Bestellerprinzip: So wehren Sie sich gegen windige Makler

Mehr zum Thema: Experteninterviews, Makler, Maklergebühren, Bestellerprinzip, Mietmakler, Gebühren
4,38 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
8

Maklergebühren, Knebelverträge, Eintritts- oder Besichtigungsgebühren - Das müssen Mieter über die Abzockversuche einiger Mietmakler jetzt wissen

Bei Maklerverträgen über Mietwohnungen gilt mittlerweile das "Bestellerprinzip". Was genau heißt das und wie versuchen schwarze Schafe unter den Maklern, trotzdem noch Geld von Mietern zu bekommen? Rechtsanwältin Karen Petersen stellt sich den Fragen von 123recht.de.

123recht.de: Frau Petersen, seit einem Jahr gilt bei Maklern von Mietwohnungen das Bestellerprinzip. Was genau heißt das?

Rechtsanwältin Petersen: Das Bestellerprinzip erlaubt eine Provisionspflicht des Wohnungssuchenden nur noch ausnahmsweise dann, wenn er dem Makler einen Suchauftrag erteilt hat und dieser nur für den Wohnungssuchenden tätig wird. Das Bestellerprinzip besagt, dass derjenige, der den Makler beauftragt hat, diesen auch bezahlen muss.

Dies ist seit dem 01.06.2015 in § 2 Abs. 1a Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermittG) geregelt. Es gab hier keine Übergangsfrist, so dass dies auch ausnahmslos ab dem 01.06.2015 im gesamten Bundesgebiet gilt.

Anwendung findet das Bestellerprinzip allerdings ausschließlich auf Makler, die den Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume vermitteln. Es gilt nicht für den Kauf von Wohnraum oder Anmietung von Gewerberaum, selbst wenn davon untergeordnete Teile zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen.

Der Wohnungsmaklervertrag wurde gleichzeitig dem Textformerfordernis des § 126b BGB unterworfen. Dies bedeutet, dass alle mündlichen oder gar stillschweigenden Vereinbarungen (bspw. mit dem Vermieter) nichtig sind. Es gibt mithin keine formlosen Vertragsabschlüsse mehr.

Verabredet ein Wohnungsvermittler also mündlich mit dem Vermieter, dass die Courtage von dem zukünftigen Mieter getragen werden muss, hat der Makler gegenüber niemandem einen Anspruch auf Zahlung.

Eine „Doppeltätigkeit" des Maklers für Vermieter und Mieter soll verhindert werden

123recht.de: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Makler legal Provision oder Gebühren von Mietern verlangen?

Rechtsanwältin Petersen: Diese Ausnahme liegt gemäß § 2 Abs. 1a WoVermittG vor, wenn ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrages mit dem Wohnungssuchenden der Auftrag vom Vermieter eingeholt wird, die Wohnung dem Interessenten anzubieten. Der Makler muss also für den Wohnungssuchenden tätig werden und nicht bereits die passende Wohnung „inne" haben. Eine „Doppeltätigkeit" des Maklers - also für Mieter und Vermieter - zu Lasten des Mieters soll so verhindert werden.

123recht.de: Daran halten sich ja nicht alle Makler. Was macht man als Mieter, wenn der Makler Geld haben will?

Rechtsanwältin Petersen: Der Mieter sollte die Zahlung unter Verweis auf § 2 Abs. 1a WoVermittG verweigern. Es darf davon ausgegangen werden, dass mittlerweile jedem Makler die Regelung bekannt ist. Wenn er nicht durch den Wohnungssuchenden beauftragt wurde, hat der Makler keine Chance auf die gerichtliche Durchsetzung der Courtage. Dem Mieter drohen hier keinerlei rechtliche Nachteile.

"Die Unterschrift des Wohnungssuchenden begründet keinen Anspruch des Maklers"

123recht.de: Man kann also alle Gebührenvereinbarungen vor oder bei einer Wohnungsbesichtigung bedenkenlos unterschreiben?

Rechtsanwältin Petersen: Ja. Gemäß § 2 Abs. 5 WoVermittG ist eine gegen § 2 Abs. 1a WoVermittG verstoßende Entgeltabrede unwirksam. Diese Vorschrift soll die Umgehung des Bestellerprinzips verhindern. Die Unterschrift des Wohnungssuchenden begründet also keinen Anspruch des Maklers.

123recht.de: Was ist, wenn der Makler den Mietvertrag nur herausrückt, wenn man vorher eine Provision an ihn zahlt?

