Mobbing im Arbeitsverhältnis

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Was Opfer von Mobbing wissen sollten

Aufgrund der CORONA Krise wird ggf. ein Aspekt im Arbeitsleben überlagert, der für Betroffene ein hohes gesundheitliches Risikopotential beinhaltet.

Mobbing im Arbeitsleben wird heute durchaus sehr ernst genommen, weil dadurch beim Menschen psychische und körperliche Schäden verursacht werden können.

Was ist Mobbing?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine Definition für Mobbing am Arbeitsplatz gefunden:

Mobbing beinhaltet systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmer, was untereinander aber auch durch Vorgesetzte erfolgen kann (dann wird auch der Begriff Bossing verwendet).

Betroffen sind danach typischerweise einzelne Arbeitnehmer, die ohne plausible Gründe immer wieder und systematisch angegriffen, demonstrativ respektlos behandelt werden, und das dauerhaft. Durch Mitläufer und Nachahmer weitet sich der Kreis der Täter ständig aus.

Ob Mobbing vorliegt, ist daher nicht einfach zu bestimmen, auch der Beginn ist. ggf. ein erst schleichender Vorgang. Oft kommt es dabei auf eine Einschätzung im Einzelfall an.

Sobald Handlungen oder Maßnahmen vorliegen, die über das im gesellschaftlichen Umgang anerkannte oder allgemein Übliche hinausgehen und ein systematisches Handeln vorliegt oder eine Zielrichtung erkennbar wird, die Rechte des oder der Betroffenen zu beeinträchtigen, beginnt das Mobbing.

Allgemeine Kritik oder oft beanstandetes mangelndes Lob reichen dafür aber nicht aus.

Unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes stellt Mobbing eine psychische Gefahr dar. Da durch Mobbing auch der Verlust des Arbeitsplatzes verbunden sein kann, beinhaltet es auch eine existentielle Frage, die familiäre Probleme nach sich ziehen kann.

Arbeitgeber haben aufgrund ihrer nebenvertraglichen Fürsorgepflicht nicht nur Maßnahmen zu unterlassen, durch die die Gesundheit von Arbeitnehmern beeinträchtigt werden können, sondern auch ihnen bekannt gewordene Mobbingfälle am Arbeitsplatz zu unterbinden, indem sie sich schützend vor die Opfer stellen, deren Vorgesetzte sensibilisieren und die Täter ermahnen.

Da aufgrund unnötiger Rivalitäten oder offener Feindschaften nicht mehr die gemeinsamen Ziele am Arbeitsplatz erfüllt werden oder arbeitstechnisch erwünschte Erfolge mangels Teamarbeit ausbleiben können, sollten Arbeitgeber auch ein wirtschaftliches Interesse entwickeln, Mobbing zu unterbinden, auch wenn Konkurrenzdenken und Karrieredenken nicht ausgeschlossen werden sollen.

Mobber beeinträchtigen den Betriebsablauf und verursachen bei Erkrankung der Opfer u.a. messbare finanzielle Schäden und müssen bei einem solchen Verhalten neben Schadensersatzansprüchen mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.

Beruflicher Erfolg sollte keinesfalls durch Anfeindung oder Ausgrenzung erreicht werden.

Was können Mobbing-Opfer tun?

Betroffene sollten über Vorgesetzte ihre Zuständigkeiten und die der Täter klären, indem z.B. widersprüchliche Arbeitsanweisungen oder allgemeine Mängel in der Kommunikations- und Informationsstruktur angesprochen und ungerechte Arbeitsverteilung aufgezeigt werden. Dazu gehört auch ein offener Umgang mit einer bestehenden Über- oder Unterforderung bzw. mangelnden Handlungsspielräumen und Kompetenzen.

Erst Maßnahmen der Opfer beinhalten zunächst ein klärendes Gespräch zwischen ihnen und dem Täter, der ggf. gar nicht gezielt handelt, sondern sich lediglich ungeschickt verhält. Erst dann erfolgen eine Beschwerde beim Vorgesetzten bzw. ggf. bei dessen Vorgesetzten, die zunächst mündlich vorgebracht werden kann, später aber auch schriftlich (zur Beweissicherung).

