Wiedereingliederungsmanagement auch in betriebsratslosen Betrieben erforderlich
Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Wiedereingliederungsmanagement, Betriebsrat, Arbeitnehmer, Erkrankung, KündigungIch hatte bereits über das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26.02.2009, AZ 29 Ca 422/08 berichtet, wonach die Durchführung eines betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements bei einer längeren oder wiederholten Erkrankung eines Arbeitnehmers anzuraten ist, bevor eine personenbedingte Kündigung ausgesprochen wird.
Dies ist nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.09.2010, 2 AZR 88/09, auch dann der Fall, wenn in dem Betrieb des Arbeitgebers kein Betriebsrat existiert. Zwar sehe § 84 Abs. 2 SGB IX vor, dass der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung in Sinne des § 93 SGB IX, also dem Betriebs- oder auch dem Personalrat, die Möglichkeiten zu klären hat, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und wie einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass eine Klärung nicht stattzufinden habe, wenn kein Betriebsrat existiere. Der Wortlaut könne nach Ansicht des BAG auch so verstanden werden, dass die Klärung in diesem Fall mit den übrigen Beteiligten, also insbesondere Werks- bzw. Betriebsarzt und ggf. Integrationsamt zu erfolgen habe. Tatbestandsvoraussetzung des § 84 Abs. 2 SGB IX sei zudem lediglich, dass ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sei. Wenn ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement auch noch erfordere, dass ein Betriebsrat vorhanden sei, hätte dies der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet.
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Auch der Sinn und Zweck des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements werde nicht verfehlt, wenn kein Betriebsrat an diesem teilnehme. Es handele sich um kein formalisiertes Verfahren, sondern lasse den Beteiligten viel Spielraum.
Wenn ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement nicht durchgeführt wird, müsse der Arbeitgeber im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung vortragen und beweisen, dass ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement nicht dazu geführt hätte, dem Arbeitnehmer einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu schaffen, sei es durch Veränderungen an seinem bisherigen Arbeitsplatz oder durch Zuweisung einer anderen Aufgabe.
Wegen dieser hohen Beweislast ist jedem Arbeitgeber zu empfehlen, erkrankten oder wiederholt kranken Arbeitnehmer ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement anzubieten. Erhalten Arbeitnehmer eine krankheitsbedingte Kündigung, ohne dass ein solches durchgeführt wurde, haben sie schon wegen der hohen Vortrags- und Beweislast des Arbeitgebers gute Aussichten im Kündigungsschutzprozess.
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