Nachteile aus der Vermischung von Leistungen ohne Zusammenhang (Kreditmasche, Internet-System-Vertrag)

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Typische Merkmale, an denen Sie unseriöse Vertragsgestaltungen sofort erkennen können und wie Sie „Unfälle“ schadensvermeidend erledigen. – eine Serie von Ratgeberartikeln - Zweiter Teil:

Immer wieder wird versucht, Kunden oder Geschäftspartner mit verwirrenden Vertragskonstrukten zu benachteiligen.

Typisch ist es dann auch, dass in den Angeboten und Vertragsformularen verschiedene Leistungen unübersichtlich verbunden werden. Der für den Anbieter günstigste Leistungsbestandteil soll dann nach seiner Vorstellung für den gesamten Vertrag gelten.

Stefan Musiol
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„Verknebelung“ durch Vermischung verschiedener Leistungen, auch ohne Zusammenhang.

Diese Vorgehensweise ist aus gemischten Telekommunikationsverträgen bekannt, bei denen Handys, Computer oder gar Fernseher mitverkauft werden. Unter anderem das Widerrufsrecht im Fernabsatz oder Kündigungsrechte zu umgehen ist häufig die Zielrichtung der Knebelverträge. Wird eine Teilleistung, wie die Handykarte aktiviert und in Anspruch genommen, soll das Widerrufsrecht entfallen sein.

Üblich ist das 1 € Handy mit Zeitvertrag, in den der Kaufpreis letztlich einkalkuliert ist. Bei diesem ganz üblichen Vertragsmodell stehen Kauf und Telekommunikations-Dienstleistungen in einem sachlichen Zusammenhang. So wird zum Gerät der passende Dienst angeboten, mit dem es erst nutzbar wird.

Anders sieht es aus, wenn ein Kreditvertrag über den verbundenen TK-Vertrag „abgewickelt“ wird und darüber die Schutzregulierungen für Verbraucherkreditverträge „ausgehebelt“ werden sollen. Illegal ist das Vorgehen meist schon deshalb, weil die Anbieter – in der Regel Vermittler - die nötige Banklizenz nicht vorweisen können. Rechnet man die Angebote nach, ergaben sich in allen uns bekannten Fällen immense Zinsaufschläge weit über dem Niveau von marktüblichen Kreditangeboten der Banken. Hier wird also offensichtlich auch ein akuter Geldmangel kriminell ausgenutzt.

Wer sich darauf eingelassen hat, sollte den Telekomminikations-Anbieter kontaktieren, dessen Leistungen vermittelt wurden. Dort sind die Methoden der angebundenen Vermittler meist nicht bekannt – oder sie werden ignoriert.

Man kann den Vertrag aber in der Regel mit der richtigen Begründung anfechten oder außerordentlich kündigen. Je nach Umständen kann der Vertrag auch wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot von Kreditgeschäften (§ 134 BGB) oder wegen Ausnutzung einer Notlage mit Wucher (§ 138 BGB) unwirksam sein.

Das TK-Unternehmen muss den oft auch überteuerten oder mit unnötigen Diensten „angereicherten“ Langzeit-Vertrag dann beenden.

Häufig fehlt auch die Widerrufsbelehrung für den eingeschlossenen Kredit. So kann auch dieser Vertragsteil jedenfalls von Verbraucher/innen auch langfristig noch sicher beendet werden.

Der Internet-System-Vertrag

Ein weiteres, in der Rechtsprechung und Internetforen aktuell häufig behandeltes Thema ist der Internet-System-Vertrag, eine tatsächliche Mischung aus der Gestaltung und Programmierung einer Internetseite und Hostingleistungen sowie Aktualisierungen der erstellten Seiten, wie sie durch eine größere Dienstleistergruppe als unseriöses Marketinginstrument entwickelt und zahlreiche Nachahmer gefunden hat. So „lebt“ diese Masche immer noch weiter. Derzeit sind auch wieder verstärkte Marketingaktivitäten über Kaltakquise erkennbar.

Dabei soll meist über Überrumpelung am Telefon und folgender Psycho-Bedrängung in den so vereinbarten Vor-Ort-Terminen mit der falschen Behauptung, das Unternehmen wäre als „Referenzkunde“ ausgewählt worden, eine sofortige Bestellung ohne Bedenkzeit erreicht werden. Angeblicher Vorteil für Besteller: Die Internetpräsentation würde ohne hohe Sofortzahlung von mehreren zehntausend Euro erstellt, sondern auf Kosten des Anbieters, der am Ort ins Geschäft kommen wolle. Nur die „laufenden Kosten“ wären zu zahlen.

