Urlaubsabgeltung durch Freistellung während der Kündigungsfrist
Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, KündigungHäufig werden Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeit freigestellt. Der Arbeitgeber legt dabei in der Regel Wert darauf, dass damit auch etwaige noch bestehende Urlaubsansprüche erfüllt sind. Selbstverständlich ist dies jedoch nicht. Die Freistellung an sich bewirkt keine Anrechnung der offenen Urlaubstage. Sofern der Arbeitgeber dies nicht explizit mit aufführt, hat der Arbeitnehmer daher mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Abgeltung noch bestehender Urlaubsansprüche in Geld aus § 7 Abs. 4 BUrlG.
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer ausdrücklich „unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche“ freistellen, will er den Abgeltungsanspruch verhindern. Da die Urlaubserteilung grundsätzlich unwiderruflich erfolgt, muss die Unwiderruflichkeit der Freistellung nicht ausdrücklich erklärt werden. Eine Anrechnung des Urlaubs scheidet aber dann aus, wenn der Arbeitgeber sich den Widerruf der Freistellung vorbehält (BAG, Urteil vom 14.03.2006 – 9 AZR 11/05).
Hintergrund dafür, dass Arbeitgeber sich in der Vergangenheit oft gezwungen sahen, die Freistellung nur widerruflich auszusprechen, war die frühere Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach bei einer unwiderruflichen Freistellung das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis mit dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung endete und nicht erst bei Ende des Vertragsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist. Von dieser Auffassung ist das BSG jedoch bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2008 abgewichen. Eine die Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung begründende Beschäftigung kann daher auch dann vorliegen, wenn bei fortlaufender Zahlung des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmer einvernehmlich und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt ist (BSG, Urteil vom 24.9.2008 - B 12 KR 22/07 R).
Will der Arbeitgeber also die Anrechnung des Urlaubs in der Freistellungsphase bis Ablauf der Kündigungsfrist erreichen, so genügte bisher die Formulierung: „Hiermit stellen wir Sie unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeit frei.“
Eine weitere Neuerung ergibt sich nun jedoch aus einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17.05.2011. Der Arbeitnehmer wurde zum 31.03.2007 gekündigt und unter Anrechnung der noch offenen Urlaubsansprüche freigestellt. Die hierauf eingelegte Kündigungsschutzklage war erfolgreich, der Arbeitgeber musste den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen. Im Anschluss machte der Arbeitnehmer Resturlaubsansprüche für 2007 geltend. Da der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausgeschieden war, hätte ihm gem. § 5 Abs. 1 c) BUrlG bis zum 31.03.2007 nur ein Teilurlaub in Höhe von 7,5 Tagen (bei 30 Tagen Gesamturlaub) zugestanden. Diese seien durch die Anrechnung erloschen, nicht jedoch die übrigen 22,5 Urlaubstage für das Kalenderjahr 2007.
Das BAG gab dieser Auffassung statt mit der Begründung, dass die Freistellungserklärung nach §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen sei. Die Freistellungserklärung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung müsse eindeutig erkennen lassen, in welchem Umfang die Urlaubstage angerechnet werden. Kann der Arbeitnehmer nicht eindeutig erkennen, in welchem Umfang (Teilanspruch oder Jahresanspruch) der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch erfüllen will, so geht dies zu Lasten des Arbeitgebers mit der Folge, dass nur der Teilanspruch erfüllt wird (BAG vom 17.05.2011 – 9 AZR 189/10).
Arbeitgeber sind daher – insbesondere bei Kündigungsterminen in der ersten Jahreshälfte – gut beraten, wenn sie in der Freistellungserklärung eindeutig angeben, dass die Anrechnung für den kompletten Jahresurlaub erfolgen soll. Ansonsten gehen sie bei verlorenem Kündigungsschutzprozess das Risiko ein, dass der Arbeitnehmer Resturlaubsansprüche geltend macht.
Umgekehrt sollten Arbeitnehmer insbesondere nach gewonnener Kündigungsschutzklage genau prüfen, ob und in welchem Umfang noch Resturlaubsansprüche bestehen, die nicht durch die Freistellung erfüllt wurden.