Rechtsanwältin Petersen: Sollte man in diese Bedrängnis geraten, sollte nur per Überweisung oder gegen Quittung gezahlt werden, damit der Geldfluss bewiesen werden kann. Ich würde lediglich „unter Vorbehalt" zahlen und den Makler - möglichst vor Zeugen - darauf hinweisen, dass er keinerlei Anspruch aus den o.g. Gründen hat.

Ist der Mietvertrag unterschrieben, kann der ohne Rechtsanspruch gezahlte Betrag nach den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgefordert werden (§ 5 Abs. 1 WoVermittG).

Mieter können geleistete Zahlungen zurückholen

123recht.de: Und bei Mietern, die ohne Vorbehalt eine Provision gezahlt haben und diese nun zurückwollen?

Rechtsanwältin Petersen: Zunächst ist anzumerken, dass Courtagerückforderungen für einen vor dem 01.06.2015 abgeschlossenen Maklervertrag nicht möglich sind. Die neue Regelung darf nicht zurückwirken. In diesem Falle ist durchaus der Makler schutzwürdig, da er sich an das geltende Recht hielt. In allen anderen Fällen kann die Courtage zurückgefordert werden.

Courtagen, die nach dem 01.06.2015 - auch ohne Vorbehalt - gezahlt wurden, können in den nächsten 3 vollen Jahren nach deren Zahlung zurückgefordert werden. Danach wäre der Anspruch auf Rückzahlung verjährt.

Dass „ohne Vorbehalt" gezahlt wurde, steht einem Rückforderungsanspruch also nicht entgegen.

123recht.de: Viele Mieter kuschen und zahlen, um die Wohnung am umkämpften Markt zu bekommen. Andere suchen sich nach einer anderen Wohnung um, wenn sie an einen windigen Makler geraten. Der Makler macht aber einfach so weiter. Sollte man solche Methoden nicht immer anzeigen, an die Öffentlichkeit bringen, dem Makler das Handwerk legen? Was kann man tun?

Rechtsanwältin Petersen: Der Wohnungssuchende kann sich an den Mieterbund, die IHK und den IVD (Immobilienverband) wenden. Im letzteren Falle würde ein Ombudsmann (Vermittler) eingeschaltet werden, der die Angelegenheit rechtlich überprüft und versucht, eine Einigung zu erzielen.

Nach zahlreichen Äußerungen einiger Vorsitzender des IVD würde ich dies jedoch nicht in jedem Bundesland empfehlen, da nach einigen Ansichten 2,38 Nettokaltmieten (als Courtagehöhe) nicht viel seien bzw. der Markt den Anspruchsgegner (also Zahlungspflichtigen) gerecht bestimme und es auch kaum schwarze Schafe unter den Maklern gebe.

"Schon das Verlangen einer Provisionszahlung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar"

123recht.de: Kann das Verhalten des Maklers nicht sonst irgendwie geahndet werden? Hat er sich nicht sogar strafbar gemacht?

Rechtsanwältin Petersen: Ein Verstoß des Maklers kann und sollte bei dem Gewerbeaufsichtsamt vor Ort oder des Landkreises angezeigt werden. Dieses kann sein Verhalten ahnden.

Verstößt der Makler schuldhaft gegen diese Vorschriften, begeht er eine Ordnungswidrigkeit.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WoVermittG kann dies mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 € geahndet werden. Schon das Verlangen einer Provisionszahlung stellt solch eine Ordnungswidrigkeit dar.

123recht.de: Makler erfinden ja mittlerweile auch neuartige Gebühren, die sie von Mietern verlangen. Welche sind bislang bekannt und muss man die zahlen?

Rechtsanwältin Petersen: Es gibt die Aufwandsentschädigung, die Besichtigungsgebühr, die Vermittlungs-, Bearbeitung- oder Mieterwechselgebühr, die Gebühr für die Löschung einer Such- oder Angebotsanzeige u.v.m. Makler sind offenbar recht kreativ.

§ 3 Abs. 3 S. 1 WoVermittG enthält ein allgemeines Verbot, von dem Wohnungssuchenden derartige Nebenvergütungen zu verlangen. Egal, wie man sie benennt.

Typische Maklerleistungen sind nach dem Leitbild des § 652 BGB schon nicht provisionsauslösend. Der Aufwand des Maklers soll ja gerade durch die rechtmäßige Provision abgegolten werden und nicht durch einzeln anfallende Exposéerstellungskosten.

