Die Hausordnung des Vermieters

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Was regelt die Hausordnung und für wen gilt sie?

Jeder kennt das: Man zieht in eine Wohnung und zusammen mit dem Mietvertrag präsentiert der Vermieter gleich die Hausordnung. Muss ich mich daran überhaupt halten und was passiert, wenn ich die Hausordnung ignoriere? Rechtsanwältin Stephanie Guhrenz erläutert im Interview mit 123recht.de, was es bei der Hausordnung zu beachten gibt.

Die Hausordnung dient der Wahrung des Hausfriedens

123recht.de: Frau Guhrenz, welchen Zweck verfolgt die Hausordnung und was regelt sie?

Rechtsanwältin Guhrenz: Eine Hausordnung konkretisiert die Bedingungen, zu denen die Mietwohnung und die gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Gemeinschaftsräume und Flächen genutzt werden dürfen. Meistens regelt eine Hausordnung Fragen der allgemeinen Rücksichtnahme, um den Hausfrieden zu wahren und allen Mietern einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung zu ermöglichen.

Häufige Regelungspunkte, mit denen sich auch die Rechtsprechung schon auseinandersetzen musste, sind:

  • Kehrwoche und Winterdienst;
  • Aufbau von Waschmaschinen und Geschirrspülern in der Wohnung oder - soweit vorhanden - in einer Waschküche;
  • Haustierhaltung;
  • Abstellen von Fahrrädern, Kinderwägen, Kinderspielzeug in gemeinsam genutzten Räumen;
  • Mittags- und Nachtruhezeiten, dies wird insbesondere dann wichtig, wenn man ein Musikinstrument spielt und dies auch zu Hause üben möchte;
  • Rauchen in der Mietwohnung oder den gemeinschaftlich genutzten Räumen;
  • Grillen auf dem eigenen Balkon oder im gemeinsamen Hinterhof und Montage von Satellitenschüsseln und Parabolantennen.

123recht.de: Gilt die Hausordnung nur zwischen Vermieter und Mieter oder auch zwischen den Mietern untereinander?

Rechtsanwältin Guhrenz: Die Hausordnung gilt, wie alle Verträge und Vertragsergänzungen, zunächst nur zwischen den Vertragsparteien, d.h. dem Mieter und dem Vermieter. Allerdings haben die Mieter untereinander das Recht und auch die Pflicht, die Wohnung vertragsgemäß zu nutzen. Für die Mieter ergibt sich aus der Hausordnung ein gegeneinander gerichteter Anspruch, den durch die Hausordnung konkretisierten vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung und der gemeinsam genutzten Räume und Flächen zu dulden:

Wenn mein Nachbar in der Wohnung über mir nachmittags von 17 Uhr bis abends 18 Uhr Klavier übt und die Hausordnung in diesem Zeitraum keine Ruhezeiten vorsieht, muss ich das im Regelfall so hinnehmen, weil der Nachbar die Hausordnung einhält und 1-stündiges Musizieren auch noch sozial akzeptabel ist. Umgekehrt darf mein Nachbar nicht während der in der Hausordnung vorgesehenen Ruhezeiten einfach Klavier spielen.

Verstöße durch Gäste können unangenehme Folgen haben

123recht.de: Und was ist mit Gästen?

Rechtsanwältin Guhrenz: Der Mieter der Wohnung muss sicherstellen, dass auch seine Gäste die Wohnung und die Gemeinschaftsräume und -flächen nur vertragsgemäß nutzen, d.h. auch die Hausordnung einhalten. Sinnvoll ist es, dass der Mieter seine Gäste einmal darauf hinweist, ob es besondere Ruhezeiten gibt und was im Haus allgemein erlaubt ist und was nicht.

Halten sich die Gäste des Mieters nicht an die Hausordnung, wird dies regelmäßig zu Beschwerden der Mitmieter führen, die nicht dazu verpflichtet sind, die Verletzungen der Hausordnung zu dulden. Häufen sich diese Beschwerden beim Vermieter, kann dieser eine Abmahnung erteilen und bei wiederholten Verstößen auch kündigen.

Wird man bei den ersten Beschwerden noch sagen können, dass es einem Leid tut und dass die Gäste die Hausordnung nicht kannten, wird dies bei häufigen und wiederholenden Beschwerden wegen der Störungen durch die eigenen Gäste nicht mehr der Fall sein, sodass man in das Risiko läuft, die Wohnung zu verlieren.

Außerdem besteht die Gefahr, dass ein anderer Mieter des Hauses wegen Verstößen gegen die Hausordnung die Miete mindert, wenn sich aus den Verstößen Einschränkungen der Nutzbarkeit der Mietsache ergeben. Hier kann der Vermieter ggf. den Minderungsbetrag als Schaden gegenüber dem Mieter geltend machen, der die Hausordnung stört bzw. dessen Gäste die Hausordnung nicht beachten.

123recht.de: Was droht Gästen selbst, die gegen die Hausordnung verstoßen?

Rechtsanwältin Guhrenz: Wenn der Mieter, der die Hausordnung beachten muss, die Gäste auf die Hausordnung hingewiesen hat und die Gäste die Hausordnung trotzdem nicht eingehalten haben, kann der Mieter bei den Gästen ggf. Rückgriff wegen entstandener Schäden nehmen.

123recht.de: Muss die Hausordnung sichtbar ausgehängt werden?

Rechtsanwältin Guhrenz: Den Mietern muss Gelegenheit gegeben werden, die Hausordnung in zumutbarer Art und Weise zur Kenntnis nehmen zu können. Sinnvoll ist es daher, die Hausordnung aufzuschreiben und außerdem entweder im Hauseingang aufzuhängen oder dem Mieter zusammen mit dem Mietvertrag auszuhändigen.

