Die Erbengemeinschaft – und warum man sie vermeiden sollte
Mehr zum Thema: Erbrecht, Testament, Erbengemeinschaft, Erbquote, Immobilie, MiterbeErbstreitigkeiten entstehen besonders oft in Erbengemeinschaften, obwohl sie durch geschickte Gestaltung des Testaments vermieden werden könnten
Die meisten Menschen begnügen sich bei der Regelung ihres Nachlasses damit, eine aus ihrer Sicht gerechte Verteilung des Erbes dadurch zu erreichen, dass die Erbteile gerecht verteilt werden. Es wird also nur über die Quote nachgedacht und diese im Testament festgelegt. Manchmal erübrigt sich dies auch, denn bereits das Gesetz sieht vor, das z.B. Kinder zu gleichen Teilen erben.
Wenn also die Witwe darüber nachdenkt, wie sie ihren Nachlass dereinst verteilen möchte, dann genügt ihr oftmals die Erkenntnis, dass ja ihre Kinder zu gleichen Teilen erben werden und dass alles so schon gerecht verteilt sei.
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Dieser Irrtum kann Folgen haben.
Die gemeinsame Verwaltung des Erbes birgt Konfliktpotential
Wenn die Witwe drei Kinder hat und zum Nachlass drei Häuser gehören, dann erhält nicht etwa jedes Kind ein Haus, sondern alle drei Häuser gehören allen drei Kindern gemeinsam. Sie müssen sich dann im Erbfall darauf einigen, wer von ihnen welches Haus erhalten soll und sie müssen dies in einem notariellen Erbteilungsvertrag regeln. Einstweilen – bis eine solche Regelung getroffen wurde - müssen alle drei Kinder alle drei Häuser gemeinsam verwalten, sich also z.B. über laufende Angelegenheiten (Vermietungen, Reparaturen etc.) einig werden.
Frage an alle Eltern unter den Lesern:
Haben Sie schon einmal Ihren kleinen Kindern einen Gegenstand gemeinsam geschenkt, weil die doppelte Anschaffung zu teuer und aus Ihrer Sicht auch irgendwie überflüssig wäre? Erinnern Sie sich an das Geschrei im Kinderzimmer, wenn die lieben Kleinen dann „gemeinsam“ mit diesem Gegenstand spielen sollten und sich nicht einigen konnten, wer zuerst dran ist?
Auch wenn viele es nicht glauben wollen: Erfahrungsgemäß werden diese Konflikte im hohen Erwachsenenalter – zwar mit anderen Mitteln, aber mit unverminderter Intensität – weiterhin ausgetragen. Dann kommen zwar meist nicht mehr die Fäuste zum Einsatz, aber das Aggressionspotential ist genauso hoch, insbesondere wenn der mäßigende Einfluss der Eltern fehlt, weil diese verstorben sind.
Erbengemeinschaft bei Kindern aus unterschiedlichen Ehen
Noch schlimmer wird es, wenn Kinder aus verschiedenen Ehen des Erblassers gemeinsam eine Erbengemeinschaft bilden oder wenn andere Personen, die zwar alle gerecht ihren Anteil erhalten sollen, in dieser Art von Zwangsgemeinschaft miteinander verbunden sind. Es werden dann regelmäßig diejenigen Konflikte, die im persönlichen Verhältnis liegen, ausgetragen, indem die Macht, die jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft hat, gnadenlos ausgenutzt wird.
Zwar kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, jedoch bietet sich bis zur Durchführung der Auseinandersetzung viel Konfliktstoff. Wenn z.B. eine Immobilie zum Nachlass gehört, dann muss darüber verhandelt werden, ob einer der Erben die Immobilie selbst übernehmen möchte, ob sie verkauft werden soll, wenn ja, zu welchem Preis und an wen etc. Bis zur Einigung ist dann der vielversprechende Kaufinteressent abgesprungen und die Suche geht von neuem los. Wer schon einmal versucht hat, von einer Erbengemeinschaft eine Immobilie zu kaufen, weiß, wovon hier die Rede ist. Notfalls kommt es zur Teilungsversteigerung, wenn man sich gar nicht einig wird.