Gegen die so genannte „Eintritts- oder Besichtigungsgebühr" entschied kürzlich das Landgericht Stuttgart (Urt. v. 15.06.2016, Az. 38 O 73/15 KfH und 38 O 10/16 KfH), auch wenn sich der Makler als Dienstleister bezeichnete und eben nicht als Wohnungsvermittler. Er ließ sich für die Besichtigungstermine 35 € „Eintrittsgeld" auszahlen. Dies wurde ihm nun untersagt.

Nach § 4a Abs. 1 WoVermittG sind überdies auch Abreden, nach denen der Wohnungssuchende Räumungsentgelte für den Auszug des bisherigen Mieters zu zahlen hat, unwirksam.

Knebelverträgen: Makler trägt die Beweislast

123recht.de: Was ist mit Knebelverträgen? Ich werde durch eine Annonce auf eine Wohnung aufmerksam und der Makler des Vermieters verlangt, dass ich ihn mit der Wohnungssuche beauftrage, um auch von mir dann Provision zu kassieren...

Rechtsanwältin Petersen: Normzweck der Neuregelung ist unter anderem, dass dem Wohnungssuchenden keine Zahlungspflicht auferlegt werden kann, wenn der Vermieter einen Maklerauftrag erteilt hat. Der Wohnungsmakler darf also zeitlich erst nach dem vom Wohnungssuchenden erteilten Maklerauftrag die nach § 6 Abs. 1 WoVermittG gebotenen Zustimmung des Vermieters zum Anbieten der Wohnung einholen. Gibt der Vermieter vorher schon den Auftrag, nach Mietern zu suchen, kommt eine wirksame Verpflichtung eines Wohnungssuchenden zur Zahlung einer Courtage nicht mehr in Betracht.

Der Mieter darf grundsätzlich von einem Auftrag vom Vermieter an den Makler ausgehen, wenn die Wohnung durch den Makler in Onlineforen oder in Zeitungsanzeigen veröffentlicht ist. Ein Exklusivverhältnis für den Mieter scheidet hier von vorn herein aus, so dass es keinen Courtageanspruch gegen den Mieter geben kann.

123recht.de: Also müsste der Makler beweisen, dass ich die Wohnung erst nach Beauftragung durch ihn gefunden habe. Wie wird er das versuchen? Kann ich mich absichern?

Rechtsanwältin Petersen: Nach § 2 Abs. 1a WoVermittG trägt der Makler die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen einer Zahlungsforderung gegen den Wohnungssuchenden. Er muss den Vertragsabschluss und auch die Ausschließlichkeit seiner Tätigkeit nachweisen.

Der Makler könnte versuchen, die Neuregelungen in seinen AGB abzuändern, was jedoch in einem Gerichtsverfahren keinen Bestand hätte, da die Beweislastregelung nicht dispositiv, sondern zwingendes Recht ist. Das Gesetz schränkt den Grundsatz der Vertragsfreiheit deutlich zugunsten des Verbraucherschutzes ein. Der Makler kann auch keine Individualvereinbarung mit dem Wohnungssuchenden treffen, um so die Kosten auf ihn abzuwälzen.

Es ist zu empfehlen, die Korrespondenz mit dem Makler zu speichern und auszudrucken und z.B. Screenshots von dem Angebot der Wohnung zu machen. Zwar trägt der Wohnungssuchende nicht die Beweislast, doch könnte der Makler mit gegenteiligen Aussagen vom Vermieter oder Mitarbeitern argumentieren. Dies müsste ggf. widerlegt werden können.

Es gibt gewucherte Abstandszahlungen, um die Maklercourtage auszugleichen, Mieterhöhungen und Kleingedrucktes

123recht.de: Sind Ihnen noch weitere Methoden bekannt, mit denen Makler versuchen, Geld von Mietern zu bekommen?

Rechtsanwältin Petersen: Es gibt Vereinbarungen über gewucherte Abstandszahlungen für Küchen, gebrauchte Möbel und Teppiche, um die Maklercourtage, die der Vermieter zahlen musste, auszugleichen.

Vereinbarungen, wegen derer der Mieter Einrichtungsgegenstände vom Vermieter oder Vormieter gegen ein Entgelt zu übernehmen hat, das in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert der Gegenstände steht, verstoßen gegen § 4a Abs. 2 WoVermittG und sind ebenfalls (zumindest teilweise) unwirksam.

Ebenso ist es dem Vermieter trotz (regionaler) Mietpreisbremse möglich, eine höhere Miete zu verlangen und die „Abzahlung" durch Mindestvertragslaufzeiten der Mietverträge zu sichern.

