Die Vereinsgründung

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Organe, Gründung, Satzung - Was gibt es bei Vereinen zu beachten?

Egal ob Sportverein oder gemeinnützige Vereine, jede Vereinsgründung muss gewisse Voraussetzungen erfüllen. Aber welche sind das? Wofür brauche ich z.B. eine Satzung und welche Organe muss der Verein zwingend haben und wie geht eine Löschung von statten? Rechtsanwalt Marko Setzer erläutert uns im Interview, was es dabei so alles zu beachten gibt.

"Die Bildung von Vereinen ist frei und grundrechtlich gesichert"

123recht.de: Herr Setzer, Vereine gibt es ja sehr zahlreich, kann man zu jedem Zweck einfach einen Verein gründen?

Marko Setzer
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Rechtsanwalt Setzer: Die Bildung von Vereinen ist frei und grundrechtlich gesichert, Art. 9 des Grundgesetzes (GG), § 1 Abs. 1 VereinsG. Solange der Zweck des Vereins sich also nicht gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet und solange die Vereinsausübung nicht gegen Strafgesetze verstößt, kann auch zu jedem Zweck ein Verein gegründet werden.

123recht.de: Wie geht man bei der Gründung vor?

Rechtsanwalt Setzer: Wie ein Verein gegründet wird ist davon abhängig, welche Art von Verein gegründet werden soll. Es gibt den gemeinnützigen Verein, den eingetragenen Verein und den nichteingetragenen Verein.

Das Gesetz unterscheidet außerdem nichtwirtschaftliche und wirtschaftliche Vereine voneinander, §§ 21, 22 BGB. Beide können rechtsfähig oder nichtrechtsfähig, sowie steuerlich gemeinnützig oder nicht gemeinnützig sein.

Der gemeinnützige Verein zeichnet sich durch das Merkmal der Gemeinnützigkeit aus. Gemeinnützige Zwecke nach § 52 Abgabenordnung (AO) sind u.a. z.B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Förderung von Religion und die Förderung der Jugend- und Altenhilfe.

Ein eingetragener Verein (e.V.) ist ein nicht wirtschaftlicher Verein, wenn er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Für seine Gründung bedarf es mindestens 7 Mitglieder, vgl. § 56 BGB. Diese Mitglieder beschließen eine Satzung gem. § 25 BGB, auch „Verfassung“ genannt, die mindestens nach § 57 BGB den Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins enthalten muss. Außerdem muss sich aus ihr ergeben, dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen werden soll gem. § 59 BGB. Dies ist Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit.

Der eingetragene Verein ist ein wirtschaftlicher, wenn er planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Ob der Verein dabei tatsächlich selbst Gewinne erzielt, ist unerheblich. Wirtschaftliche Vereine sind eher selten, da die vorhandenen Gesellschaftsformen wie Kapitalgesellschaften ihm grundsätzlich vorgehen und auch bevorzugt werden. Nur wenn es für den Verein aufgrund besonderer Umstände unzumutbar wäre, sich in einer vorgegebenen Rechtsform zu organisieren, wird ein wirtschaftlicher Verein anerkannt. Rechtsfähigkeit wird ihnen durch staatliche Zulassung verliehen (§ 22 BGB).

Nicht im Vereinsregister eingetragene Vereine (n.e.V.) sind nicht rechtsfähig. Wichtig wird dies insbesondere in Haftungsfragen, denn bei einem nicht eingetragenen Verein werden die Vorschriften über eine Gesellschaft angewandt nach § 54 BGB, so dass die jeweils Handelnden persönlich mit ihrem Privatvermögen haften, während sich z.B. die Haftung für Schulden des eingetragenen Vereins - e.V. aufgrund seiner eigenen Rechtsfähigkeit auf das Vereinsvermögen beschränkt.

Jeder Verein muss eine Mitgliederversammlung und einen Vorstand besitzen

123recht.de: Können Sie uns sagen, welche Vereinsorgane es gibt und welche überhaupt notwendig sind?

