BAG: wirksamer Zugang der Kündigung bei Übergabe außerhalb der Wohnung

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Das Bundesarbeitsgericht hat gerade entschieden (BAG, Urteil vom 09.06.2011, Az: 6 AZR 687/09), dass eine arbeitsrechtliche Kündigung auch dann wirksam wird, wenn diese außerhalb der Wohnung des betroffenen Arbeitnehmers dessen Ehegatten übergeben wird. Das BAG hat insoweit die Aussage getroffen, dass – sofern das Kündigungsschreiben einer Person übergeben wird, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten - diese nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers angesehen werden kann.

Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war eine Assistentin der Geschäftsleitung in einem Arbeitsverhältnis tätig, auf welches das Kündigungsschutzgesetz zunächst keine Anwendung fand. Der Arbeitgeber hatte sodann eine ordentliche Kündigung ausgesprochen und das Kündigungsschreiben durch einen Boten dem Ehemann der betroffenen Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz in einem Baumarkt übergeben lassen. Der Ehemann ließ das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und reichte es erst später an die Frau weiter. Die Arbeitnehmerin erhob sodann Klage, mit welcher sie festgestellt wissen wollte, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht zum angegebenen Termin, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt beendet worden ist, da sie die Kündigung durch Ihren Ehemann erst später erhalten habe und daher die Kündigung erst später zugegangen sei.

Nachdem das erstinstanzliche Arbeitsgericht der Klage zunächst stattgegeben hatte, wurde diese in der Berufungsinstanz durch das Landesarbeitsgericht hingegen zurückgewiesen. Die daraufhin eingelegte Revision der betroffenen Arbeitnehmerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts dann letztlich keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Rahmen seiner Entscheidung zunächst ausgeführt, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses als Willenserklärung unter Abwesenden gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst dann wirksam wird, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen ist. Dabei trage der Kündigende und somit hier der Arbeitgeber das Risiko der Übermittlung und des Zugangs der Kündigungserklärung. Die Kündigung gilt in diesem Rahmen erst dann als zugegangen, wenn diese dergestalt in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung vom Inhalt der Kündigung Kenntnis nehmen könne. Dabei gilt für den Fall, dass das Kündigungsschreiben einer Person übergeben wird, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten – was bei Ehegatten regelmäßig der Fall ist -, diese Person nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen ist. Insoweit geht die Kündigung dem Arbeitnehmer zwar nicht schon mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen an den Arbeitnehmer zu rechnen ist.

Nach diesen voraufgezeigten Grundsätzen hat das BAG im streitgegenständlichen Fall dann die Ansicht vertreten, dass das Kündigungsschreiben der Arbeitnehmerin noch am selben Tag als zugegangen galt, an dem der Ehemann dieses an seinem Arbeitsplatz in seiner Eigenschaft als Empfangsbote der Arbeitnehmerin erhalten habe. Der Umstand, dass diese Kündigung dem Ehemann nur an dessen Arbeitsplatz in einem Baumarkt und damit außerhalb der Wohnung übergeben wurde, stehe dem laut Bundesarbeitsgericht nicht entgegen. Denn entscheidend sei nach Ansicht des BAG lediglich, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die betroffene Arbeitnehmerin noch am gleichen Tag gerechnet werden konnte.