Vergleich: Maultaschendiebstahl rechtfertigt nicht unbedingt Kündigung

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Der "Maultaschenfall" ist beendet: 

Eine Altenpflegerin, die wegen des Diebstahls von sechs Maultaschen fristlos gefeuert worden war, und die stadteigene Konstanzer Spitalstiftung akzeptieren einen Vergleichsvorschlag des Landesarbeitsgerichts.

Daniel Hesterberg
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Die Parteien haben sich in der Verhandlung auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichsvorschlag zunächst widerruflich, nunmehr endgültig geeinigt.

Die Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg hatte nach einer Pressemitteilung des Gerichts vom 30.3.2010 den Parteien einen Vorschlag unterbreitet, der vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich erst am 31. Dezember 2009 - was der Frist für eine ordentliche Kündigung entspricht - geendet hat und die Klägerin zudem eine Abfindung in der üblichen Größenordnung (wie § 1a KSchG) erhält.

Demnach erhält die 58-jährige Seniorenbetreuerin eine ordentliche Kündigung und eine Abfindung von 25.000 Euro. Außerdem kann sie mit bis zu 17.500 Euro Lohnnachzahlung rechnen.

Für das Gericht war für diesen Vergleichsvorschlag maßgeblich, dass die Frage der Berechtigung der außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen des Diebstahls von Maultaschen nicht eindeutig war, also eine solche Kündigung nicht ohne Weiteres erfolgen dürfe.

Zwar ist der Diebstahl auch von geringwertigen Sachen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich ein Grund, der für eine außerordentliche - fristlose - Kündigung herangezogen werden kann.

Der Wert der Sache spielt zunächst keine Rolle. Das Gesetz (§ 626 BGB) verlangt aber darüber hinaus, dass das Gericht die Umstände des konkreten Einzelfalls umfassend würdigt. Die Entscheidung über die Berechtigung einer fristlosen Kündigung ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls.

Im „Maultaschenfall" gab es besondere Umstände, die trotz des unbestrittenen Diebstahls der Maultaschen durch die Klägerin eine fristlose Kündigung nicht ohne weiteres gerechtfertigt erscheinen lassen. Neben der langen Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter der Klägerin war das die Tatsache, dass bei der beklagten Arbeitgeberin das übrig gebliebene Essen - auch die gestohlenen Maultaschen - als Abfall entsorgt wird, zu beachten. Der beklagten Arbeitgeberin ist durch den Diebstahl kein messbarer Schaden entstanden. Das ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04) ein Umstand, der in der Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Das bedeutet nicht, dass ein solches Verhalten erlaubt ist. Es ist aber nicht „automatisch" ein Grund für eine fristlose Kündigung.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
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