Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil V

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Kuendigung, Schwerbehinderung
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Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil V

- von Qualifikation über Rationalisierung bis Schwerbehinderung und Teilzeit

Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht soll dem geneigten Leser die im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen immer wieder fallenden Begrifflichkeiten näher bringen. In einem ersten Schritt wird aufgezeigt, für was ganz allgemein der jeweilige Begriff steht. Im nächsten Schritt wird dessen kündigungsrechtliche Relevanz dargestellt. Dem Arbeitgeber, der sich zum Ausspruch einer Kündigung veranlasst sieht, dient das Lexikon somit in seiner auf das Wesentliche gestrafften Form als Checkliste zur Vorbereitung einer gerichtsfesten Kündigung. Dem von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer dient das Stichwortverzeichnis zur ersten Orientierung in einem sich anbahnenden Kündigungsrechtsstreit - das Wissen um die eigenen Rechte schafft Sicherheit und stärkt die Verhandlungsposition in der Auseinandersetzung mit dem kündigenden Arbeitgeber. Teil V erstreckt sich von Qualifikation des Arbeitnehmers über Rationalisierung bis Schwerbehinderung und Teilzeit. Die Reihe wird fortgesetzt.

Q wie Qualifikation des Arbeitnehmers

Jörg Halbe
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Die fehlende Qualifikation des Arbeitnehmers zur Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung ist grundsätzlich geeignet, eine personenbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Das Defizit des Arbeitnehmers kann dabei etwa in dem Nichtbestehen von Prüfungen oder aber auch – bei Führungskräften - in der mangelnden Fähigkeit zur Mitarbeiterführung begründet sein. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer darauf gestützten Kündigung ist freilich, dass hierdurch die Erreichung des Vertragszwecks, d.h. die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung, nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft zumindest teilweise unmöglich wird. Hierbei kommt es nicht auf ein Verschulden des Arbeitnehmers an. Es bedarf insoweit vor Ausspruch einer hierauf gestützten Kündigung auch keiner vorangegangener Abmahnung.

Anders jedoch, wenn die Leistungsmängel des Arbeitnehmers auf fehlenden Leistungswillen und insoweit auf ein steuerbares (Fehl-)Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, das mit einer schuldhaften Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten verbunden ist. Die dann einschlägige verhaltensbedingte Kündigung kommt erst nach vorangegangener vergeblicher Abmahnung in Betracht. Fehlt eine vorangegangene Abmahnung, ist die vom Arbeitgeber gleichwohl ausgesprochene Kündigung in der Regel unwirksam. Eine hiergegen vom Arbeitnehmer erhobene Kündigungsschutzklage hat Aussicht auf Erfolg.

R wie Rationalisierung

Arbeitgeber können im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit durchaus Maßnahmen zur Umstrukturierung und Rationalisierung von Betriebsabläufen treffen, die sich mindernd auf die benötigte Stärke der Belegschaft auswirken. Hierzu gehören etwa die Einführung von technischen Neuerungen, durch die menschliche Arbeitskraft ersetzt wird oder aber auch die Verschlankung von Hierarchieebenen sowie sonstige Maßnahmen zur Leistungsverdichtung. Ob diese Maßnahmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit einer hierauf gestützten betriebsbedingten Kündigung ohne Belang. Entscheidend ist allein, ob durch die Umstrukturierungsmaßnahmen der Bedarf an Arbeitskraft im Betrieb entfällt. Dies hat der kündigende Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess en detail darzulegen und zu beweisen. Dem gegen die betriebsbedingte Kündigung klagenden Arbeitnehmer reicht insoweit zumindest zunächst bloßes Bestreiten.

Soll zum Beispiel die Führungsstruktur im Betrieb durch Wegfall von einzelnen Stellen oder einer ganzen Hierarchieebene schlanker werden, reicht es zum Nachweis des innerbetrieblichen Kündigungsgrundes nicht aus, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess lediglich das neue Organigramm seines Betriebes vorlegt. Der Arbeitgeber hat vielmehr darzulegen, wie die im Betrieb anfallenden Arbeiten nach Umsetzung der von ihm nachweisbar getroffenen Unternehmensentscheidung vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen bewältigt werden. Im ersten Schritt ist hierbei vom Arbeitgeber zu dokumentieren, mit welchen Aufgaben der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer in welchem zeitlichen Umfang jeweils beschäftigt war.

