Hilfe, ich habe eine verhaltensbedingte Kündigung vom Arbeitgeber erhalten

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Was ist eine verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung?

Die verhaltensbedingte Kündigung - Was ist das eigentlich?

Brösel, geb. am 15.8.70, arbeitet seit 2 Jahren in seiner Firma und hat ein "loses Mundwerk", wie man umgangssprachlich sagt. Er ist Außendienstmitarbeiter im Vertrieb in einer Firma mit rund 600 Mitarbeitern. Ein Tarifvertrag findet keine Anwendung. Er hat bereits des Öfteren langjährige Kunden beim Verkaufsgespräch geduzt oder Frauen mit seltsamen Kosenamen belegt. Er ist, wie man sagt, jovial aber auch leicht übergriffig. Manch ein Kunde bzw. eine Kundin hat sich schon darüber beschwert. Brösel hat bereits innerhalb von 2 Jahren 10 einschlägige Abmahnungen kassiert.

Nun hat Brösel im Gespräch zu einem langjährigen Kunden nur so zum Spaß gesagt: "Du dumma Bub!" Weder die Bezeichnung, noch das Du waren angemessen. Auch dieser Kunde beschwert sich.

Elisabeth Aleiter
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Der Geschäftsführer von Brösel hat nun genug von derlei Praktiken, zumal sich die Kunden dieser Firma alle kennen und schon über Brösel sprechen und schon angedeutet haben, man wolle wegen dieses Brösel den Zulieferer wechseln.

Die Geschäftsleitung spricht gegenüber Brösel nach einem eingehenden Gespräch die verhaltensbedingte ordentliche Kündigung am Arbeitsplatz am 25.9.18 zum 31.10.18 aus. Brösel habe trotz eindringlicher Warnungen und insgesamt 10 einschlägigen Abmahnungen sich nicht davon abhalten lassen, respektlos mit der Kundschaft umzugehen.

Auch wollten die Kunden das Verhalten von Brösel nicht länger hinnehmen. Brösel habe gegen eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen, er habe den Kunden und dem Ansehen der Firma durch sein respektloses Verhalten Schaden zugefügt.

Vor dem Arbeitsgericht unterliegt Brösel.

Rechtliche Beurteilung: Kündigung als letztes Mittel

Hier handelt es sich um eine so genannte verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung der Geschäftsleitung von Brösel.

Die Firmengröße mit 600 Mitarbeitern und die Tatsache, dass Brösel schon mehr als ein halbes Jahr in der Firma tätig ist, führt zur Anwendung des so genannten Kündigungsschutzgesetzes.

Arbeitnehmer, die in einer Firma dieser Größenordnung arbeiten, dürfen nur gemäß dem Kündigungsschutzgesetz gekündigt werden. Es gibt im Rahmen des Kündigungsschutzes nur 3 mögliche Formen der Kündigung: Die betriebsbedingte, die personenbedingte und die verhaltensbedingte Kündigung.

Die verhaltensbedingte Kündigung zielt auf das Verhalten des Arbeitnehmers ab, der damit entweder Neben- oder Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, indem er schlecht leistet, das falsche leistet, Straftaten begeht oder auch gegen Nebenpflichten verstößt, wie z.B. Schaden vom Arbeitgeber und seinen Kunden abzuhalten.

Kündigung muss dem Kündigungsschutzgesetz entsprechen

Nur wenn eine Kündigung gemäß dem KSchG erklärt wird, ist sie sozialgemäß. Nur dann kann ein Arbeitnehmer nicht erfolgreich gegen die Kündigung Feststellungsklage erheben, bzw. nicht mit einer Weiterbeschäftigung erfolgreich dagegen vorgehen (Klage muss vom Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen erhoben werden). Ebenso muss dem Arbeitnehmer dann keine Abfindung bezahlt werden.

Kündigungen können als ordentliche Kündigungen erklärt werden, d.h. mit einer Kündigungsfrist. Die Länge der Kündigungsfrist hängt gemäß § 622 BGB von der Zugehörigkeit eines Mitarbeiters und seinem Lebensalter ab.

Bei Arbeitnehmern, die unter oder bis 25 Jahren alt sind, ist immer nur eine ordentliche Kündigung von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats zulässig.

Bei Arbeitnehmern, die über 25 Jahren sind, verlängert sich die Kündigungsfrist dann mit der Dauer ihrer Firmenzugehörigkeit über 2 Jahre hinaus. Nach Ausspruch der Kündigung läuft das Arbeitsverhältnis noch weiter, bis die Frist ausgelaufen ist. Währenddessen ist dann das Arbeitsentgelt weiter zu bezahlen. Weiterhin müssen alle bekannten und anwendbaren Tarifverträge, Arbeitsverträge, betriebliche Übungen und Rahmenverträge geprüft werden.

Keine fristlose Kündigung ohne schweren Verstoß

Bei der außerordentlichen bzw. fristlosen Kündigung muss ein schwerer Verstoß gegen das Arbeitsverhältnis vorliegen und die Kündigung muss innerhalb von 2 Wochen erklärt werden. Wird gegen die Frist verstoßen und die Kündigung nur einen Tag später erklärt, ist die Kündigung endgültig wirkungslos. Hier muss ein wirklich gravierender Verstoß vorliegen, der ohne Vorankündigung (ohne ähnliche Fälle mit Abmahnung) zum sofortigen Ende des Arbeitsverhältnisses führt.

Hier erfolgte eine ordentliche Kündigung, wobei in diesem speziellen Fall auch eine außerordentliche Kündigung hätte angedacht werden können.

Die Kündigung ist nur dann verhältnismäßig, wenn sie als letztes Mittel zur Anwendung kommen muss, weil kein milderes Mittel hilft, wie z.B. eine Abmahnung. In diesem Fall gab es innerhalb von 2 Jahren 10 Abmahnungen. Eine Kündigung scheint hier der einzige Ausweg, zumal der Brösel ausschließlich im Vertrieb einsetzbar ist.

Der Arbeitgeber muss außerdem ein überwiegendes Interesse daran haben, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, ist der zu einer Kündigung immer anzuhören.

Arten und Beispiele für eine verhaltensbedingte Kündigung

Es gibt folgende Arten von verhaltensbedingten Kündigungen:

  • Nichtleistung
  • Minderleistung
  • Verstoß gegen Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (dieser Fall).

Schwere Verstöße wie Straftaten, Diebstahl, Betrug am Arbeitgeber oder den Kunden rechtfertigen immer eine Kündigung und auch eine Strafanzeige.

Wer sich krankmeldet und stattdessen Urlaub macht oder schwarz arbeitet, muss ebenfalls mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen, wie Arbeitnehmer, die unentschuldigt der Arbeit fern bleiben, wiederholt zu spät kommen, sich eigenmächtig beurlauben u.a.

Fazit

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist ein komplexer Sachverhalt und in der Praxis selten so eindeutig, wie hier beschrieben.

Nach Erhalt der Kündigung sollte jeder Arbeitnehmer die Kündigung sehr genau prüfen. Meist werden in der Praxis viele Fehler gemacht.

Viele Arbeitgeber machen schon bei der Zustellung der Kündigung Fehler. Eine Prüfung durch einen Rechtsanwalt lohnt in aller Regel.

Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und erspart keine ordentliche Beratung durch einen Rechtsanwalt im Einzelfall.

Rechtsanwältin Elisabeth Aleiter
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