Vermieter können die Hausordnung jederzeit ändern

123recht.de: Kann der Vermieter die Hausordnung jederzeit einfach ändern?

Rechtsanwältin Guhrenz: Grundsätzlich steht es dem Vermieter frei, die Hausordnung zu ändern. Er muss jedoch den Mieter über die Änderung der Hausordnung informieren. Dies geschieht normalerweise durch ein Schreiben an die betroffenen Mieter oder auch durch einen Aushang an geeigneter Stelle, z.B. am Eingang zur Mietsache.

Eine Pflicht, eine Zustimmung der betroffenen Mieter einzuholen, gibt es nicht, allerdings kann im Falle eines Rechtsstreits die Vereinbarkeit einzelner Abschnitte der Hausordnung mit den Vorschriften über den zulässigen Inhalt von AGB in Frage stehen, sodass jedenfalls hinsichtlich des Inhalts der Hausordnung gewisse Grenzen zu beachten sind.

123recht.de: Wie müssen Mieter über Änderungen informiert werden?

Rechtsanwältin Guhrenz: Dem Mieter muss die geänderte Hausordnung zur Kenntnis gegeben werden, damit er sein Verhalten an die geänderte Hausordnung anpassen kann. Normalerweise geschieht dies durch einen Brief des Vermieters an die Mieter oder aber auch durch einen Aushang der geänderten Hausordnung am Hauseingang und einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es Änderungen gegeben hat.

123recht.de: Was ist, wenn man mit Änderungen nicht einverstanden ist?

Rechtsanwältin Guhrenz: Man kann Änderungen der Hausordnung widersprechen und diese Änderungen auch gerichtlich überprüfen lassen, im Wege einer Feststellungsklage vor dem Amtsgericht. Allerdings ist es ratsam, die geänderte Hausordnung zunächst einzuhalten, bis feststeht, dass die neue Regelung nicht wirksam ist. Fortgesetzte und schwerwiegende Verstöße gegen die Hausordnung berechtigen nämlich den Vermieter nach einer erfolglosen Abmahnung gegebenenfalls zur fristlosen und außerordentlichen Kündigung.

Hausordnungen unterliegen als AGB der Regelungen des BGB

123recht.de: Was darf die Hausordnung nicht regeln?

Rechtsanwältin Guhrenz: Normalerweise handelt es sich bei einer Hausordnung um AGB. Was eine Hausordnung nicht regeln darf, ist daher in §§ 307 - 309 BGB geregelt, wobei zu unterscheiden ist:

1.) Wird durch die Hausordnung eine bereits bestehende gesetzliche Regelung geändert oder nur die Nutzung näher konkretisiert? Wird nur die Nutzung näher konkretisiert, findet die Regelung in der Hausordnung ihre Grenze in § 307 Abs. 1 BGB und kann im Einzelfall unwirksam sein, weil der Mieter entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird, eine solche unangemessene Benachteiligung ergibt sich insbesondere auch daraus, dass die Regelung schlichtweg unverständlich ist.

2.) Wird von einer gesetzlichen Regelung abgewichen, sind die §§ 307,308 und 309 BGB zu beachten. Die Folge einer Unwirksamkeit ist, dass die gesetzliche Regelung gilt, die Hausordnung ist dann in diesem Punkt nicht anzuwenden.

3.) In Einzelfällen waren die folgenden Hausordnungspunkte unzulässig:

  • Ein pauschales Verbot jeglicher Tierhaltung in der Mietwohnung, genauso wie ein pauschales Verbot, Hunde und Katzen zu halten; auch unwirksam ist es, dass der Vermieter die Haltung von Haustieren (Hunde, Katzen, Kleintiere, Fische usw.) unter einen pauschalen, im freien Ermessen des Vermieters stehenden, Genehmigungsvorbehalt stellt, soweit die Haltung des konkreten Tiers der vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung nicht im Wege steht.
  • Ein pauschales Verbot, Kinderwägen im Hausflur abzustellen, wenn es keine andere Abstellmöglichkeit gibt (z.B. eine Nische im Treppenhaus, wo alle ihre Kinderwägen abstellen).
  • Auch unwirksam war ein pauschales Verbot, Parabolantennen zu montieren, da hierdurch in unzulässiger Weise in Grundrechte der Mieter eingegriffen worden ist. Hier war nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden, regelmäßig musste den Mietern erlaubt werden, eine Parabolantenne auf dem Balkon z.B. in einem Eimer mit Erde, aufzustellen. Dies dürfte sich jedoch mit der zunehmenden Versorgung auch von Mietshaushalten mit Kabelfernsehen, zunehmend erledigt haben.

Wiederkehrende Verstöße berechtigen zur Kündigung

123recht.de: Können Sie noch einmal zusammenfassen, was bei Verstößen gegen die Hausordnung droht?

Rechtsanwältin Guhrenz: Hier ist zu unterscheiden, ob die Regelung in der Hausordnung wirksam ist oder nicht.

Ist die Regelung wirksam, kann der Vermieter bei fortgesetzten und schwerwiegenden Verstößen nach erfolgloser Abmahnung ggf. fristlos und außerordentlich kündigen, sodass der Verlust des Wohnraums droht. Außerdem kann es, wenn ein Nachbar im selben Mietshaus wegen dieser Verletzung der Hausordnung die Miete mindert, zu einer Schadensersatzpflicht des Mieters in Höhe des Minderungsbetrags kommen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachbar durch die Verletzung der Hausordnung derart gestört wird, dass der Gebrauch seiner Wohnung eingeschränkt wird.

Ist die Regelung unwirksam, kann der Vermieter auch abmahnen, dies wird aber in der Regel erfolglos sein.

123recht.de: Frau Guhrenz, wir bedanken uns ganz herzlich für das informative Gespräch.