Surfen auf pornografischen Internetseiten – Grund zur Kündigung?

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Surfen auf pornografischen Internetseiten – Grund zur Kündigung?

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einem Verfahren Anfang Juli 2005 (Aktenzeichen 2 AZR 581/04) mit der Frage befasst, ob das Aufrufen von pornografischen Internetseiten während der Arbeitszeit Grund für eine außerordentliche Kündigung ist. Im Nachfolgenden sollen die Kernaussagen der gerichtlichen Entscheidung dargestellt werden. Gleichzeitig soll anhand dieses konkreten Verfahrens auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung hingewiesen werden.

Kläger in dem Rechtsstreit war ein seit 1985 in einer chemischen Fabrik tätiger Schichtführer mit Aufsichtsfunktionen, der in zwölfstündiger Wechselschicht arbeitete. Mit der Freischaltung eines betrieblichen Internetzugangs im Jahre 2002 stiegen die Telefonkosten des Unternehmens in den Monaten September bis November 2002 erheblich, was laut der Beklagten insbesondere auf die private Nutzung des Internets durch den Kläger zurückzuführen war. Ihm wurde vorgeworfen, er habe von ca. 18 Stunden des privaten Internetsurfens fünf Stunden lang auf pornografischen Seiten gesurft. Von einem Verbot der Beklagten, die pornografischen Internetseiten aufzurufen, habe er nichts gewusst.

Bei einer außerordentlichen Kündigung sind grundsätzlich zwei Punkte zu beachten. Zum einen muss ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen, zum anderen muss die Kündigungserklärung innerhalb von zwei Wochen ab Erlangung der Kenntnis über diesen konkreten Grund durch den Arbeitgeber erfolgen.

Wo die Einhaltung der Frist meist unproblematisch ist, kann hingegen der erste Punkt erhebliche Fragen aufwerfen. Denn nach der Rechtsprechung setzt die Annahme eines wichtigen Grundes einen Sachverhalt voraus, der zum einen generell geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund zu bilden, wie z.B. bei Treue- oder Arbeitspflichtverletzungen. Darüber hinaus bedarf es allerdings einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall, da die außerordentliche Kündigung als letztes Mittel - und nur dann - anzuwenden ist, wenn es dem Arbeitgeber schlicht unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, zu dem es ordentlich gekündigt werden kann oder aus anderen Gründen endet.

Auf die Notwendigkeit einer Gesamtabwägung im Einzelfall hat auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung hingewiesen. Bei privater Internetnutzung seien im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere der Umfang der nicht erbrachten Arbeitsleistung, die dem Arbeitgeber entstandenen Kosten und die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Als Besonderheit käme im vorliegenden Fall hinzu, dass der Arbeitgeber durch das Aufrufen der pornografischen Seiten durch seinen Arbeitnehmer eventuell einen Imageverlust erlitten habe. Ferner forderte das Bundesarbeitsgericht auf, zu prüfen, ob bei einer Gesamtabwägung der genannten Umstände eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers erforderlich gewesen sei. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit mit diesen Vorgaben an das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zurück verwiesen.

Es bleibt festzuhalten, dass die Abmahnung bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung die wichtigste Rolle spielt. Denn sie gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sein Verhalten nochmals zu überdenken, gegebenenfalls abzustellen und macht eine Kündigung unter Umständen sogar entbehrlich. Nur bei schwerwiegenden Verfehlungen kann eine außerordentliche Kündigung eventuell auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein. Dabei handelt es sich insbesondere um Verstöße im Bereich des persönlichen Vertrauens, bei denen der Arbeitnehmer davon ausgehen kann, dass sein Verhalten nicht hingenommen werden wird und eine Wiederherstellung des Vertrauens nicht zu erwarten ist. Ein Beispiel hierfür sind erhebliche Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber. Eine Abmahnung ist ferner auch dann entbehrlich, wenn von vorneherein erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht beabsichtigt, sein Verhalten zu ändern.

FAZIT: Um als Arbeitgeber auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich daher grundsätzlich, vor einer außerordentlichen Kündigungserklärung eine Abmahnung auszusprechen. Zudem ist es ratsam, dem Arbeitnehmer hilfsweise ordentlich, d.h. unter Berücksichtigung der entsprechenden Fristen, zu kündigen, um für den Fall, dass im Nachhinein kein wichtiger Grund vorlag, nicht länger als unbedingt notwendig an das Arbeitsverhältnis gebunden zu sein. Je nach Komplexität der Umstände kann im Einzelfall eine vorherige anwaltliche Beratung erforderlich sein.