Leiharbeit: Tarifvertraglich verlängerte Überlassungsdauer gilt auch bei fehlender Tarifgebundenheit

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit, Zeitarbeit, Überlassungsdauer, Höchstüberlassungsdauer
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Wird die Höchstüberlassungsdauer bei der Arbeitnehmerüberlassung durch Tarifvertrag auf bis zu 48 Monate verlängert, gilt dies auch für die nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer.

Das BAG hatte kürzlich (erneut) über die Wirksamkeit einer Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer in der Zeitarbeitsbranche durch Tarifvertrag zu entscheiden. Das Besondere dabei: der betroffene Kläger war gar kein Gewerkschaftsmitglied, nur sein Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband. Trotzdem gilt die tarifvertraglich verlängerte Höchstüberlassungsdauer von bis zu 48 Monaten für den Kläger, so das BAG in seiner Entscheidung v. 14.9.22 - 4 AZR 83/21 (Pressemitteilung vom 14.9.22).

Bis zu 48 statt 18 Monate Überlassungsdauer

Der Gesetzgeber hat es Leiharbeitsfirmen gem. § 1 Abs. 1b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erlaubt, Ihre Beschäftigten bis zu 18 Monate an andere Unternehmen (Entleiher) zur Arbeitsleistung zu überlassen, sog. Höchstüberlassungsdauer. Allerdings darf diese durch Branchen-Tarifvertrag auf bis zu 48 Monate erweitert werden.

Volkan Ulukaya
Partner
seit 2021
Rechtsanwalt
Goethestrasse 21
60313 Frankfurt am Main
Tel: 069 2100 5480
Web: https://www.rvu-arbeitsrecht.de/
E-Mail:
Arbeitsrecht (Arbeiter und Angestellte), Sozialversicherungsrecht, Versicherungsrecht
Preis: 147 €
Antwortet: ∅ 10 Std. Stunden

Davon wurde durch einen Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Südwestmetall und der IG Metall Gebrauch gemacht. Dieser Tarifvertrag fand durch Inbezugnahme im Arbeitsvertrag auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Er wurde daraufhin knapp 24 Monate an den Kunden des beklagten Unternehmens ausgeliehen.

Inbezugnahme des Tarifvertrags im Arbeitsvertrag bei Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern zulässig

Der Kläger im vorliegenden Fall, der keiner Gewerkschaft angehört, wollte von einer tarifvertraglichen Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer jedoch nichts wissen. Seines Erachtens sei der Tarifvertrag auf ihn nicht anwendbar, weil er kein Mitglied der IG Metall sei und überdies der Tarifvertrag auch verfassungswidrig sei. Weil damit die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer gem. § 1 Abs. 1b AÜG überschritten worden wäre, kämen §§ 9, 10 AÜG zum Tragen und es sei ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Entleiher zustande gekommen.

Das sag das BAG anders und entschied, dass die tarifvertragliche verlängerte Höchstüberlassungsdauer auch in seinem Fall anwendbar sei. § 1 Abs. 1b AÜG sei als Regelungsermächtigung der Tarifvertragsparteien zu verstehen, die auch die nicht tarifgebundene Verleiher und Leiharbeitnehmer:innen umfasse. Dies sei unionsrechts- und verfassungskonform.

Auf die Inbezugnahmeklausel kommt es an

Da bisher ein Urteil mit Sachgründen noch nicht veröffentlicht wurde, kann nicht abschließend beurteilt werden, woher das BAG diese Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien auch für tarifungebundene Leiharbeitsfirmen und Leiharbeitnehmer:innen herleitet.

Wichtig in diesem Zusammenhang scheint aber die Inbezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag zu sein. Ist diese angreifbar, weil sie den Tarifvertrag z.B. nicht vollständig in Bezug nimmt, dann dürfte die o.g. Regelungsermächtigung ihre Grenzen finden.

Sofern Sie als Arbeitnehmer:in oder Betriebsrät:in Fragen zur Arbeitnehmerüberlassung haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

RVU Arbeitsrecht
-Rechtsanwalt Volkan Ulukaya-
Goethestrasse 21
60313 Frankfurt am Main
Wollen Sie mehr wissen? Lassen Sie sich jetzt von diesem Anwalt schriftlich beraten.