Das Berliner Testament für Ehegatten

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In dem so genannten Berliner Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig zu ihren Erben ein und legen zudem den oder die Erben (Schlusserben) nach dem Tod des Längerlebenden fest.

Miteinander verheiratete und eingetragene Lebenspartner haben die Möglichkeit, gemeinsam und zusammen in einem Testament, dem so genannten gemeinschaftlichen Testament, letztwillig zu verfügen. In dem so genannten „Berliner Testament" setzen sich die Ehepartner gegenseitig zu ihren Erben ein und legen zudem den oder die Erben (Schlusserben) nach dem Tod des Längerlebenden fest.

Ohne Testament oder Erbvertrag gilt die gesetzliche Erbfolge

Sofern eine Person bzw. ein Ehepaar kein (gemeinschaftliches) Testament oder einen Erbvertrag hinterlässt, führt dies häufig dazu, dass im Wege der dann eingreifenden gesetzlichen Erbfolge mehrere Personen Erben werden. Die Miterben sind dann zwangsläufig in einer Erbengemeinschaft miteinander verbunden.

Bernd Fleischer
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Die gesetzliche Erbfolge kategorisiert die Erben nach Ordnungen. Erben 1. Ordnung sind zum Beispiel die eigenen Kinder und, wenn Kinder vorverstorben sein sollten, deren Abkömmlinge (Enkelkinder). Erben 2. Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister des Erblassers, Neffen, Nichten). Erben der 3. Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel und Tanten des Erblassers), usw.

Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner sind nicht mit dem Erblasser verwandt, haben aber eine eigene Erbenstellung. Die Höhe des Erbrechts der Eheleute richtet sich auch nach dem Güterstand und danach, wie viele Kinder der Erblasser insgesamt (auch aus früheren Beziehungen!) hinterlässt.

Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und hatte der Erblasser Kinder, dann erben der Ehegatte und die Kinder (zusammen) zu je zu ½ (Beispiel: Erblasser hinterlässt eine Ehefrau, Zugewinngemeinschaft, 3 Kinder: Erbquote Ehefrau ½, Erbquote je Kind 1/6).

Kinderlose Eheleute, die in der Zugewinngemeinschaft lebten, beerben ihren Ehepartner neben anderen Verwandten (z.B. Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten) zu 3/4.

Sofern die Eheleute ehevertraglich (notariell!) zum Beispiel den Güterstand der Gütertrennung vereinbart hatten, richtet sich die gesetzliche Erbquote des Überlebenden unter anderem nach der Zahl der Kinder des Verstorbenen (bei einem Kind beträgt die Erbquote des Ehegatten ½; bei zwei Kindern 1/3, bei 4 oder mehr Kindern immer ¼).

Hinterlässt ein Ehegatte keine Kinder und lebte er mit seinem Ehepartner im Güterstand der Gütertrennung, dann erbt der überlebende Ehegatte nach der gesetzlichen Erbfolge zum Beispiel neben Eltern des verstorbenen Ehepartners nur zu ½!

Wenn der zuerst versterbende Erblasser keine Abkömmlinge hatte, wird der überlebende Ehegatte nach der gesetzlichen Erfolge nur dann Alleinerbe, wenn weder Verwandte der 1. oder der 2. Ordnung noch Großeltern vorhanden sind.

Vermeidung der gesetzlichen Erbfolge

Durch letztwillige Verfügung kann diese gesetzliche Erbfolge verhindert und frei abgeändert werden. Die Erbenbestimmung ist bindend. Durch letztwillige Verfügung nicht berücksichtigte Personen können jedoch unter Umständen Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche zustehen (insbesondere Abkömmlingen).

In einem Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein und legen auch für den Fall des Todes des Längerlebenden bereits die Erbfolge fest (zum Beispiel die gemeinsamen Kinder). Für den ersten Erbgang wird so eine Erbengemeinschaft verhindert.

Zu beachten ist aber, dass durch diese Erbeinsetzung des Ehegatten die Kinder für den ersten Erbgang enterbt werden.

Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist es ausschließlich Verheirateten und Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft möglich, gemeinsam ein einziges gemeinschaftliches Testament zu errichten.

Paaren, die weder verheiratet noch verpartnert sind, steht dieser Weg des gemeinschaftlichen Testaments nicht offen!

Ein gemeinschaftliches Testament kann entweder vor einem Notar errichtet oder privatschriftlich verfasst werden. Letzteres kann nur von einem Ehegatten eigenhändig und handschriftlich niedergeschrieben werden und muss am Ende des Testaments von beiden Eheleuten jeweils persönlich und unter Angabe von Ort und Datum unterschrieben werden.

