Bitcoin und Steuer

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Müssen Gewinne aus Kryptowährungen versteuert werden?

Was für die Mehrheit ein Buch mit sieben Siegeln ist, ist für andere eine spannende Technologie und Investition. Was aber passiert, wenn Bitcoin und andere Kryptowährungen steigende Kurse verzeichnen - muss man die Gewinne daraus versteuern, und wenn ja, wann? 123recht.de sprach mit Rechtsanwalt Dr. Christian Fuchs über Crypto und die steuerlichen Auswirkungen.

“Es gibt gute Argumente, eine Steuerpflicht zu verneinen.“

123recht.de: Herr Dr. Fuchs, müssen Gewinne aus Bitcoins versteuert werden?

Christian Fuchs
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Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Steuerrecht
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Verkehrsrecht, Strafrecht, Erbschaftssteuerrecht
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Dr. Fuchs: Nach   Ansicht   der   Finanzverwaltung   sind   Gewinne   aus   Bitcoin-Geschäften   zu versteuern.

Die meisten Finanzbehörden behandeln Geschäfte mit Kryptowährungen ähnlich wie Devisengeschäfte   und   wenden   die   gleichen   Grundsätze   an,   die   für Fremdwährungsgeschäfte gelten. Kursgewinne aus klassischen Währungsgeschäften stellen nach Ansicht des Bundesfinanzhofs steuerbare Spekulationsgeschäfte dar.

Dies wird allerdings mitunter in der steuerrechtlichen Literatur und neuerdings auch von Gerichten in Frage gestellt.

Stand heute existieren zwei Gerichtsentscheidungen (FG Baden-Württemberg, FG Nürnberg)   die   Zweifel   an   der   Besteuerungsmöglichkeiten   haben   und   eine Entscheidung (FG Berlin-Brandenburg), die eine Besteuerungsmöglichkeit bejaht. Alle Entscheidungen   erfolgten   im   Eilverfahren,   d.h.   die   Gerichte   haben   sich   nur summarisch mit den Fragestellungen beschäftigt, ohne sich in der Tiefe mit den technischen Fragen auseinanderzusetzen.

Eine höchstrichterliche Rechtsprechung (Bundesfinanzhof) existiert bis dato nicht.

Von Seiten des Bundesministerium der Finanzen gibt es nur eine Anweisung an die Finanzämter, wie umsatzsteuerrechtlich mit dieser Thematik zu verfahren ist. Zur ertragsteuerlichen Seite, also z.B. zur Einkommensteuer, gibt es derzeit kein solches Schreiben des BMF, sondern nur vereinzelte Anweisungen auf Länderebene (z.B. der Oberfinanzdirektion NRW).

Angesichts der unklaren Rechtslage lohnt es sich also in jedem Fall, etwaige Steuerbescheide mit dem Einspruch anzufechten. Es gibt gute Argumente, eine Steuerpflicht zu verneinen.

123recht.de: Folgen Sie der Auffassung der Finanzverwaltung? Was wären Argumente gegen eine Steuerpflicht?

Dr. Fuchs: So hat bspw. das Finanzgericht Nürnberg vor kurzem entschieden, dass es in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und des BFH nicht geklärt ist, ob eine konkrete Kryptowährung ein Wirtschaftsgut darstellt und ihr An- und Verkauf nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG einen Besteuerungstatbestand erfüllen kann. Oftmals besteht das Problem darin, dass sich die Finanzbehörden mit der konkreten Technologie hinter den Kryptowährungen (z.B. der Funktionsweise der Blockchain) nicht auseinandersetzen und diese auch nicht verstehen. Die Verwendung von analogen Begriffen wie Geldbörse (Wallet), Währung oder Ähnlichem für die Beschreibung virtueller Vorgänge führt zudem oft zu Missverständnissen und der Anwendung falscher Rechtsfolgen.

123recht.de: Was wird denn als gesetzliche Grundlage für eine Steuerpflicht herangezogen?

Dr. Fuchs: Derzeit existiert keine spezialgesetzliche Grundlage für die Besteuerung von Gewinnen aus Geschäften mit Bitcoin und Co.

Die Finanzverwaltung stützt sich auf § 23 Abs. 1 S. 1 Nr . 2 S. 1 EStG und ordnet die Kryptowährungen als „anderes Wirtschaftsgut” im Sinne dieser Vorschrift ein. Grundsätzlich werden hier von den Finanzbehörden alle Geschäfte mit Vermögenswerten eingeordnet, ohne dass man hier eine weitere Differenzierung vornimmt.

Mining ist nach § 15 EStG zu versteuern

123recht.de: Gilt das generell für alle Kryptowährungen?

Dr. Fuchs: Es gilt zumindest für Transaktionen von Kryptowährungen. Die Finanzverwaltung macht sich nicht die Mühe, sich mit der technischen Seite der Kryptowährungen auseinanderzusetzen, um einen konkreten Besteuerungstatbestand herauszufiltern.

Es ist daher nicht zu erwarten, dass die Finanzämter eine Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Währungen vornehmen werden, also z.B. Geschäfte mit Bitcoins für steuerpflichtig zu halten, solche mit Ethereum aber nicht.

