Rechtstipps: Personenbedingte Kündigung bei Alkoholabhängigkeit

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Rechtstipps: Personenbedingte Kündigung bei Alkoholabhängigkeit

Alkoholabhängigkeit ist als weit verbreitete Krankheit anerkannt. Daher stellen sich Arbeitgeber, wenn sie von einer Alkoholabhängigkeit einer ihrer Mitarbeiter erfahren, regelmäßig die Frage nach der angemessenen Reaktion. Vorschnell wird dann zum Mittel der Kündigung gegriffen und übersehen, dass das Gesetz andere Möglichkeiten eröffnet und fordert. Insbesondere kann es insoweit auf die Therapiebereitschaft des Arbeitnehmers ankommen. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht in Hamm eine interessante Entscheidung vorgelegt.

Der Zeitpunkt der Kündigung über 40 Jahre alte Arbeitnehmer, der als Maschineneinrichter tätig war, erhielt erstmals im Mai 2006 eine Abmahnung, weil er trotz absoluten Alkoholverbots im Betrieb alkoholisiert aufgefallen war. Diesen Vorfall nahm der Arbeitnehmer zum Anlass, sich aus eigenem Antrieb einer drei Wochen dauernden stationären und anschließend einwöchigen ambulanten Entgiftung zu unterziehen. Kurz darauf kam es jedoch wiederum zu einem unentschuldigten Fehlen, das durch einen Rückfall verursacht worden war. Der Kläger verpflichtete sich zu einer weiteren suchtspezifischen Akutbehandlung, die er dann durchführte.

Im Anschluss daran beantragte er eine ambulante Leistung zur Rehabilitation, da man zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine stationäre Leistung nicht erforderlich sei. Kurz vor Beginn dieser Maßnahme kam es dann zu einem weiteren innerbetrieblichen Vorfall, der sich letztendlich nicht aufklären ließ, von der Arbeitgeberin allerdings als Rückfall qualifiziert wurde und Anlass für eine verhaltens- und personenbedingte Kündigung war, die im November 2006 trotz Widerspruch des Betriebsrats eine Woche nach Beginn der auf mehrere Monate angelegten ambulanten Entziehungskur ausgesprochen wurde.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, weil es der Ansicht war, dass die Arbeitgeberin verfrüht gekündigt habe. Dies begründete das Gericht damit, dass erst nach Abschluss der in der Woche vor der Kündigung begonnenen Langzeittherapie prognostiziert werden könne, ob die Therapie erfolgreich sei. In der Berufungsinstanz berief sich die Arbeitgeberin dann nicht mehr auf verhaltensbedingte, sondern ausschließlich auf personenbedingte, also hier krankheitsbedingte Gründe. Sie ging davon aus, dass angesichts eines Rückfalls nach kurzer Zeit eine negative Zukunftsprognose bestehe und dass bei alkoholbedingter unzureichender Konzentration Schäden an den sehr wertvollen Maschinen in ihrem Betrieb auftreten würden.

Dies sah das Landesarbeitsgericht in Hamm jedoch anders.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Arbeitgeberin bereits die substantiierte Negativprognose als erste Stufe einer krankheitsbedingten Kündigung nicht hinreichend habe darlegen konnte. Das Landesarbeitsgericht Hamm ging davon aus, dass bei Therapiefähigkeit und Therapiebereitschaft eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers zunächst der Erfolg einer entsprechenden Therapie abzuwarten sei, bevor zum Mittel der Kündigung gegriffen werden könne. Um dies entscheiden zu können, sei die Durchführung einer Entgiftung nicht ausreichend; Maßgeblich sei vielmehr die Entziehungskur, die hier ambulant erfolgen sollte. Auch bei einer solchen ambulanten Maßnahme müsse zunächst abgewartet werden, wie das Ergebnis ausfalle (vgl LarbG Hamm, 7 Sa 916/07).