Das Auswahlgespräch

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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Auswahlgespräch im Prinzip nicht die zentrale Begründung für eine Personalauswahl sein kann, weil es sich nur um eine Momentaufnahme handelt und der Beurteilungsspielraum bei diesem besonders hoch und der gerichtliche Schutz dementsprechend besonders niedrig ist.

Das OVG Lüneburg beschreibt näher die Bedeutung dieses Auswahlgesprächs: NVwZ RR 2007.540:

  • Richtigkeitszweifel sind auch nicht gegeben, soweit das VG davon ausgegangen ist, dass die Beklagte die Kl. und den Beigeladenen auf Grund der aktuellen Beurteilungen als im Wesentlichen gleich beurteilt angesehen und dem Auswahlgespräch unter Außerachtlassung früherer Beurteilungen eine ausschlaggebende Bedeutung zuerkannt hat.
  • In Anbetracht dessen erweist es sich in Übereinstimmung mit der Auffassung des VG nicht als ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte. als Grundlage für die Auswahlentscheidung als weiteres Entscheidungskriterium die Ergebnisse des strukturierten Auswahlgesprächs heranzieht. Ergibt sich aus den aktuellen Beurteilungen ein Vorsprung zu Gunsten eines Bewerbers nach den materiellen Kriterien der Bestenauslese nicht, muss der Dienstherr zunächst auf andere leistungs- und eignungsbezogene Auswahlkriterien zurückgreifen und darf nur dann so genannte Hilfskriterien heranziehen, wenn andere Auswahlkriterien nicht zur Verfügung stehen oder aber ebenfalls einen Leistungsvorsprung eines Bewerbers nicht erkennen lassen.
  • Als weitere leistungsbezogene Kriterien kommen insbesondere ältere Beurteilungen oder die Ergebnisse eines strukturierten Auswahlgesprächs in Betracht, wobei dem Dienstherrn bei der Heranziehung weiterer leistungsbezogener Erkenntnisquellen ein Ermessensspielraum zusteht.

  • Das Auswahlgespräch ist insbesondere geeignet, eine sachgerechte und ermessenfehlerfrei zu Stande gekommene Entscheidung zwischen nach ihren aktuellen dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern zu treffen.
  • Die Entscheidung des Dienstherrn, dem Auswahlgespräch gegenüber älteren dienstlichen Beurteilungen ausschlaggebende Bedeutung zukommen zu lassen, ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
  • Das VG hat entgegen der Auffassung der Kläger in seiner Entscheidung berücksichtigt, dass es sich bei dem Auswahlgespräch nur um eine Momentaufnahme handelt und aus diesem Grunde zutreffend darauf abgestellt, dass dem Auswahlgespräch daher ein Vorrang vor den aktuellen Beurteilungen nicht eingeräumt werden darf und das Auswahlgespräch einziges Erkenntnismittel nicht sein kann.

Diese Entscheidung ist ein weiterer Beleg dafür, dass zwar die Zahl der Konkurrentenverfahren fast exponentiell steigt, aber nicht ihre Erfolgsquote. Auswahlgespräche waren früher immer das zentrale Steuerungsinstrument, nach Gutdünken zu besetzen, weil sie eben so wenig überprüfbar sind. Dadurch, dass sie obergerichtliche Billigung finden, bleibt dieser Beurteilungsspielraum erhalten und wird allenfalls einer allgemeinen Rationalitätskontrolle unterworfen. Unterstellt man, dass prinzipiell, bis auf Ausnahmen, die Auswahlentscheidung korrekt ist, begegnet diese Position keinen Bedenken.

Würde man aber zur Auffassung kommen, dass ,insbesondere in herausgehobenen Positionen, immer wieder an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorbei, nach anderen Kriterien ausgewählt wird, sind solche Beurteilungsspielräume die Prolongierung der Auswahl nach Gutsherrenart .Meine anwaltliche Erfahrung geht öfters in die letztere Richtung. Obwohl seit Jahrzehnten das Gebot des fairen Verfahrens im Beamtenrecht aufgrund von Verfassungsgerichts-Rechtsprechung gilt, sind Auswahlentscheidungen häufig obskur; deswegen scheuen sie das Licht der Öffentlichkeit,auch der Partei-Öffentlichkeit und nicht einmal die notwendige und rechtzeitige Information findet statt. Mit Billigung der Rechtsprechung -unter Hinweis auf § 44 a VwGO- wird der effektive Rechtsschutz minimiert, etwa dadurch, dass eine Information bei Berufungsverfahren erst erforderlich ist, wenn die Berufung unmittelbar bevorsteht ( als wenn dann ein Gerichtsverfahren noch etwas ändern könnte). Die Zuerkennung größerer Beurteilungsspielräume ist daher nicht unproblematisch.

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