Vorsicht bei "innerbetrieblichen Strafanzeigen"

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Zeigt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gegenüber bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt an, sind Probleme vorprogrammiert. Der Arbeitgeber möchte den anzeigenden Arbeitnehmer nicht mehr in seinem Betrieb beschäftigen und begehrt daher regelmäßig die schnellstmögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem betreffenden Arbeitnehmer. Insoweit stellt sich die Frage, in welchem Fall der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wirksam kündigen darf.

Unproblematisch ist für den Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitnehmers, sofern dieser bewusst unwahre und leichtfertig falsche Anzeigen gegen den Arbeitgeber oder gegen dessen Repräsentanten gestellt hat. Hierbei bleibt lediglich abzuwägen, ob die unberechtigte bewusste/lichtfertige falsche Anzeige zur sofortigen Kündigung oder nur zur Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfristen geeignet ist.

Peter Pistorius
Partner
seit 2005
Rechtsanwalt
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Arbeitsrecht, Versicherungsrecht, Verkehrsrecht, Vertragsrecht

Schwieriger ist bereits die Fallgruppe, sofern der Arbeitnehmer zwar eine falsche Anzeige gegen den Arbeitgeber oder dessen Repräsentanten stellt, diese allerdings in gutem Glauben fertigen lässt, zum Beispiel, weil er Informationen falsch deutet. Ein generelles "Richtig oder Falsch" lässt die bisherige arbeitsrechtliche Rechtsprechung nicht erkennen. Kriterium, ob diese (unbewusst) falsche Anzeige zur Kündigung geeignet ist, ergibt nur die Einzelbewertung des Falles. Gewichtet wird hier maßgeblich, ob sich beispielsweise der Arbeitnehmer vor Anzeigenstellung um die Aufklärung des Sachverhalts ohne Staatsorgane, z.B. innerbetrieblich, zuvor bemüht hatte. Zu Ungunsten des Arbeitnehmers ist hier sicher auch eine inakzeptable Motivation für die Anzeige, wie beispielsweise Rachegelüste, zu gewichten. Das Arbeitsgericht wird sich regelmäßig fragen, ob arbeitnehmerseits bei Anzeigenerstattung eine so genannte "Schädigungsabsicht" vorlag oder nicht. Dass der Arbeitnehmer die Anzeige lediglich aus einem allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Aufklärung von Straftaten gestellt hat, wird nicht in jedem Fall plausibel darzustellen sein.

Selbst bei der Strafanzeige, die berechtigt und inhaltlich richtig ist, muss eine einzelfallbezogene Bewertung vorgenommen werden. Zwar steht dem Arbeitnehmer als freien Bürger die allgemeine Handlungsfreiheit zu. Andererseits wird auch die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers durch das Grundgesetz (Art. 12 Abs. 1. GG) geschützt. Bei der Wirksamkeit der aufgrund der Strafanzeige erfolgten Kündigung werden auch hier die wechselseitigen Einzelinteressen abgewogen. Im Ergebnis zeigt sich das Bundesverfassungsgericht hier arbeitnehmerfreundlicher, wohingegen das Bundesarbeitsgericht den Interessen des Arbeitgebers stärker Rechnung trägt, da die Konsequenz einer Strafanzeige und dem daran folgenden Strafverfahren negativ für die Umsatzzahlen des Arbeitgebers sein können, gerade bei eher geringfügigem Vergehen wäre dies unverhältnismäßig. Arbeitnehmerseits sollte eine Strafanzeige daher wohl überlegt sein.