Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit

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Vergütung und Arbeitsschutz: Aktuelle Entscheidungen des BAG und EuGH

Mit Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes (veranlasst durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs [EuGH] vom 9. September) trat am 01. Januar 2004 die Regelung in Kraft, dass Bereitschaftszeit grundsätzlich Arbeitszeit ist.

Diese Regelung hat allerdings nicht in allen Fällen die Wirkung, dass der Arbeitsgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer für die Bereitschaftszeit voll zu entlohnen.

Zunächst bleiben Beschäftigungsverhältnisse, die unter bestehende Tarifverträge oder nachwirkende Tarifverträge fallen, bis zum 31. Dezember 2005 unberührt. Gleiches gilt für Betriebsvereinbarungen und Regelungen der Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften.

Es ist folglich im Einzelfall zu prüfen, ob das Beschäftigungsverhältnis unter einen bestehenden oder nachwirkenden Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung fällt, die eine Regelung hinsichtlich Bereitschaftszeiten enthalten.

Weiterhin hat die Tatsache, dass Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gilt, keine grundsätzliche Auswirkung auf die Bereitschaftsvergütung in dem Sinne, dass die Bereitschaftszeit voll entlohnt werden muss. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. Januar 2004 (5 AZR 530/02) vielmehr entschieden, dass der Bereitschaftsdienst eine Leistung des Arbeitsnehmers darstellt, die wegen der insgesamt geringeren Inanspruchnahme niedriger als so genannte Vollarbeit zu vergüten ist.

Entsprechend ist – falls die genannten Übergangsregelungen nicht greifen – für den Arbeitnehmer lediglich eine Teilvergütung zu erwarten.

Die Rechtsprechung des EuGH hat allerdings folgende Auswirkungen auf arbeitsschutzrechtliche Aspekte :

Die Arbeitszeit (einschließlich Bereitschaftszeit) kann auch ohne Ausgleich über zehn Stunden verlängert werden, wenn:

  • die Verlängerung in einem Tarifvertrag oder aufgrund Tarifvertrags in einer Betrieb- oder Dienstvereinbarung vorgesehen ist;
  • in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftszeit fällt;
  • durch besondere Regelung sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitsnehmer nicht gefährdet wird;
  • der Arbeitnehmer in die Arbeitszeitverlängerung schriftlich eingewilligt hat (Einwilligung kann mit einer Frist von sechs Wochen schriftlich widerrufen werden).

Liegen die genannten Voraussetzungen einer Arbeitszeitverlängerung ohne Ausgleich nicht vor, hat ein Ausgleich in der Weise zu erfolgen, dass die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von 12 Kalendermonaten 48 Stunden nicht überschreitet.

Ist eine Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit über 12 Stunden erfolgt, muss im Anschluss an die Beendigung eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewährt werden.

Die genannten Regelungen zur Bereitschaftszeit gelten entsprechend für die Arbeitsbereitschaft. Unter der Arbeitsbereitschaft ist eine Beschäftigung zu verstehen, bei der der Arbeitnehmer während der Bereitschaft auch gewisse Kontroll- und Beobachtungspflichten hat, um im Bedarfsfall von sich aus tätig zu werden.

Fazit:

Jeder Arbeitnehmer, der auf „Rufbereitschaft" zu Hause verharren darf, sollte überprüfen, ob er für diese Arbeitszeiten eine entsprechende Vergütung erhält und die arbeitsschutzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. In Zweifelsfragen stehen wir Ihnen gerne mit Rechtsrat zur Verfügung.


Von Rechtsanwältin Regine Filler, Göttingen, Tel. : 0551 - 79 77 666
Interessenschwerpunkte: Verwaltungsrecht, Sozialrecht, Insolvenzrecht, Familienrecht, Straßenverkehrsrecht

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