf die Erteilung eines schriftlichen Arbeitszeugnisses in deutscher Sprache zu. Auszubildende können nach § 16 BBiG ein Zeugnis von ihrem Ausbilder verlangen.  Auch arbeitnehmerähnlichen Personen und Handelsvertretern i. S. v. § 84 Abs. 2 HGB sowie freien Mitarbeitern steht grundsätzlich ein Zeugnisanspruch zu (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 1).

Das Zeugnis ist dabei durch den Arbeitgeber zu erstellen, wobei sich dieser zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines angestellten Vertreters bedienen darf. Hierbei muss sich jedoch aus dem Zeugnis ergeben, dass dieser Vertreter einen höheren Rang als der Empfänger des Zeugnisses im Unternehmen inne hat (BAG NZA 2006, 436).

Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens richtet sich der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses nur dann gegen den Insolvenzverwalter, wenn dieser den Arbeitnehmer weiterbeschäftigt hat. Anderenfalls ist der Anspruch auf Erteilung des Zeugnisses daher in der Regel gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber geltend zu machen (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 5).

Das Arbeitszeugnis ist grundsätzlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Grundsätzlich kann ein fristgerecht gekündigter Arbeitnehmer daher spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist bzw. seinem tatsächlichen Ausscheiden die Zeugniserteilung verlangen. Bei einer außerordentlichen Kündigung ist das Zeugnis dagegen sofort fällig (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 7).

Ausnahmsweise kann der Arbeitnehmer auch die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangen, wobei hierfür ein wichtiger Grund vorliegen muss (Müller-Glöge, ErfK, § 109 GewO Rn 50). Insoweit kann ein wichtiger Grund gegeben sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Kündigung in Aussicht stellt, der Vorgesetzte wechselt, sich die Tätigkeit erheblich verändert oder die Tätigkeit beispielsweise wegen Elternzeit eine längere Zeit ruht (BAG NZA 1999, 894; Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 9).

Form des Zeugnisses

Das Arbeitszeugnis ist grundsätzlich schriftlich zu erteilen, wobei es in der Regel auf Firmenbögen abgefasst wird. Die Erteilung in elektronischer Form ist hierbei nach § 109 Abs. 3 GewO unzulässig.

Es ist mit dem Ausstellungsdatum zu versehen und vom Aussteller mit einem dokumentenechten Stift zu unterzeichnen (LAG Nürnberg, LAGE § 630 BGB Nr. 21; LAG Bremen, LAGE § 630 Nr. 6). Dabei kann ein nur mit dem Bleistift unterschriebenes oder mit Flecken oder Radierungen versehenes Zeugnis vom Arbeitnehmer zurückgewiesen werden (BAG NZA 1993, 697). Ein Anspruch auf ein ungeknicktes Zeugnis besteht regelmäßig nicht (BAG NZA 2000, 257). Der Arbeitnehmer kann dagegen verlangen, dass das Zeugnis frei von Rechtschreibmängeln ist (LAG Düsseldorf, LAGE § 630 Nr. 24).

Inhalt des Zeugnisses

Hinsichtlich des Inhalts des Zeugnisses ist zwischen einem einfachen Zeugnis nach § 109 Abs. 1 S. 2 GewO sowie einem qualifizierten Arbeitszeugnis nach § 109 Abs. 1 S. 3 GewO zu unterscheiden.

Das einfache Zeugnis stellt hierbei nur eine Dokumentation der Tätigkeit und der Dauer des Arbeitsverhältnisses dar, wobei die Art und Dauer der Beschäftigung derart genau und vollständig aufzunehmen sind, dass sich ein künftiger Arbeitnehmer hierüber ein Bild machen kann (BAG , Urteil vom 12.08.1976, 3 AZR 720/75; HK-ArbR / Becker, § 109 Rn 18).

Das qualifizierte Zeugnis erstreckt sich dagegen nach § 109 Abs. 1 S. 3 GewO zusätzlich auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis, so dass neben den Angaben des einfachen Zeugnisses auch Tatsachen und Beurteilungen zu Leistung und Verhalten enthalten sein müssen (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 19).

Der Arbeitnehmer hat auf eine bestimmte Formulierung im Zeugnis grundsätzlich keinen Anspruch, so dass der Arbeitgeber letztlich darüber entscheiden kann, welche positiven oder negativen Leistungen stärker hervorgehoben werden sollen (BAG NZA 2008, 298; BAG NZA 2008, 1349). Dabei ist das Zeugnis jedoch nach Form und Stil objektiv abzufassen, so dass auch Beanstandungen („er hat sich bemüht") grundsätzlich objektiv bzw. positiv zu formulieren sind (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 20).

Jedes Zeugnis muss grundsätzlich der Wahrheit entsprechen (BAG NZA 2008, 298). Darüber hinaus gebietet es jedoch der Grundsatz des Wohlwollens, das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers nicht ungerechtfertigt zu erschweren (BAG NZA 2005, 1237).

Das qualifizierte Zeugnis muss eine Bewertung von Leistung und Verhalten während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses enthalten, wobei hier Ausführungen zu Arbeitsumfang, Qualität, Tempo, Ökonomie, Fachkenntnisse, Arbeitsbereitschaft, Ausdrucksvermögen und Verhandlungsgeschick gemacht werden können (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 22).

In der Praxis hat sich eine sechsstufige Notenskala entwickelt, wobei eine sehr gute Leistung mit „stets (bzw. jederzeit / immer) zu unserer vollsten Zufriedenheit" (BAG, EzA § 630 Nr. 16), eine befriedigende bzw. durchschnittliche Beurteilung  dagegen mit „stets zu unserer Zufriedenheit" bezeichnet wird (LAG Köln, LAGE § 630 Nr. 35; LAG Bremen NZA-RR 2001, 287).

Arbeitszeugnisse enden regelmäßig mit einer Schlussformel, in der das Bedauern über das Ausscheiden, der Dank für geleistete Arbeit und Zukunftswünsche ausgedrückt werden (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 147 Rn 27). Steht dem Arbeitnehmer nur eine durchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung zu, muss der Arbeitgeber dagegen nicht mit der Dankes- und Wunschformel abschließen (LAG Düsseldorf, LAGE § 630 BGB 2002 Nr. 5).

Bei Zweifeln über die Richtigkeit oder Wirksamkeit eines Arbeitszeugnisses empfiehlt es sich oftmals, dieses durch einen Rechtsanwalt überprüfen und vom Arbeitgeber berichtigen zu lassen. Auch kann der Zeugnisberichtigungsanspruch vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden, wobei der Arbeitnehmer grundsätzlich die Umstände darlegen und beweisen muss, aus denen sich eine bessere als eine befriedigende Leistungsbeurteilung ergeben.