BAG: Kein Lohnanspruch während Lockdown

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Lohn, Corona, Lockdown, Betriebsschließung, Rückforderung
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Neue Entscheidung des BAG zum Lohnanspruch während einer coronabedingten Betriebsschließung sorgt für Überraschung

Die juristische Aufarbeitung der Lockdowns während der Corona–Pandemie hat für ein überraschendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (kurz: BAG) gesorgt. Die Richter*innen des BAG haben in einer aktuellen Entscheidung (Az.: 5 AZR 211/21) entschieden, dass Arbeitgeber*innen, die ihren Betrieb aufgrund eines behördlich angeordneten Lockdowns schließen mussten, grundsätzlich nicht verpflichtet sind, die Gehälter ihrer Beschäftigten weiterzuzahlen. Hierzu hatte das BAG aufgrund des großen öffentlichen Interesses zunächst nur eine Pressemitteilung herausgegeben. Eine eingehendere Begründung des Urteils steht indes noch aus.

Kein Betriebsrisiko = kein Lohnanspruch

Zur Begründung verwies das BAG in seiner Pressemitteilung darauf, dass sich im Falle eines flächendeckenden Lockdowns durch behördliche Anordnung kein im (einzelnen) Betrieb liegendes Risiko realisiere, womit ein sog. Annahmeverzug ausscheide. Ein Annahmeverzugslohn ist immer dann vom Arbeitgeber zu zahlen, wenn die zurecht angebotene Arbeitsleistung nicht angenommen wird. In diesem Fall behalten Arbeitnehmer*innen grundsätzlich ihren Lohnanspruch, sind aber nicht verpflichtet, die Arbeitsleistung nachzuholen. Auch für die unmöglich gewordene Arbeitsleistung müssen Arbeitgeber*innen grundsätzlich nicht zahlen, sondern können Arbeitnehmer*innen auf das Kurzarbeitergeld verweisen.

Volkan Ulukaya
Partner
seit 2021
Rechtsanwalt
Goethestrasse 21
60313 Frankfurt am Main
Tel: 069 2100 5480
Web: https://www.rvu-arbeitsrecht.de/
E-Mail:
Arbeitsrecht (Arbeiter und Angestellte), Sozialversicherungsrecht, Versicherungsrecht
Preis: 147 €
Antwortet: ∅ 10 Std. Stunden

Fallen geringfügig Beschäftigte durchs soziale Netz?

Das Urteil überrascht auch deshalb, weil die beiden unteren Instanzen noch zugunsten der Klägerin entschieden hatten. Die hinter der Entscheidung stehende Überlegung des BAG, der Staat müsse einen Ausgleich für den von ihm angeordneten Lockdown schaffen, damit Arbeitgeber*innen die Kosten der Corona–Pandemie nicht allein schultern müssen, überzeugt nur auf den ersten Blick. Denn tatsächlich dürften Arbeitnehmer*innen, die Kurzarbeitergeld beziehen, nun den Löwenanteil der Kosten der Pandemie tragen, weil das Kurzarbeitergeld nur zwischen 60% (Arbeitnehmer*innen ohne Kinder für die ersten 3 Monate) und max. 87% (Arbeitnehmer*innen mit Kind ab dem 7. Monat) des Nettoentgelts beträgt. Dagegen bekommen geringfügig Beschäftigte, wie z.B. Studierende, die gerade auf jeden Cent angewiesen sind, kein Kurzarbeitergeld. In dem zugrunde liegenden Fall hatte nämlich eine geringfügig Beschäftigte geklagt, die mangels sozialversicherungspflichtigem Arbeitsverhältnis gar keinen Anspruch auf das Kurzarbeitergeld hatte. Die Antwort des BAG hierauf: es sei Sache des Staates, die Lücken im System zu schließen. Arbeitgeber*innen könnten auch in diesen Fällen nicht zur Zahlung herangezogen werden.

Ausblick für Arbeitnehmer*innen: Rückforderung von bereits gezahltem Lohn?

Ungeklärt bleibt auch die Frage, ob Arbeitgeber*innen nun bereits ausgezahlte Gehälter zurückfordern können. Rechtlich ist dies grundsätzlich zwar denkbar, da auf die Lohnzahlungen gemäß der Entscheidung des BAG kein rechtlicher Anspruch mehr besteht. Jedoch ist das Risiko einer tatsächlichen Rückforderung eher überschaubar, da Arbeitgeber*innen diese nur innerhalb der sog. Ausschlussfristen zurückfordern können, auf die sich Arbeitnehmer*innen berufen können. Im Einzelfall sind darüber hinaus auch noch weitere gesetzliche Regelungen (z.B. § 818 Abs. 3 BGB) denkbar, die zu prüfen wären.

Sollten Sie also von einer Rückforderung betroffen sein, wenden Sie sich bitte umgehend an eine/n RA/in Ihres Vertrauens, um die Forderung rechtzeitig abzuwehren.

RVU Arbeitsrecht
-Rechtsanwalt Volkan Ulukaya-
Goethestrasse 21
60313 Frankfurt am Main
Wollen Sie mehr wissen? Lassen Sie sich jetzt von diesem Anwalt schriftlich beraten.