Reduzierter Verzugslohn im Kündigungsschutzklageverfahren

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzklage, Verzugslohn, Kündigung, Verdienst
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Wenn der klagende Arbeitnehmer eine zumutbare (Ersatz-)Arbeit nicht annimmt und sich arbeitslos meldet

Erhebt ein Beschäftigter nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht, wird über deren Unwirksamkeit oft erst nach Ablauf des Beendigungsdatums der Kündigung entschieden. Den entgangenen Zwischenverdienst vom Zeitpunkt des Beendigungsdatums bis zum Zeitpunkt der Richterentscheidung kann der Arbeitnehmer dann vom Arbeitgeber einfordern. Auf diesen Verzugslohn muss sich der Arbeitnehmer jedoch gemäß § 11 KSchG erhaltene Ersatzleistungen, z.B. das Arbeitslosengeld und auch ermöglichte Einnahmen anrechnen lassen. So hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst in zwei Fällen entschieden, wie die proportionale Zuordnung bei mehreren gleichzeitig vorliegenden Anrechnungsfällen erfolgt.

  1. Zunächst wurde dem einen Arbeitnehmer ordentlich gekündigt, und er erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und meldete sich rechtzeitig bei der Arbeitsagentur.

    Nach dem ersten Gerichtstermin legte der bisherige Arbeitgeber ein Beschäftigungsangebot zu geänderten Bedingungen (anderer Tätigkeitsbereich, längere Arbeitszeit, Lohn brutto 1600,00 €) vor, das der auf Weiterbeschäftigung nach den alten Bedingungen (Lohn brutto 2000,00 €) klagende Arbeitnehmer nicht annahm.

    Das Gericht stellte die Unwirksamkeit der Kündigung fest und der Arbeitnehmer ließ sich auf seinen Verzugslohn gegen den Arbeitgeber das ihm gezahlte Arbeitslosengeld nach § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG anrechnen. Allerdings muss er sich eine Anrechnung aus § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG nicht gefallen lassen. Die Arbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber ist dem klagenden Arbeitnehmer nur zumutbar im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, wenn sie auf den Erwerb von Zwischenverdienst gerichtet ist. Auf eine dauerhafte Änderung seines Arbeitsvertrages muss sich der Arbeitnehmer nicht einlassen (BAG Urteil v. 11. Januar 2006 – 5 AZR 98/05).

    Rechenbeispiel:

    2000,00 € monatlicher Verzugslohn brutto
    - 672,00 € monatliches Arbeitslosengeld netto
    =1328,00 € zu zahlen.


  2. Der andere Arbeitnehmer erhielt eine Änderungskündigung. Neben der Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses bot ihm sein Arbeitgeber zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen (anderer Tätigkeitsbereich, Lohn brutto 1600 EUR) an.

    1. Dieses Änderungsangebot nahm er auch nicht unter Vorbehalt an. Das Gericht war der Auffassung, dass die angebotene Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer zumutbar war. Hinweise für eine Unzumutbarkeit hätten sich im Einzelfall eventuell aus der Art der Arbeit, sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben können.

      Hier musste sich der Arbeitnehmer gemäß § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG zusätzlich den Teil des bezogenen Arbeitslosengeldes anrechnen lassen, der dem Anteil der Bruttovergütung entspricht, die der Arbeitgeber noch nach Anrechnung des böswillig unterlassenen Erwerbs auf das dem Arbeitnehmer vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt zu zahlen hat (BAG Urteil v. 11. Januar 2006 – 5 AZR 125/05).

      Rechenbeispiel:

      2000,00 EUR monatlicher Verzugslohn brutto
      - 1600,00 EUR monatlicher Änderungslohn brutto
      = 400,00 EUR (20%)
      - 134,40 EUR 20% vom monatlichen Arbeitslosengeld
      netto 672 EUR
      = 265,60 EUR zu zahlen.


    2. Alternativ hätte der Arbeitnehmer die Möglichkeit des § 2 Satz 1 KSchG wahrnehmen und die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt, die Änderung sei sozial gerechtfertigt, annehmen können. Durch eine Änderungsschutzklage kann anschließend nur die Änderung an sich wegen Sozialwidrigkeit vom Gericht überprüft werden. Bei erfolgreicher Klage ergebe sich dann folgendes

      Rechenbeispiel:

      2000,00 EUR monatlicher Verzugslohn brutto
      - 1600,00 EUR monatlicher Änderungslohn brutto
      = 400,00 EUR zu zahlen.

Das könnte Sie auch interessieren
Arbeitsrecht Der Trend zum Zweitjob