Anders dürfte aber z.B. das Mining anzusehen sein. Hierunter verstehen wir das „Schürfen von Bitcoins” bzw. das Aufzeichnen von Transaktionen in einem Block und die Hinzufügung dieser Blocks zur Blockchain. Wenn dies – wie üblich – zur Einnahmenerzielung gemacht wird, dann dürfte seitens der Finanzämter eine Besteuerung der Mining-Gewinne nach § 15 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) vorgenommen werden.

123recht.de: Ich kaufe Bitcoins und die liegen irgendwo in einer digitalen Wallet. Der Kurs geht auf und ab. Wann fallen Steuern an?

Dr. Fuchs: Zunächst einmal ist zu beachten, dass der Begriff Wallet oft missverstanden wird. Eine digitale Wallet ist nicht gleichzusetzen mit einem klassischen Geldbeutel in der analogen Welt. Die digitale Wallet dient zunächst dazu, Passwörter (Private Keys) zu speichern, mit denen eine Bitcointransaktion angestoßen werden kann. Diese Passwörter können entweder digital auf einem PC gespeichert werden oder auch auf einem Zettel aufgeschrieben (Paper Wallet) oder schlicht gemerkt werden (Brain Wallet).

Die Bitcoins liegen also nicht in einer Wallet, wie man es sich bei Giralgeld in dem eigenen Portemonnaie vorstellt. Die Wallet ist eher Mittel zum Zweck bei der Transaktion von Kryptowährungen. Anknüpfungspunkt für die Besteuerung ist nach Ansicht der Finanzverwaltung der Kauf, Verkauf oder Umtausch der Kryptowährungen.

“Es besteht steuerrechtlich kein Unterschied, ob ich meine Bitcoins in EUR oder in Altcoins umtausche.“

123recht.de: Ok. Apropos Umtausch - was ist, wenn ich mit den Bitcoins andere Coins kaufe? Mal konkret an einem Beispiel: Jemand kauft Bitcoins und davon dann unterschiedliche Altcoins.

Dr. Fuchs: Der Umtausch in andere Kryptowährungen stellt nach Ansicht der Finanzverwaltung eine Realisierung der Gewinne dar. Es besteht also steuerrechtlich kein Unterschied, ob ich meine Bitcoins in EUR oder in Altcoins umtausche. Eine andere Frage ist, wie man den Gewinn dann berechnet. Man müsste meines Erachtens den Stand der Kryptowährung zum Umtauschzeitpunkt heranziehen.

123recht.de: Spielen wir das mal durch: Ein Coin, z.B. Ethereum, macht Gewinne, andere Verluste. Wann muss man die Gewinne von Ethereum versteuern, und wie berechnet man in diesem Fall den Gewinn genau?

Dr. Fuchs: Allein die Veränderung der Tageskurse der Coins löst noch keinen Gewinn oder Verlust aus, sondern erst die Realisierung, also der Verkauf oder Umtausch mit Gewinn oder Verlust.

Hierbei ist auch zu beachten, dass § 23 EStG Haltefristen (z.B. 1 Jahr bei § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, denkbar auch: 10 Jahre nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4) vorsieht.

Hat man die Coins länger als die gesetzliche Haltefrist in Besitz, fallen keine Steuern auf die Gewinne an, spiegelbildlich kann man auch die Verluste nicht geltend machen.

Gewinne und Verluste aus Veräußerungsgeschäften, die innerhalb der Haltefristen erfolgen, können miteinander saldiert werden.

123recht.de: Alles ist digital - Wie kann man den Gewinn oder Verlust gegenüber dem Finanzamt denn belegen?

Dr. Fuchs: Nach Ansicht des Finanzgerichts Nürnberg hat das Finanzamt bei der Ermittlung eines evtl. steuerpflichtigen Gewinns aus dem An- und Verkauf von Kryptowährungen den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu überprüfen.

Faktisch werden sich die Finanzämter aber zunächst der Angaben des Steuerpflichtigen bedienen und ggf. auf öffentlich zugängliche Informationen (Internet) über den Stand von Kryptowährungen zu bestimmten Zeitpunkten zurückgreifen.

Der Steuerpflichtige wird sich ebenfalls bei der Gewinnermittlung an den Kursen der Kryptowährungen im Internet orientieren. Es kann z.B. mit einem Screenshot der relevante Tageskurs dem Finanzamt dargelegt werden.

Auch der Tausch von Bitcoin gegen Ware ist eine Gewinnrealisierung

123recht.de: Mit Bitcoins kann man ja auch Waren oder Dienstleistungen bezahlen. Wie wirkt sich das auf die Steuern aus?

Dr. Fuchs: Auch in diesem Fall würde die Finanzverwaltung wohl eine Gewinnrealisierung annehmen. Begründen ließe sich dies z.B. mit Verweis auf § 6 Abs. 6 EStG. Demnach führt auch ein Tausch (hier: Bitcoin gegen Ware) zur Gewinnrealisierung.

Dies ist – wenn man grundlegenden Auffassung der Finanzverwaltung zur Steuerpflicht folgt – auch logisch, da sich mit dem Kauf einer Ware mit Kryptocoins der Kursgewinn oder -verlust des jeweiligen Coins realisiert.

123recht.de: Vielen Dank für das informative Gespräch.

Dr. Christian Fuchs

Rechtsanwalt
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