Betriebsratsvorsitzender tritt eigenmächtig Urlaub an – fristlose Kündigung unwirksam

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Ausgangslage

Für die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds braucht der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats, die oftmals aber nicht erteilt werden wird. Dann kann er vor dem Arbeitsgericht die Ersetzung dieser Zustimmung durch das Gericht verlangen.

Fall

Im vorliegenden Fall ging es um einen Betriebsratsvorsitzenden, der eigenmächtig zwei unbezahlte Tage Urlaub angetreten hatte. Er hatte sich zu einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme aufgemacht, eine Genehmigung dafür hatte der Arbeitgeber aber nicht erteilt. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung zur fristlosen Kündigung, hilfsweise den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat beide Anträge zurückgewiesen. Der eigenmächtige Urlaubsantritt sei zwar eine Pflichtverletzung. Aufgrund der weiter erforderlichen Interessenabwägung genüge er aber ausnahmsweise nicht als Grund für eine fristlose Kündigung. Zu Gunsten des Betriebsratsvorsitzenden hat das Arbeitsgericht eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit des Betriebsratsvorsitzenden berücksichtigt und auch die Tatsache, dass dieser zuvor noch niemals eine Abmahnung erhalten hatte. Die Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigung waren hier aus Sicht des Arbeitsgerichts besonders hoch zu setzen, weil der Vertragsverstoß mit der Betriebsratstätigkeit zusammenhing.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer und Betriebsräte

Eigenmächtiger Urlaubsantritt ist immer gefährlich. Im Zweifel kann eine Kündigung auch ohne Abmahnung wirksam sein. Wer hier sichergehen will, sollte bei Verweigerung des Urlaubs eine gerichtliche Klärung (in Eilfällen im Wege einer einstweiligen Anordnung) herbeiführen oder auf den Urlaub verzichten.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber

Eigenmächtigen Urlaubsantritt muss der Arbeitgeber nicht dulden. Trotzdem dürfte das vorliegende Urteil in Ordnung gehen, da bei Betriebsratsmitgliedern die Anforderungen an eine fristlose Kündigung war zu setzen sind, wenn der vermeintliche Verstoß mit der Betriebsratstätigkeit zusammenhängt. Hier ist der Zusammenhang zwar etwas weiter zu sehen, er ist aber gegeben.

Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.03.2016, 10 BV 253/15.

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