Arbeitgeber trägt Beweislast für Zeugnis mit schlechterer Note als "gut"

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Arbeitnehmer können grundsätzlich Zeugnis mit Note "2" beanspruchen

Spektakuläre Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: Eine durchschnittliche Leistungsbewertung entspricht nach der heutigen Üblichkeit keiner durchschnittlichen Bewertung mehr.

Arbeitnehmer sind durch schlechte Arbeitszeugnisnote im Bewerbungsprozess benachteiligt

Nach dem heutigen Verständnis des Wirtschaftlebens könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Leistungsbewertung mit befriedigend um eine durchschnittliche Beurteilung handelt. 87,3% der in 2011 (und 68,3% der 2010) ausgewerteten Zeugnisse enthielten (sehr) gute Leistungsbewertungen. Das führe dazu, dass ein künftiger Arbeitgeber bei der Personalauswahl Zeugnisse mit einer schlechteren Bewertung als Ausschlusskriterium betrachtet. Der Arbeitnehmer laufe damit Gefahr, im Bewerbungsprozess allein deswegen schlechtere Chancen zu haben.

René Piper
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Ein durchschnittliches Arbeitszeugnis entspricht der Note 2

Diese Entwicklung wirke sich auf den "Zeugnisberichtigungsprozess" dergestalt aus, dass die Leistungsbewertung mit "gut" nicht mehr als überdurchschnittlich angesehen wird. Eine solche sei zum Durchschnitt geworden. Daher obliege die Darlegungs- und Beweislast für die ihrer Beurteilung mit "befriedigend" zu Grunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber als Schuldnerin des Zeugnisanspruches.

Kann der Arbeitgeber diese Tatsachen nicht beweisen, kann der Arbeitnehmer nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg ein gutes Zeugnis verlangen und es auch einklagen.

Praxistip für Arbeitnehmer

Die Entscheidung beinhaltet eine Rechtsprechungsänderung. Früher konnten Arbeitnehmer nur ein Zeugnis mit der Note befriedigend verlangen. Das hat sich nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg nun geändert. Es bleibt aber abzuwarten, wie Gerichte in anderen Bundesländern dies bewerten. Arbeitnehmer können sich aber in einem Prozess durchaus auf diese Entscheidungen berufen. Zumindest in Berlin und Brandenburg haben es Arbeitnehmer nun deutlich leichter ein Zeugnis mit der Note "gut" durchzusetzen und es notfalls einzuklagen. Hier empfiehlt sich oftmals anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

LAG Berlin-Brandenburg, 21.03.2013 - 18 Sa 2133/12

Rechtsanwalt René Piper

an diesem Artikel wirkte Rechtsreferendar Jan Bergmann mit.

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Leserkommentare
von Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann am 12.04.2019 11:03:16# 1
Hallo Herr Kollege Piper,

das besprochene Urteil wurde bekanntlich in nächster Instanz aufgehoben.

https://dejure.org/2014,35226

Zudem suggeriert Ihr Artikel, dass es sich um eine kürzlich ergangene Rechtsprechungsänderung handele und könnte daher dem einen oder anderen Probleme bescheren.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Andreas Neumann
    
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