Fristenregelung

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Das Bundesverfassungsgericht hatte kürzlich Gelegenheit, zur der Frage Position zu beziehen, wie lange die Wartefristen sein dürfen, bevor eine Besoldung versorgungsrelevant wird. Ab 1. Januar 1999 war die Frist auf drei Jahre angehoben worden. Diese Regelung stand auf dem Prüfstand.

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 20. März 2007- 2 BvL 11/04 - die Drei-Jahresfrist für verfassungswidrig erklärt:

  • § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG ist mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar, weil die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre den Grundsatz der amtsgemäßen Versorgung nicht mehr lediglich modifiziert, sondern ihn grundlegend verändert.
  • Der Dienstherr ist verpflichtet, den Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Unterhalt zu gewähren
  • Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt, in dem sich das Alimentations- und das Leistungsprinzip überschneiden, prägt folglich das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beamten und gehört deshalb zu den Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums beruht. Er ist mithin vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten
  • Wenn auch der in den vor dem Jahr 1945 erlassenen Vorschriften enthaltene "Einjahresschnitt" nicht als feste, äußerste Grenze für eine verfassungsrechtlich zulässige Einschränkung des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt angesehen werden kann, so sind dem Gesetzgeber damit doch durch Art. 33 Abs. 5 GG enge Grenzen für weitere Einschränkungen gezogen
  • Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Herausforderungen durch die Globalisierung, der demographische Wandel und die finanziellen Nachwirkungen der Wiedervereinigung vermögen eine Einschränkung des Grundsatzes amtsgemäßer Versorgung nicht zu begründen. Könnte die finanzielle Situation der öffentlichen Hand für sich bereits eine Veränderung des Grundsatzes der Alimentierung rechtfertigen, so wäre diese dem uneingeschränkten Zugriff des Gesetzgebers eröffnet.
  • Die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung allein aber rechtfertigen keinen Eingriff in die Struktur des Versorgungsrechts
  • Die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre geht über eine bloße Modifizierung des hergebrachten und zu beachtenden Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt hinaus und bedeutet einen Eingriff in dessen strukturprägenden Kernbereich.
  • Aber: Die auf der für nichtig erklärten Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG beruhenden, im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftigen Versorgungsfestsetzungsbescheide bleiben von der Entscheidung unberührt

Diese Entscheidung erging mit 5 zu 3 Stimmen. Die Richterin Osterloh und der Richter Gerhardt haben ein abweichendes Votum beigefügt:

  • Die hergebrachten Grundsätze und mithin die Institution des deutschen Berufsbeamtentums werden durch Art. 33 Abs. 5 GG nicht um ihrer selbst Willen geschützt und ebensowenig stellt diese Norm wohlerworbene Rechte unter Verfassungsschutz.... Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet vielmehr das Berufsbeamtentum als Einrichtung insoweit, als es sich in seiner hergebrachten Gestalt in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einfügen lässt. In der Formulierung "Berücksichtigung" ist eine Entwicklungsoffenheit angelegt, die den Gesetzgeber in die Lage versetzt, die Ausgestaltung des Dienstrechts den jeweiligen Entwicklungen der Staatlichkeit anzupassen und das Beamtenrecht damit "in die Zeit zu stellen".
  • Die Strukturentscheidung des Art. 33 Abs. 5 GG belässt daher ausreichend Raum, die geschichtlich gewachsene Institution in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einzufügen.... Das Grundgesetz erlaubt damit eine stete Fortentwicklung, die das Beamtenrecht in seinen einzelnen Ausprägungen den veränderten Umständen anpasst.
  • Das Bundesverfassungsgericht überprüft nicht, ob der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung und Fortentwicklung des Beamtenrechts die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Es kann nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen
  • Im Hinblick auf die Finanzlage der öffentlichen Haushalte und deren ansteigende Belastung durch Versorgungskosten die Notwendigkeit einer Neubewertung und misst der Gesetzgeber dem Erfordernis der langfristigen Sicherung der Staatsfinanzen überragende und vorrangige Bedeutung zu, wobei vor allem auf das durch die gestiegene Lebenserwartung veränderte Verhältnis der Dauer des aktiven Dienstes zur Dauer des Bezugs von Versorgungsleistungen hingewiesen wird.... Diese eindeutige Gewichtung, mit der der Gesetzgeber zukunftsorientiert der Wahrung des Alimentationsprinzips vorrangige Bedeutung zukommen lässt, liegt im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.

Im Für und Wider der beiden Meinungen gibt es weitere Ausdifferenzierungen, die darzustellen, hier nicht der Platz ist.

Letztlich ist die Mehrheitsentscheidung ein wenig überraschend. Die Position der dissentierenden Richter ist im allgemeinen eher diejenige, die das Gericht in sehr kostenwirksamen Entscheidungssituationen einzunehmen pflegt. Aber vielleicht ist der Hinweis der Dissenter ja massgeblich: „Es spricht nichts dafür, dass die Verlängerung der Wartefrist überhaupt oder auch nur in einer nennenswerten Zahl von Fällen Beamte an einem dem Amt angemessenen Lebenszuschnitt vor und nach Eintritt in den Ruhestand hindern und damit deren Amtsführung negativ beeinflussen könnte." Das würde die Entscheidung jedenfalls nachvollziehbar machen.

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