Es gibt auch Fälle, bei denen sich im Kleingedruckten eine versteckte Erteilung eines Suchauftrages befindet, die bestätigt wird, wenn sich ein Wohnungssuchender auf eine veröffentlichte Wohnungsanzeige meldet. Diese Wohnung ist dann bereits vergeben und der Makler bietet andere, passende Objekte an.

Ebenso wird versucht, den Maklervertrag in Dienstleistungssuchauftrag, Gesellschaftsvertrag oder Wohnungsbesorgungsvertrag umzubenennen, damit das Wohnungsvermittlungsgesetz nicht anwendbar ist. Die Bezeichnung des Vertrages ist jedoch ohne Belang. Solange der Abschluss von Mietverträgen vermittelt wird, ist der „dienstleistende Makler" Wohnungsvermittler gemäß § 1 Abs. 1 WoVermittG und die Vorschriften finden Anwendung.

Interessant fand ich das Argument einer Maklerin - mir persönlich gegenüber - als ich eine Wohnung besichtigte. Ich fragte, warum ich hier in den Räumen einen Suchauftrag unterschreiben solle (ich hatte die Wohnung selbst im Internet gefunden und war bei einer Besichtigung mit fünf anderen Interessenten). Ihre Antwort: „Wir müssen ja auch von irgendetwas leben, sonst können wir zu machen". Verkannt wird ganz offensichtlich die Tatsache, dass bei ordnungs- und rechtmäßiger Beauftragung ein Courtageanspruch gegen den Vermieter besteht. Nein - sie tat mir nicht leid.

123recht.de: Das Bestellerprinzip gilt nur bei Miete, nicht beim Kauf. Warum können Makler von Immobilienkäufern weiterhin hohe Provisionen fordern, obwohl sie auch hier im Auftrag des Verkäufers handeln?

Rechtsanwältin Petersen: Eine analoge Anwendung der Vorschriften des Wohnungsvermittlungsgesetzes für den Kauf scheidet aus. Zu beachten ist der Schutzzweck der Norm: Das eingeführte Bestellerprinzip dient dem Schutz der Wohnungssuchenden vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen. Es gibt ein Missverhältnis zwischen dem Angebot an - bezahlbaren und gut gelegenen - Wohnungen und Mietinteressenten. Dies verursacht eine Zwangslage des Wohnungssuchenden, die beseitigt werden sollte.

Verfassungsbeschwerden von Maklern gegen das Bestellerprinzip anhängig

123recht.de: Was halten Sie von den Bedenken, das Bestellerprinzip auch beim Kauf einzuführen?

Rechtsanwältin Petersen: Völlig berechtigt. Menschlich gesehen finde ich es vollkommen richtig, dass derjenige, der sich seinen Vertragspartner (den Makler) aussuchen kann, ihn auch bezahlen muss. Der Käufer ist in diesem Fall ja immer auf die Auswahl des Verkäufers angewiesen. Noch mehr tut wohl eine Courtage (hier gut 7 % des Kaufpreises) an einen vielleicht auch mal unsympathischen oder „faulen" Makler weh.

Dennoch wird eine Regelung - wie im Wohnungsvermittlungsgesetz - nichts ändern. Es gibt hier keine ähnliche Regelung wie die Mietpreisbremse. Der Verkäufer würde den veranschlagten Kaufpreis einfach um Provisionszahlung erhöhen. Wer will ihm das wie beweisen?!

123recht.de: Wird das Bestellerprinzip beim Kauf irgendwann kommen?

Rechtsanwältin Petersen: Es sind bereits Verfassungsbeschwerden verschiedener Makler gegen das Bestellerprinzip bei Mietwohnungsangelegenheiten eingereicht worden. Es verstoße gegen die Berufs- und Eigentumsfreiheit, gegen die Vertragsfreiheit und den Gleichheitssatz. Möglicherweise werden die Rechtsprechungen zur modifizierten Anwendung des neugefassten Wohnungsvermittlungsgesetzes führen. Dies bleibt jedoch abzuwarten.

Wenn viele noch offene Fragen zur Rechtsprechung in geraumer Zeit geklärt sind, lässt sich vielleicht ein positiverer Ausblick wagen. Heute möchte ich die Frage zunächst mit einem klaren „vielleicht" beantworten.

123recht.de: Vielen Dank!

Das könnte Sie auch interessieren
Vertragsrecht Maklergebühren? Nein danke - Bestellerprinzip!