Der Programmieranteil soll nach Angabe der Anbieter kostenfrei erfolgen, nur monatliche Leistungen wären angeblich zu bezahlen. Schon der Preisvergleich verrät aber, dass in die monatlichen Zahlungen von bis zu 500,- € die Programmierkosten satt einkalkuliert werden – und das angesichts der bisher ausschließlich unterdurchschnittlichen Leistungen der Anbieter dieses Vertriebs- und Vertragsmodells massiv überteuert. Denn über die dort übliche Vertragslaufzeit von vier Jahren summieren sich die Kosten für die Baukasten-Webseite inkl. einfachem, oft eher amateurhaften Imagevideo und Drohnen-Überflug über das Betriebsgelände auf rund 20.000 €.

Zudem kann Suchmaschinenwerbung über Google-Ads (Adwords) eingebunden werden. Diese Dienstleistung ist eine weitere Gelegenheit für unseriöse bis kriminelle Anbieter, die eigentlich für den Systemanbieter Google gedachten Budgetzahlungen mit schlecht gestalteten Anzeigen unverbraucht zu lassen und für sich einzubehalten.

Die Preise seriöser Anbieter für eine moderne und attraktive Grundgestaltung einer ansprechenden Online-Unternehmenspräsentation über das verbreitete System WordPress oder andere, die Ausstattung und Einrichtung eines komfortablen Editors liegen erfahrungsgemäß in einem Bereich bis 2.000, - €, zzgl. flexibel bestellbarer Grafik- und Textgestaltung. Nur bei Online-Shopsystemen kommen erhebliche Summen hinzu, insbesondere wenn automatisierte Datenbanken mit der Warenwirtschaft gekoppelt werden müssen.

Man kann dann zusätzlich eine Texterstellung oder die Überarbeitung von Entwürfen flexibel bei tatsächlich professionellen Textgestaltern und Grafiken Agenturen gesondert und flexibel in Auftrag geben. Dies spart auch Diskussionen um Urheberrechtsfragen. Denn viele übersehen, dass die Anbieter von Internet-System-Verträgen auch nach vier Jahren oft noch in gleicher Höhe „weiterkassieren“ wollen. Wer kündigt, steht ohne Webseite da.

Selbst mit einer beinhalteten Rechtsprüfung von Produktbeschreibungen, Werbetexten und Vertragsinhalten sowie Datenschutzvorgaben können die üblichen, überschaubare Präsentationen mittelständischer Unternehmen keinen fünfstelligen Bereich erreichen. Teurer wird es nur, sobald komplexe Inhalte wie Shopsysteme mit Datenbankanschluss angebunden werden sollen.

In dem weiteren Ratgeberartikel „Gefahr bei unüberlegten und ungeprüften Kündigungen von TK-Verträgen, Mischverträgen und Internet-System-Verträgen - Wann befreit eine Kündigung wirklich von Zahlungsverpflichtungen?“ stellen wir allgemeine Hinweise zu den Kündigungsmöglichkeiten diese Mischtyps mit Vor- und Nachteilen dar.

Unfälle am Schreibtisch vermeiden

Am besten ist es aber, schon bei einem Angebot eines unbekannten Anbieters zunächst eine eingehende Google-Suchmaschinenrecherche durchzuführen. Finden sich keine wesentlich negativen Erfahrungsberichte, sollte man den Vertragsinhalt genau durchlesen. Wer unseriös agiert, greift natürlich oft auch jede Kritik unsachlich an und versucht Negativbewertungen zu löschen oder mit Fake-Bewertungen zu „übertünchen“. Zudem verhalten sich Anbieter wie Chamäleons und wechseln zur Tarnung häufig ihre Firma. Daher lohnt sich auch die Google-Recherche zum dem Namen des Inhabers, der Inhaberin bzw. der Geschäftsführung.

Bei jeglicher Unklarheit kann nur eine anwaltliche Beratung vor der Unterschrift Sicherheit geben und sie ist dann auch noch bei Weitem günstiger als jede Unterstützung für die oft komplexe Vertragsbeendigung. Viele unseriöse Anbieter sind uns auch gut bekannt, einschließlich ihrer speziellen Methoden. Auch darüber klären wir gerne auf.

Bekannt unseriöse Anbieter und nachteilige Vertragsmuster sind binnen weniger Minuten entlarvt und es fallen überhaupt keine Kosten für eine Warnung an.

Damit ist die Vertragsprüfung die beste Investition in jede Vertragsbeziehung, die sich immer lohnt.

Wollen Sie mehr wissen? Lassen Sie sich jetzt von diesem Anwalt schriftlich beraten.
Leserkommentare
von Rechtsanwalt Stefan Musiol am 07.05.2012 19:02:48# 1
Update des Autors: Nach einigem Hin und Her gab die genannte Sparkasse, die selbst die Entscheidung des Ombudsmanns (immerhin früherer Richter des Bayerischen Obersten Landesgerichts) ignorierte, nach. Sie hat den Betrag erstattet und den Zahlungsempfänger auf Erstattung verklagt.