Erbauseinandersetzung durch Einsetzung eines Alleinerben vermeiden
Es ist deshalb empfehlenswert, nicht nur über eine gerechte Erbquote nachzudenken, sondern nach Möglichkeit rechtzeitig konkrete Regelungen zu treffen, wie man die Erbauseinandersetzung möglichst konfliktfrei (und damit kostengünstig) gestalten kann.
Ein wesentliches Instrument, die Entstehung einer Erbengemeinschaft zu vermeiden, liegt in der Alleinerbeinsetzung eines Erben. Die übrigen Personen können dann mit Vermächtnissen bedacht werden. So würde im o.g. Fall die Witwe eines ihrer Kinder zum Alleinerben einsetzen und den anderen beiden Kindern im Wege des Vermächtnisses jeweils ein (konkret bezeichnetes) Haus zukommen lassen. Wenn die Durchführung dieser Aufteilung noch durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers abgesichert wird, werden Konflikte minimiert.
Da in diesem Fall der Alleinerbe jedoch in alle Rechte und Pflichten des Erblassers eintritt, sollte eine solche Lösung gut durchdacht sein, damit der Alleinerbe nicht versehentlich stärker benachteiligt oder bevorzugt wird, als man es eigentlich wollte.
Schließlich wäre – je nach Familienverhältnissen – auch zu überlegen, ob überhaupt alle Kinder bzw. Erben ein Interesse an konkreten Nachlassgegenständen haben oder ob diese Beteiligten nicht ohnehin nur an einem Zahlungsanspruch interessiert sind.
Vermächtnis in Höhe des Erbteils
Wenn der Erblasser Kinder aus früheren Beziehungen hat, zu denen er zwar keinen engen Kontakt pflegt, die er jedoch im Erbfall nicht benachteiligen möchte, dann macht es wenig Sinn, wenn diese Kinder im Erbfall als Mitglieder einer Erbengemeinschaft plötzlich – zusammen mit der aktuellen Ehefrau/Witwe - Miteigentümer des Eigenheims sind, in dem die Witwe lebt. Diese Kinder haben verständlicherweise meist kein Interesse an dem Haus selbst, sondern nur am finanziellen Gegenwert. Sie könnten die Witwe dann zum Verkauf des Eigenheims zwingen. Es wäre daher sachgerecht, diese Kinder testamentarisch von der Erbfolge auszuschließen und ihnen ein Vermächtnis in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils zukommen zu lassen. Auf diese Weise erhalten sie rechnerisch das, was ihnen zusteht, allerdings kann die Witwe dann entscheiden, was mit dem Eigenheim geschieht und mit welchen anderen Mitteln sie gegebenenfalls die Vermächtnisse auszahlen möchte.
Teilungsanordnung
Eine andere Möglichkeit, die Verteilungsprobleme zu minimieren, besteht – unter Inkaufnahme der Erbengemeinschaft – darin, zwar eine Erbquote („die Kinder zu gleichen Teilen“) anzuordnen, dies jedoch mit einer Teilungsanordnung zu verbinden, so dass klar ist, wer was erhalten soll. Auch hier sollte diese Anordnung durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers abgesichert werden.
Die immer wieder in Testamenten zu lesenden Formulierungen, die Kinder sollen das Erbe „gerecht unter sich aufteilen“ und die im Testament ausgedrückte Hoffnung, dass dies „ohne Streit“ geschehen soll, stellen Erwartungen dar, die häufig nicht erfüllt werden. Wenn Sie eine solche Formulierung in Erwägung ziehen, bedeutet das, dass Sie bereits leise Zweifel an der friedlichen Konfliktlösungsfähigkeit Ihrer potentiellen Erben haben. Dann sollten Sie zur Sicherheit lieber professionelle Hilfe bei der Gestaltung eines Testaments in Anspruch nehmen, damit Ihr Vermögen auch den Erben ungeschmälert zukommen kann und nicht für Rechtsstreitigkeiten verwendet werden muss.
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