Strategien zur Schmälerung des Pflichtteils ungeliebter Erben

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In bestimmten Fällen ist aufgrund eines Zerwürfnisses in der Familie von vorne herein absehbar, dass ein Kind nach dem Tode eines Elternteiles seinen Pflichtteil – notfalls gerichtlich - geltend machen wird. Es stellt sich dann die Frage, wie dieser Anspruch durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers oder - als Manöver des letzten Augenblicks – von den Erben nach dem Erbfall geschmälert werden kann.

Da für den Pflichtteil der Wert des Nachlasses zzgl. der vor dem Tode erfolgten Schenkungen des Erblassers maßgeblich ist, muss eine Strategie zur Schmälerung des Pflichtteils eines ungeliebten Erben an der Reduzierung des Nachlasses ansetzen. Dies kann z.B. durch die Schaffung weiterer erbrechtlicher Nachlassverbindlichkeiten erreicht werden. In den nachfolgenden Vorschlägen wird deshalb der Ehegatte des Erblassers entgegen einer lanndläufigen Gerechtigkeitsvorstellung gerade nicht zum Alleinerben eingesetzt. Obwohl im Ergebnis trotzdem eine hohe wirtschaftliche Partizipation des Ehegatten am Nachlass erreicht wird, setzen diese Lösungen daher ein hohes Einverständnis zwischen den übrigen Familienmitgliedern voraus, damit die erbrechtliche Regelung reibungslos umgesetzt werden kann.

Eine Strategie kann darin bestehen, dass der Ehegatte – einverständlich – enterbt wird. Als Pflichtteilsberechtigter hätte er/ sie dann einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8. Darüber hinaus hätte der Ehegatte jedoch einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns, den das Ehepaar während der Ehedauer erwirtschaftet hat. Ebenso wie der Pflichtteil des Ehegatten kann auch sein Anspruch auf Zugewinnausgleich nachlassmindernd abgezogen werden. Die Berechnung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich entspricht dem Prozedere beim güterrechtlichen Ausgleich im Scheidungsfall. Bei langandauernder Ehe und/ oder einseitiger Verteilung des ehelichen Vermögens auf Seiten des Erblassers kann der Zugewinnausgleich ein beträchtliches Ausmaß einnehmen, welches den Nachlaß wirtschaftlich aufzehrt.

Die selbe Situation tritt übrigens auch dann ein, wenn der überlebende Ehegatten seinen testamentarischen oder gesetzlichen Erbteil innerhalb von sechs Wochen nach dem Erbfall ausschlägt (so genannte taktische Ausschlagung). Der Ehegatte hat, wenn genügend Zeit verstrichen ist, immer noch die Möglichkeit, zugunsten der anderen Kinder auf seine Ansprüche zu verzichten, um sich im Gegenzug ein Nießbrauchsrechts am Grundstück einräumen zu lassen.

Eine dritte Alternative zur Nachlassschmälerung kann darin bestehen, die Kinder – bis auf den ungeliebten Pflichtteilsberechtigten – zu Allein- und Vorerben und deren Abkömmlinge als Nacherben einzusetzen sowie zugunsten des Ehegatten ein Vermächtnis auszusetzen. Welchen Weg man letztendlich gehen sollte, hängt allerdings vom Einzelfall ab.

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