Wechselbezügliche Verfügungen

Ehegatten können im Berliner Testament Verfügungen treffen, die „wechselbezüglich" sind. Unter wechselbezüglichen Verfügungen versteht man Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde. Diese Verfügungen sollen daher voneinander abhängen und der Widerruf der einen Verfügung soll die Unwirksamkeit der anderen zur Folge haben.

Die Eheleute sollten für jede einzelne Verfügung in ihrem Testament festlegen und ausdrücklich bestimmen, mit welcher oder welchen Verfügungen von Todes wegen des jeweils anderen Ehegatten sie im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit steht. Unterbleiben solche Festlegungen im Testament, muss der Wille der Ehegatten für jede Verfügung ausgelegt werden. Das Gesetz bietet in einigen Fällen Auslegungsregeln in Zweifelsfällen (zum Beispiel § 2270 Abs. 2 BGB). Je konkreter und klarer das Testament ist, umso weniger muss der wirkliche Wille des Erblassers ermittelt werden. Die Auslegung von testamentarischen Verfügungen kann schwierig sein und vor allem auch zu unsicheren und ungewollten Ergebnissen führen.

Bindungswirkung des gemeinsamen Ehegattentestaments

Wechselbezügliche Verfügungen führen zur Bindungswirkung und dazu, dass solche Verfügungen in Ehegattentestamenten, sofern sie nicht einvernehmlich aufgehoben werden, nicht ohne Weiteres einseitig widerrufen werden können. Ein nur von einem Ehegatten erklärter einseitiger Testamentswiderruf bedarf dann nämlich der notariellen Form und muss dem anderen Ehegatten zu Lebzeiten nachweisbar zugehen.

Ist einer der Ehegatten verstorben, ist ein solcher Widerruf in der Regel nicht mehr möglich und das Testament nicht mehr abänderbar.

Inhalt der letztwilligen Verfügung der Ehegatten

Abgesehen davon sollte ein Ehegattentestament auch Folgendes enthalten:

  • Ausdrücklichen Widerruf vorangegangener letztwilliger Verfügungen;
  • Eindeutige Ersatzerbenbestimmung;
  • Sovgenannte Strafklauseln für den Fall, dass die zu Schlusserben Eingesetzten Pflichtteilsansprüche geltend machen sollten;
  • Unter Umständen Klauseln für den Fall der Wiederverheiratung;
  • Anordnung von Vermächtnissen.

Nachteile des Berliner Testaments

  • Unter Umständen ungewollte Erbschaftssteuern durch die Nichtberücksichtigung der Kinder und deren erbschaftssteuerlicher Freibeträge (zurzeit je Kind € 400.000) beim 1. Erbfall.
  • Bei Geschiedenen, die neu geheiratet haben und jeweils Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen und ggf. weitere gemeinsame Kinder mit dem neuen Ehegatten haben (Patchworkfamilien), stößt das klassische Berliner Testament an seine Grenzen, da immer nur die jeweils eigenen Kinder pflichtteilsberechtigt sind, nicht hingegen die Kinder des Ehegatten aus dessen vorangegangenen Verbindungen. Diese Stiefkinder sind zwar erbschaftsteuerlich leiblichen Kindern gleichgestellt, haben jedoch kein gesetzliches Erbrecht bzw. Pflichtteilsrecht gegenüber ihren Stiefeltern.
  • Geltung der EU-Erbrechtsverordnung. Für Erbfälle ab dem 17. August 2015 gilt nicht mehr das Erbrecht der Staatsangehörigkeit des Erblassers, sondern dasjenige Erbrecht des Landes, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die erbrechtlichen Bestimmungen der meisten anderen Länder jedoch kennen das deutsche gemeinschaftliche Testament nicht (zum Beispiel, Italien, Spanien, Frankreich), wodurch Berliner Testamente unwirksam werden. In Fällen mit Auslandsbezug sollte daher dringend über einen notariellen Erbvertrag nachgedacht werden und zumindest eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Heimaterbrechts aufgenommen werden.
  • Haben Eltern ein behindertes Kind, reicht das Berliner Testament in der Regel nicht aus, um das behinderte Kind bzw. das zu vererbende Vermögen ausreichend zu schützen.

Nicht eindeutige Regelungen in Testamenten sind häufig auslegungsbedürftig und führen zu Streitigkeiten darüber, was der wirkliche Wille des/der Testierenden gewesen sein soll.

Vor der Errichtung eines Berliner Testaments sollten sich Eheleute rechtzeitig durch einen Rechtsanwalt für Erbrecht beraten lassen.

Weitere Informationen zum Berliner Testament finden Sie hier: www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/berliner-testament.html

ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater
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