Schadenereignis in der Bauversicherung
Mehr zum Thema: Baurecht, Architektenrecht, Bauversicherung, Schadenereignis, AHB, Betriebshaftpflicht, VerursachungstheorieSchaden muss weder erkannt worden noch erkennbar gewesen sein
Zwischen Versicherungswirtschaft und Rechtsprechung besteht ein Meinungsstreit über die Auslegung des Begriffs Schadenereignis (manchmal auch: Schadensereignis) in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB).
Nach zum Teil von der Versicherungswirtschaft vertretener Auffassung gilt die sogenannte Ereignistheorie. Danach setzt der Begriff des Schadenereignisses in den AHB voraus, dass der schadenstiftende Vorgang sofort ins Auge springt, wobei die Erkennbarkeit reicht. Ereignis leite sich etymologisch von „eräugen“ ab.


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Der Schaden muss einer Ursache zurechenbar sein
Nach der Rechtsprechung hingegen ist die zurechenbare Verursachung einer Schädigung maßgeblich, vgl. Urteil des OLG Karlsruhe vom 01.07.2004 – 12 U 117/04, sogenannte Verursachungstheorie. Bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne Spezialkenntnisse an, der die Bedingungen aufmerksam liest und verständig würdigt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht unter dem Schadenereignis ein solches, das die (zeitlich spätere) Schädigung herbeigeführt hat.
Dies hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 17.06.2014 - 12 U 36/14 - bekräftigt. Diesem Urteil lag folgender vereinfachter Sachverhalt zugrunde:
Der Bauunternehmer (Versicherungsnehmer) verfüllt während der Laufzeit seiner Betriebshaftpflichtversicherung eine Baugrube. Dies führt zu einer Verformung der Wände des bereits errichteten Kellers. Nach Ablauf der versicherten Zeit verlangt der Auftraggeber gestützt auf ein Sachverständigengutachten vom Bauunternehmer Schadensbeseitigung bzw. Schadensersatz. Der Bauunternehmer zeigt die Forderung seiner Betriebshaftpflichtversicherung ordnungsgemäß an. Diese hält sich jedoch nicht für eintrittspflichtig.
Zu Unrecht, wie das OLG Karlsruhe urteilt. Der Schaden müsse nicht auch offen zutage getreten sein. Er muss weder erkannt worden noch erkennbar gewesen sein. Versicherungsschutz besteht also, wenn der Bauunternehmer in versicherter Zeit eine Baugrube verfüllt und hierdurch unmittelbar die bereits errichteten Wände des Kellers verformt werden. Dies gilt auch dann, wenn Schadensersatzansprüche hieraus erst nach Ablauf der Versicherung geltend gemacht werden.
Schadenereignis ist ein Ereignis, das auf ein Verhalten des Versicherungsnehmers zurückzuführen und geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch auszulösen. Die Handlung oder das Unterlassen darf dabei nicht intern geblieben sein, sondern muss die haftungsrechtlich maßgebende Ursache für die Schädigung und die Schädigungsfolgen gesetzt haben. Für die Auslegung der AHB sind mangels allgemeiner Bekanntheit weder die Sprachgeschichte des Wortes „Ereignis“ noch die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte oder aktuelle Änderungen der AHB heranzuziehen.
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