Im zweiten Schritt ist durch Schilderung der Arbeitsabläufe darzulegen, welche der einzelnen Tätigkeiten des gekündigten Arbeitnehmers nicht mehr gebraucht werden und welche der Aufgaben nach vollzogener Umstrukturierung von anderen Mitarbeitern übernommen werden können. Entschließt sich der Arbeitgeber etwa zur Einführung neuer Fertigungstechniken oder Maschinen, so hat er dem Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess nachzuweisen, dass er die betreffenden Maschinen tatsächlich angeschafft hat und dass sich hierdurch der von der Kündigung betroffene „menschliche“ Arbeitsplatz einsparen lässt.

Kann der Arbeitgeber den danach zur Rechtsfertigung einer betriebsbedingten Kündigung geforderten Nachweis nicht erbringen, ist die Kündigung unwirksam – eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hat Erfolg.

S wie Schwerbehinderung

Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers, dessen Grad der Behinderung bei mindestens 50% liegt, bedarf nach § 85 SGB IX zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Dies gilt sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung. Fehlt die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, ist die Kündigung unwirksam. Der kündigende Arbeitgeber hat also zunächst beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung zu beantragen. Kündigt hingegen der Schwerbehinderte selbst das Arbeitsverhältnis, ist eine Zustimmung seitens des Integrationsamtes nicht erforderlich.

Der Sonderkündigungsschutz gilt für alle schwerbehinderten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung länger als sechs Monate besteht. Hierzu zählen auch leitende Angestellte und Auszubildende. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Arbeitnehmer, um sich auf den Sonderkündigungsschutz berufen zu können, bis zum Zugang der Kündigung zumindest einen Antrag auf Feststellung der Behinderung bzw. Gleichstellung gestellt haben.

Hat der Arbeitnehmer einen solchen Antrag nicht gestellt, kann er sich auf den Sonderkündigungsschutz selbst dann nicht berufen, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft später rückwirkend auf den Zeitpunkt vor Ausspruch der Kündigung festgestellt wird. Hat der Arbeitnehmer jedoch im Zeitpunkt der Kündigung den Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung gestellt, so muss er dem Arbeitgeber innerhalb einer angemessenen Frist mitteilen, dass er schwerbehindert ist bzw. einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung gestellt hat. Kommt der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nach, kann er sich nicht auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte berufen.

T wie Teilzeit

Ein Arbeitnehmer befindet sich in Teilzeit, wenn dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines mit ihm hinsichtlich Art der geschuldeten Arbeitsleistung vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Dabei sind auf das Arbeitsverhältnis eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden. Entgegen eines landläufig leider immer noch weit verbreiteten Irrglaubens haben teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nämlich die gleichen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten wie ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen. Die von manchem Arbeitgeber an den Tag gelegte Praxis, in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer von Entgeltfortzahlung, bezahltem Urlaub, betrieblichen Sonderzahlungen und Kündigungsschutz auszuschließen, ist daher glatt rechtswidrig.

Insbesondere kann der Teilzeitbeschäftigte ebenso wie der Vollzeitarbeitnehmer allgemeinen Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz in Anspruch nehmen. Sonderkündigungsschutzvorschriften finden selbstverständlich - immer vorausgesetzt, die jeweilige Schutznorm ist erfüllt – auf die Teilzeitbeschäftigung Anwendung. So ist z.B. die Kündigung einer in Teilzeit beschäftigten schwangeren Arbeitnehmerin unter den gleichen Voraussetzungen unzulässig, wie die einer Vollzeitarbeitnehmerin.

Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, ist die dem Teilzeitbeschäftigten erteilte Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt und wirksam, wenn ein verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Gegen eine Kündigung sollte daher auch der nur in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen ab Kündigungszugang Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben.

Die Reihe wird fortgesetzt mit Teil VI – von Umstrukturierung über verhaltensbedingte Kündigung bis Wehrdienst und Zeitarbeit .

Der Autor ist Sozius der Kanzlei Wagner Halbe Rechtsanwälte in Köln und berät Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Bereichen des Arbeitsrechts. Bei Anregungen oder Fragen zu diesem Beitrag können Sie eine unverbindliche E-Mail direkt an die Adresse info@wagnerhalbe.de senden.

Weitere Informationen erhalten Sie auf www.wagnerhalbe.de sowie auf www.onlinelexikon-arbeitsrecht.de.

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