Das Umgangsrecht des Kindes nach Trennung der Eltern

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Kindeswille, Kindeswohl, Kosten - was Eltern beim Umgang beachten müssen

Eine Trennung allein bringt schon viele Probleme mit sich. Besonders heikel wird es aber, wenn auch Kinder involviert sind. Unumgänglich ist nach erfolgter Trennung dann die Regelung des Umgangs. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Steffan Schwerin erklärt im Interview mit 123recht.de, was es mit dem Umgangsrecht auf sich hat.

123recht.de: Herr Schwerin, was ist Umgang und welche Aufgabe hat das Umgangsrecht?

Steffan Schwerin
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Rechtsanwalt Schwerin: Umgang an sich ist nicht definiert. Umgang meint so etwas wie Besuch und Kontakt. Wenn sich Eltern trennen, wird das Kind in der Regel bei einem Elternteil schwerpunktmäßig wohnen. Um den Kontakt zu dem anderen Elternteil zu halten, gibt es das Umgangsrecht. Nach § 1684 BGB haben das Kind und das entsprechende Elternteil gegenseitig das Recht, aber mitunter auch die Pflicht, Umgang miteinander wahrzunehmen.

123recht.de: Ist es also ein Bestandteil des Sorgerechts?

Rechtsanwalt Schwerin: Jein. Das Umgangsrecht an sich ist kein Bestandteil des Sorgerechts. Allerdings ist die Entscheidungsbefugnis über den Umgang mit dem Sorgerecht verwebt.

"In erster Linie muss man Vater oder Mutter des Kindes sein"

123recht.de: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man Umgang mit einem Kind haben kann?

Rechtsanwalt Schwerin: In erster Linie muss man Vater oder Mutter oder eine sonstige Bezugsperson des Kindes sein. Es gibt ansonsten keine zwingenden Vorgaben, die erfüllt werden müssen.

123recht.de: Wann kann das Umgangsrecht verweigert werden?

Rechtsanwalt Schwerin: Stichwort ist hier immer das Kindeswohl. Sobald das Kindeswohl gefährdet ist, kann der Umgang verweigert werden.

123recht.de: Häufig hört man, dass insbesondere Vätern der Umgang mit dem Kind erschwert wird. Ist das korrekt?

Rechtsanwalt Schwerin: Es ist in der Tat noch häufig so, dass die Kinder bei der Mutter leben und der Vater Umgang hat. In nicht wenigen Fällen erschweren die Mütter den Vätern den Umgang – ob bewusst oder unbewusst. Es gibt aber auch genügend Väter, die sich schwer tun und umgekehrt den Umgang erschweren.

Bei anhaltendem Streit, hilft nur der Gang zum Familiengericht

123recht.de: Welche Möglichkeiten haben Mütter oder Väter, um Umgangsrecht zu bekommen, wenn ein Elternteil den Umgang verweigert?

Rechtsanwalt Schwerin: Wenn man mit Gesprächen nicht weiterkommt und auch das Jugendamt oder Beratungsstellen keine Option (mehr) sind, bleibt nur der Weg über das Familiengericht.

123recht.de: Ist nicht allein das Kindeswohl entscheidend, sodass der Vater oder die Mutter gar nichts fordern können?

Rechtsanwalt Schwerin: Das Kindeswohl ist nicht allein entscheidend. Auch der Kindeswille spielt – je nach Alter des Kindes – eine nicht unerhebliche Rolle.

Gegen den Kindeswillen kann kein Umgang erzwungen werden

123recht.de: Was ist, wenn das Kind keinen Umgang mit einem Elternteil haben will?

Rechtsanwalt Schwerin: Wenn das insbesondere der autonome Kindeswille ist, kann auf dieser Basis kein Umgang erzwungen werden.

123recht.de: Kann man umgekehrt einen Elternteil dazu zwingen, das Umgangsrecht mit einem Kind wahrzunehmen?

Rechtsanwalt Schwerin: Ja, das kann man streng juristisch genommen machen. Das Gericht kann einen Umgang festlegen und auch regeln, dass ein Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft drohen, wenn sich nicht an die Umgangsregelung gehalten wird.

123recht.de: Das Gericht hat einem Elternteil den Umgang gestattet, trotzdem weigert sich der andere Elternteil... Was dann?

Rechtsanwalt Schwerin: Wenn die Umgangsvereinbarung es hergibt, kann man nach § 89 FamFG daraus einen Antrag auf Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft stellen.

"Verbindlich festlegen kann den Umgang am Ende nur das Familiengericht"

123recht.de: Gibt es gängige Umgangsregelungen? Wie oft und lange darf man sein Kind sehen? Wer legt das fest?

Rechtsanwalt Schwerin: Als bekanntes Modell wird Umgang so geregelt, dass das Kind alle 14 Tage am Wochenende, meist von Freitag bis Sonntag oder Montag, zum anderen Elternteil geht. Die Feiertage und Ferien teilt man sich auf. Verbindlich festlegen kann das am Ende aber nur das Familiengericht.

Die Kosten des Umgangs trägt normalerweise der umgangsberechtigte Elternteil

123recht.de: Wie steht es mit den Kosten des Umgangs aus, z.B. Fahrtkosten? Wer hat diese zu tragen?

Rechtsanwalt Schwerin: Die Kosten des Umgangs hat grundsätzlich der umgangsberechtigte Elternteil zu tragen, also der Elternteil, dem Umgang mit dem Kind gewährt wird. Man kann sich aber auch darüber verständigen, Kosten zu teilen. Unter Umständen kann auch das Jobcenter, wenn das Elternteil Leistungsbezieher ist, solche Kosten übernehmen.

123recht.de: Das Kind fährt im Rahmen des Umgangsrecht mit einem Elternteil in die Ferien. Kann man in dieser Zeit den Unterhalt kürzen oder einstellen?

Rechtsanwalt Schwerin: Nein, man kann den Unterhalt nicht einstellen oder kürzen. Denkbar wäre dies nur, wenn das Kind zur Kur ist und das betreuende Elternteil in dieser Zeit keine Kosten hat.

123recht.de: Gibt es Besonderheiten beim Umgangsrecht, wenn das Kind in eine Pflegefamilie kommt?

Rechtsanwalt Schwerin: Wenn das Kind in einer Pflegefamilie lebt, erfolgen die Absprachen zum Umgang mit den leiblichen Eltern oder ggf. Großeltern über das Jugendamt. Ob es überhaupt Umgang zu den leiblichen Eltern gibt, hängt davon ab, warum das Kind in die Pflegefamilie gegeben werden musste. Wenn es nur eine vorübergehende Maßnahme ist, wird Umgang zur Anbahnung der Rückführung erfolgen.

123recht.de: Gibt es ein Umgangsrecht auch für Großeltern?

Rechtsanwalt Schwerin: Ja, nach § 1685 BGB gibt es auch ein Umgangsrecht für andere Bezugspersonen, was Großeltern oder nach Trennung Stiefelternteile sein können.

123recht.de: Was haben biologische Väter für Rechte bezüglich des Umgangs, wenn das Kind aus einer Affäre mit einer verheirateten Frau stammt?

Rechtsanwalt Schwerin: Über § 1686 a BGB kann auch der rein biologische, aber nicht rechtliche Vater, ein Umgangsrecht mit „seinem" Kind haben. Rechtlicher Vater ist ja automatisch der Ehemann.

123recht.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Steffan Schwerin
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

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