Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers und betriebliche Übung

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Vergütungsfalle für Arbeitgeber - Die Rücknahme freiwilliger Leistungen wirft in der Praxis vielfach Probleme auf

Können Arbeitgeber ein 13. Monatsgehalt ohne Weiteres widerrufen? Gerade zum Jahresende müssen viele Arbeitgeber sich wieder mit der Frage auseinandersetzen, ob sie so genannte freiwillige Leistungen zahlen oder nicht. Doch in vielen Fällen handelt es sich nicht mehr um freiwillige Leistungen, sondern um verbindliche, vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer.

Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern „freiwillige“ Leistungen. Die klassischen Fälle sind das 13. Monatsgehalt, Leistungszuschläge, Benzingutscheine oder Zusatzurlaub, um nur einige Fälle zu nennen. In der Praxis sind aus diesen freiwilligen Leistungen aber häufig bereits feste, vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer erwachsen. Dessen sind sich zumeist weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer dieser Tatsache bewusst. Das Problem taucht für beide Seiten erst dann auf, wenn der Arbeitgeber, beispielsweise aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage, diese freiwillige Leistung wieder streichen möchte. Gerade zum Jahresende geschieht dies sehr häufig. Z.B. mit dem 13. Monatsgehalt, an das sich viele der Arbeitnehmer bereits gewöhnt haben.

Luis Fernando Ureta
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Wo liegt das Problem?

Dem Arbeitnehmer sind aus der ehemals freiwilligen Leistung häufig aufgrund der so genannten „betrieblichen Übungen“ feste, vertragliche Ansprüche erwachsen. Ein solcher vertraglicher Anspruch wird von der Rechtssprechung regelmäßig dann bejaht, wenn die Leistung mehrfach (zwei- bis dreimal) hintereinander vom Arbeitgeber erbracht wurde. Diese Leistungserbringung muss regelmäßig gleichförmig sein, also beispielsweise ein gleich hohes 13. Monatsgehalt, ein identischer Leistungszuschlag (z.B. 10 %) usw. Für den Arbeitgeber taucht an dieser Stelle häufig das Problem auf, die Freiwilligkeit der Leistung nachzuweisen. Wenn er sich nicht ausdrücklich vorbehalten hat, diese Leistungen nur freiwillig und jederzeit widerrufbar zu gewähren, entsteht schnell ein fester, vertraglicher Anspruch.

Wie kann der Arbeitgeber das Entstehen eines solchen Anspruchs vermeiden?

Häufig wird dies schriftlich fixiert, z. B. auf der Lohnabrechnung. Nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kann auch die so genannte doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag weiterhelfen. Idealerweise sollte die Thematik bereits im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt werden. Dies dürfte alle Zweifel beseitigen.

Wenn aus Arbeitgebersicht das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, steht er vor nicht unerheblichen Problemen. Er hätte die Möglichkeit einer Änderungskündigung. An diese hat die Rechtssprechung jedoch sehr hohe Hürden geknüpft. Darüber hinaus ist eine solche Änderungskündigung regelmäßig nur unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes erfolgreich durchzufechten und daher mit erheblichen Kosten verbunden. Das Betriebsklima dürfte darüber hinaus erheblich leiden. Sinnvoller dürfte zumindest als erster Schritt das direkte Gespräch mit dem Arbeitnehmer sein. In diesem Zusammenhang sollten auch die bestehenden Arbeitsverträge unbedingt angepasst werden.

Die Arbeitnehmersicht

Aus Arbeitnehmersicht gilt es ebenfalls einige Dinge zu beachten. So ist es nicht möglich, dass ein Arbeitgeber die genannten Leistungen willkürlich widerruft, wenn ein Anspruch auf betriebliche Übung entstanden ist. Daneben gibt es aber auch einige Fälle, in denen die Freiwilligkeit bestimmter Vergütungsleistungen unzulässig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn wesentliche Vergütungsteile nur freiwillig und jederzeit widerrufbar sein sollen. Hierzu ein Beispiel:

Ein Arbeitnehmer erhält eine Grundvergütung in Höhe von 1.500,00 € und zusätzlich eine Umsatzbeteiligung von ca. 2.000,00 €. Diese Umsatzbeteiligung erfolgt freiwillig und ist jederzeit ohne Angaben von Gründen widerrufbar.

Es dürfte einleuchten, dass der Arbeitnehmer in erhebliche, wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde, wenn der Arbeitgeber tatsächlich diese freiwillige Leistung ohne jegliche Begründung jederzeit widerrufen könnte. Die Arbeitsgerichte nehmen hier in jüngster Zeit zunehmend eine Inhaltskontrolle vor. Sie prüfen, ob solche „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ im Arbeitsvertrag unzulässig sind. Hierzu hat es kürzlich einige Entscheidungen von Landesarbeitsgerichten gegeben. Verschiedene Fälle sind jetzt auch beim Bundesarbeitsgericht anhängig. Es steht zu erwarten, dass das Bundesarbeitsgericht hier eine sehr genaue Inhaltskontrolle vornehmen wird.

Tipp für die Praxis

Für beide Seiten gilt daher, dass die Arbeitsverträge und evtl. freiwillige Leistungen auf ihre Angemessenheit und Sinnhaftigkeit zu prüfen sind. Insbesondere die unbesehene Übernahme von Standardverträgen ohne Anpassung an die Gegebenheit des Einzelfalls kann für den Arbeitgeber zu erheblichen Nachteilen führen.


Rechtsanwalt Luis Fernando Ureta
Kleines Feld 1 30966 Hemmingen, Han
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