Schließlich richtet sich die Beschwerde dann auch an die Personalabteilung bzw. Geschäftsleitung, verbunden mit der ausdrücklichen Aufforderung auf Verhinderung bzw. Unterlassung der Schikanen. Rechtlich können aus Mobbing Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche entstehen.

Da Mobbing-Opfer immer die Darlegungs- und Beweislast haben und die Vorwürfe typischerweise abgestritten werden, empfiehlt es sich, vorbereitend ein Mobbing-Tagebuch zu führen, aus dem sich ganz konkret Datum und Uhrzeit, die Beteiligten, Anlass und Maßnahmen ergeben und der Grund, warum diese als Verletzungshandlung empfunden werden. Durch bloße Vermutungen oder Unterstellungen, persönliche Wertungen oder Verallgemeinerungen oder sogar eigene Beschimpfungen würde ein solches Tagebuch unbrauchbar und entwertet.

Persönliche Angriffe, Beleidigungen und nur allgemeine Floskeln sind also zu vermeiden. Tragen Sie klar ein, was, wann, wo, durch wen angeordnet wurde und warum ein konkretes Arbeitsergebnis bei dieser Sachlage nicht anders sein konnte oder von Ihnen daher nicht zu verantworten ist.

Sollte im Unternehmen ein Betriebsrat bestehen, kann er gem. § 84 BetrVG eingebunden werden. Dessen Aufgaben zum Schutz etwaiger Mobbing-Opfer ergeben sich aus den §§ 75 Abs. I BetrVG und 80 Abs. I BetrVG. Der Betriebsrat hat die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern (§ 75 Abs. II BetrVG) und kann vom Arbeitgeber verlangen, dass Täter versetzt oder sogar entlassen werden § 104 BetrVG.

Die Rechte bestehen aber grundsätzlich unabhängig von der Existenz eines Betriebsrats. Es bestehen keine gesetzlichen Formvorschriften oder Fristen für Mobbing-Beschwerden.

Es existiert bereits eine eindeutige Rechtslage, die durch Rechtsprechung untermauert wird, die sich an die Täter aber auch an die Arbeitgeber wendet:

Das BAG hat für Schwangere bei nachweisbarem Mobbing ein Beschäftigungsverbot bejaht, wobei der Nachweis des Mobbings von den Schwangeren zu erbringen ist. [BAG Urteil v. 21.03.2001 (5 AZR 325/99)].

Sofern andere Wiedergutmachungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, besteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld, das sich nicht an der Höhe der Vergütung des Mobbing-Opfers orientiert, sondern an Art, Ausmaß bzw. Dauer und Schwere der Mobbing-Handlungen
[LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 16.08.2001 (Az.: 6 Sa 415/01)].

Bei schwerem Mobbing kann dem Täter je nach Schwere der Verletzungshandlungen arbeitsrechtlich eine (fristlose) Kündigung des Arbeitsverhältnisses, ggf. sogar ohne vorherige Abmahnung drohen
[LAG Thüringen, Urt. v. 15.02.2002 (Az.: 5 Sa 102/00)].

Arbeitgeber sind u.a. verpflichtet (auch ohne Existenz eines Betriebsrats), das allgemeine Persönlichkeitsrecht ihrer Arbeitnehmer zu schützen, was bei Zuweisung einer nicht dem Arbeitsvertrag entsprechenden Zuweisung einer Beschäftigung verletzt sein kann (Unterforderung). Dagegen kann sich der Arbeitnehmer im Wege der einstweiligen Verfügung wehren. [LAG Thüringen, Urt. v. 10.04.2001 (Az.: 5 Sa 403/00)].

Im konkreten Fall wäre die Beurteilung durch Vorgesetzte zu analysieren und zu allen Aufgaben eine Klärung der Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche bzw. die Verantwortlichkeit zu klären, insbesondere erfolgte Absprachen mit direkten Vorgesetzten oder deren erteilte Zustimmungen. Auch widersprüchliche Arbeitsanweisungen oder ungerechte Arbeitsverteilung sollten aufgezeigt werden, wenn sich daraus arbeitstechnische Fehler ergeben haben, die dem Mobbing-Opfer später angelastet werden.