Die Gehaltspfändung beim Schuldner
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Gehaltspfändung, Schuldner, Einkommen, Geldforderungen, Gehalt, pfändungsfreie, BeträgeWas müssen Schuldner und Gläubiger beachten?
Gehaltspfändungen sind ein gängiges rechtliches Instrument, um Geldforderungen bei säumigen Schuldnern durchzusetzen. Dabei wird direkt auf das Einkommen des Schuldners zugegriffen. Im Folgenden beleuchten wir zusammen mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Volkan Ulukaya die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Was ist eine Gehaltspfändung?
123recht.de: Herr Ulukaya, könnten Sie zunächst kurz erläutern, was es mit einer Gehaltspfändung auf sich hat?


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Rechtsanwalt Ulukaya: Eine Gehalts- oder Lohnpfändung ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die ein Gläubiger gegen einen Schuldner (hier der/die Arbeitnehmer/in) in die Wege leiten kann. Der Gläubiger kann mittels eines gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses direkt auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugreifen. Der Arbeitgeber muss dann Teile des Gehalts direkt an den Gläubiger überweisen.
Voraussetzungen für eine Gehaltspfändung
123recht.de: Unter welchen Voraussetzungen kann eine Gehaltspfändung angeordnet werden?
Rechtsanwalt Ulukaya: Dafür ist zunächst ein vollstreckbarer Titel notwendig, also z.B. ein Urteil, das zumindest vorläufig vollstreckbar ist. Der Gläubiger kann dann einen sog. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim zuständigen Gericht erwirken und die Forderung dann mittels Gehaltspfändung direkt beim Arbeitgeber des Schuldners einfordern. Die Forderung darf jedoch bei Vollstreckung noch nicht vollständig beglichen sein, sonst könnte man sich schadensersatzpflichtig machen. Deshalb sollte man sich lieber frühzeitig an einen/eine Rechtsanwalt/Rechtsanwältin wenden, um Risiken für sich selbst zu vermeiden.
Pfändungsfreie Beträge
123recht.de: Wie verhält es sich mit den pfändungsfreien Beträgen? Kann das gesamte Gehalt gepfändet werden?
Rechtsanwalt Ulukaya: Nein, das Gehalt kann in der Regel nicht vollständig gepfändet werden. Die gesetzliche geregelten Pfändungsfreibeträge garantieren dem Schuldner ein Minimum an Netto-Einkommen, mit dem der Lebensunterhalt bestritten werden kann. Dies bedeutet, dass nur der Teil an Einkommen pfändbar ist, der die Pfändungsfreibeträge überschreitet. Diese Beträge werden jährlich angepasst und liegen aktuell (Stand Juni 2025) z.B. bei einem unverheirateten, kinderlosen Schuldner bei 1.499,99€ netto.
Rolle des Arbeitgebers
123recht.de: Welche Rolle spielt dabei der Arbeitgeber?
Rechtsanwalt Ulukaya: Der Arbeitgeber muss einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entgegennehmen und die Gehaltspfändung korrekt durchführen. Es kann in Einzelfällen zulässig sein, dem Schuldner die administrativen Kosten für diese Maßnahmen in Rechnung zu stellen, jedoch gibt es hier rechtliche Grenzen zu beachten, Arbeitgeber sollten sich daher anwaltlich beraten lassen, bevor Sie dies tun. Es ist nicht zulässig, einen Teil des gepfändeten Betrags einzubehalten, dieser muss komplett an den Gläubiger überwiesen werden. Dabei muss der Arbeitgeber aber den Beschäftigtendatenschutz beachten und darf keine personenbezogenen Daten erheben, verarbeiten oder weitergeben, die für eine Gehaltspfändung nicht erforderlich sind.
Handlungsmöglichkeiten des Schuldners
123recht.de: Was kann ein Schuldner tun, wenn er von einer Gehaltspfändung erfährt? Gibt es rechtliche Möglichkeiten, sich zu wehren?
Rechtsanwalt Ulukaya: Ja, es gibt Rechtsmittel gegen die Vollstreckung. Da wäre zunächst die sog. Erinnerung, mit der verschiedene Formfehler geltend gemacht werden können. Auch für Arbeitgeber dürfte der Widerspruch interessant sein, wenn dieser selbst (Rückforderungs-)Ansprüche gegen seinen Arbeitnehmer hat und erfolgreich behaupten kann, dass ihm ein Teil des pfändbaren Einkommens zusteht und nicht dem Gläubiger, der die Gehaltspfändung betreibt.
Der Schuldner selbst kann auch einen sog. Vollstreckungsschutz beim zuständigen Gericht beantragen, wenn die Zwangsvollstreckung zu einer unzumutbaren Härte führen würde (z.B. weil dem Schuldner die Obdachlosigkeit droht). Ob das Gericht einen Vollstreckungsschutz erlässt, hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Dauer einer Gehaltspfändung
123recht.de: Wie lange dauert eine Gehaltspfändung in der Praxis?
Rechtsanwalt Ulukaya: Das kann man pauschal nicht beantworten. Bis tatsächlich das Gehalt gepfändet werden kann, sind in der Regel mehrere Wochen – in manchen Fällen aber auch Monate – ins Land gegangen.
Gehaltspfändung und andere Einkünfte
123recht.de: Ist eine Gehaltspfändung nur beim laufenden Gehalt möglich oder auch bei anderen Einkünften?
Rechtsanwalt Ulukaya: Auch in andere Einkommensarten (z.B. Mieteinnahmen oder Einkünfte aus einer selbstständigen Nebentätigkeit, etc.) sind grundsätzlich pfändbar, wenn die Einkünfte zweifelsfrei dem Schuldner zugeordnet werden können. Sofern die Einkünfte auch unbeteiligten Dritten zustehen, wäre dies ein Hindernis für eine Gehaltspfändung.
Bestimmte Teile des Einkommens sind gesetzlich vor einer Pfändung geschützt, dazu zählen u.a. die Hälfte der Mehrarbeits- und Überstundenvergütung, bestimmte Erschwernis-/oder Gefahrenzulagen, teilweise Weihnachtsgelder, Aufwandsentschädigungen, uvm.
Tipps zur Vermeidung von Gehaltspfändungen
123recht.de: Haben Sie abschließend einen Rat, was Schuldner tun können, um Gehaltspfändungen zu vermeiden?
Rechtsanwalt Ulukaya: Natürlich wäre es empfehlenswert, sich frühzeitig Beratung und Unterstützung zu suchen, bevor es zu einer Gehaltspfändung kommt. Hierfür stehen v.a. die teils ehrenamtlich tätigen Schuldnerberatungen zur Verfügung. In einigen Fällen kann auch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit den Gläubigern getroffen werden oder durch ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) ein Mindestschutz errichtet werden. In einigen Fällen kann auch eine Privatinsolvenz ein Ausweg sein. Das Wichtigste ist, dass man aktiv wird und es nicht bis zum Äußersten kommen lässt.
123recht.de: vielen Dank für das informative Gespräch
-Rechtsanwalt Volkan Ulukaya-
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