Mitteilung der Kündigungsbefugnis im Arbeitsvertrag

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Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses setzt zunächst voraus, dass eine Kündigungserklärung vorliegt. Die Auslegung der Kündigungserklärung gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont muss ergeben, dass die bei einem unregelmäßigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses mögliche einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt gewollt ist. Möglich ist die Angabe des wichtigen Grundes, die Bezugnahme auf einen wichtigen Grund oder die Angabe eines Beendigungszeitpunktes, durch den bewusst von § 622 BGB abgewichen wird, erfolgen.

Die Worte „außerordentliche Kündigung" sind entbehrlich. Die Kündigungserklärung darf grundsätzlich nicht unter einer Bedingung vorgenommen werden, da dem Gekündigten keine Ungewissheit und kein Schwebezustand zugemutet werden darf. Die Kündigung kann jedoch unter der aufschiebenden Bedingung erklärt werden, dass der Gekündigte die angebotene Änderung des Arbeitsvertrages nicht unverzüglich annimmt. Die Kündigungserklärung muss abgegeben werden. Eine Vertretung bei der Abgabe der Kündigungserklärung ist möglich. Die von einem Vertreter im fremden Namen und mit Vertretungsmacht abgegebene Kündigungserklärung wirkt grundsätzlich gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 BGB für und gegen den Kündigenden. Sie ist nur ausnahmsweise gemäß § 174 S. 1 BGB unwirksam, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht nicht durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original nachweist und der Gekündigte aus diesem Grund die Kündigungserklärung unverzüglich (das bedeutet ohne schuldhaftes Zögern entsprechend § 121 Abs. 1 BGB) berechtigt zurückweist (Lutz Michalski, Arbeitsrecht, 7. Auflage, Rn. 264-268).

Folge der Zurückweisung ist – unabhängig vom Bestehen der Vollmacht- die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus (BAG, Urteil vom 14.4.2011, Az. 727/09). Die Zurückweisung ist nach § 174 S. 2 BGB nicht berechtigt, wenn der Kündigende den Kündigenden von der Kündigungsvollmacht des Vertreters in Kenntnis gesetzt hatte (Lutz Michalski, aaO.). Hat der Vertreter Vertretungsmacht, ist die Vertretung zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft (die Kündigung) wirksam ist. Der Erklärungsempfänger (das ist derjenige, dem gekündigt wurde) ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende (der die Kündigung Aussprechende) wirklich bevollmächtigt ist und der Arbeitgeber sich dessen Erklärung zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer Kündigung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der die Kündigung Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, die Kündigung auszusprechen. Das Inkenntnissetzen muss daher ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein.

Für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 S. 2 BGB reicht die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln desjenigen, der die Vollmacht erteilt, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen (BAG, Urteil vom 14.4.2011, Az. 6 AZR 727/09). Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 S. 2 BGB liegt vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter (z.B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung) in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist.

Die bloße Übertragung einer solchen Funktion reicht nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger (derjenige, dem die Kündigung erklärt wurde) zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, d.h. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen. Den Anforderungen des § 174 S. 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, wenn sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen (des Arbeitgebers) zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder den ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet.

Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 S. 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 S. 1 HGB muss sich der Dritte (der Arbeitnehmer) so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB. Die bloße Kundgabe der Innenvollmacht allein genügt den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 S. 2 BGB jedoch noch nicht.

Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers (derjenige, der die Vollmacht erteilt hat) selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger (derjenige, dem gekündigt wird) ermöglicht, die Person des Kündigenden dem der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss der Kündigungsberechtigte nicht zwingend im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor  Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche  Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, z.B. durch Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder  zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten.

Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 S. 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht (BAG, aaO.)

§ 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften (BAG, aaO). Gemäß § 180 S. 1 BGB ist bei einem einseitigen Rechtsgeschäften wie die Kündigung eines darstellt Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Die ohne Vertretungsmacht abgegebene Kündigungserklärung ist daher grundsätzlich endgültig unwirksam und nicht genehmigungsfähig. Sie ist nur ausnahmsweise gemäß § 180 S. 2 BGB lediglich schwebend unwirksam und somit genehmigungsfähig, wenn der Gekündigte mit dem Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht einverstanden war oder die Behauptung der Vertretungsmacht durch den Vertreter nicht unverzüglich beanstandet hat. In diesem Ausnahmefall wird die Kündigungserklärung mit der ausdrücklichen oder gemäß 177 Abs. 2 S. 2 BGB fingierten Verweigerung der Genehmigung  durch den Kündigenden endgültig unwirksam  oder mit der Erteilung der gemäß § 182 Abs. 2 BGB formfreien Genehmigung durch den Kündigenden gemäß §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB rückwirkend wirksam, wenn die Genehmigung innerhalb der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB erteilt wird (Lutz Michalski, Arbeitsrecht, Rn. 269).