Rechtsanwalt Setzer: Pflichtorgane des Vereins sind die Mitgliederversammlung (vgl. § 32 BGB) und der Vorstand (vgl. § 26 BGB). Weitere Organe und ihre Aufgaben können in der Satzung bestimmt werden. Denkbar sind hierbei beispielsweise besondere Vertreter im Sinne des § 30 BGB, ein erweiterter Vorstand, ein Präsidium und Ausschüssen, Kassenprüfer, Schiedsgerichte und Beiräte.

123recht.de: Welche Aufgabe hat dabei der Vorstand und wer wählt diesen? Gibt es Vorschriften bezüglich der Amtszeiten oder kann der Verein diese selbst festlegen?

Rechtsanwalt Setzer: Der Vorstand kann aus mehreren Personen bestehen. Wie viele Vorstandsmitglieder es geben soll und für welche Amtsdauer diese gewählt werden, wird in der Satzung geregelt.

Der Vorstand vertritt den Verein außergerichtlich und gerichtlich, vgl. § 26 BGB. Die Vertretungsmacht kann beschränkt werden, wobei dies unbedingt im Vereinsregister eingetragen werden oder dem Vertragspartner bekannt gegeben werden sollte. Der Vorstand wird durch die Mitgliederversammlung bestellt, kontrolliert und abberufen.

Durch die Eintragung im Vereinsregister wird die Rechtsfähigkeit erlangt

123recht.de: Welche Aufgabe hat das Vereinsregister?

Rechtsanwalt Setzer: Im Vereinsregister finden sich die eingetragenen Vereine. Durch die Eintragung erlangen sie ihre Rechtsfähigkeit. Es wird beim zuständigen Amtsgericht geführt (§§ 21, 55 BGB). Die Anmeldung zur Eintragung muss durch den auf der Gründerversammlung gewählten Vorstand unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen (z.B. Vereinssatzung, Anmeldebeschluss) erfolgen.

Weiter erforderliche Unterlagen sind Abschriften der Satzung und der Urkunden über die Bestellung des Vorstands. Alle gewählten Mitglieder des Vorstands müssen für die Eintragung anwesend sein. Darüber hinaus kann, abhängig vom Bundesland, erforderlich sein, dass ein Notar die Anmeldung beim Vereinsregister beglaubigt. Die Anmeldung kann durch das Amtsgericht unter der Angabe der Gründe zurückgewiesen werden, wenn die Mindestanzahl der Gründungsmitglieder unterschritten wird, die Satzung nicht die erforderlichen Informationen erhält oder die Formvorschriften der Anmeldung nicht eingehalten wurden.

"Die Mitgliederversammlung beschließt die Vereinssatzung"

123recht.de: Kommen wir zur Vereinssatzung. Wer beschließt diese?

Rechtsanwalt Setzer: Die Mitgliederversammlung beschließt die Vereinssatzung. Sie bestellt und überwacht den Vorstand und entscheidet alle Angelegenheiten, die nicht in seine Zuständigkeit fallen. Die Angelegenheiten werden durch Beschlussfassung angeordnet. Entschieden wird nach Mehrheit der erschienenen Mitglieder, vgl. § 32 BGB.

123recht.de: Was ist bei Satzungsänderungen zu beachten?

Rechtsanwalt Setzer: Für eine Satzungsänderung und die Auflösung ist eine qualifizierte Mehrheit von dreiviertel der erschienenen Mitglieder erforderlich gem. § 33 BGB. Nach der Gesamtzahl aller Mitglieder wird bei einer Änderung des Vereinszwecks entschieden. Nichterschienene müssen ihre Zustimmung schriftlich erklären, vgl. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB.

Vereinsbeschlüssen können vor dem Vereinsgericht oder Zivilgericht angefochten werden

123recht.de: Sind die Beschlüsse sofort gültig und kann man eventuell diese Beschlüsse auch anfechten?

Rechtsanwalt Setzer: Die Beschlüsse können angefochten werden. Je nach Vereinssatzung kann hierfür ein Vereinsgericht zuständig sein. Dann gelten die in der Vereinssatzung festgelegten Maßstäbe und Fristen. Aber auch der zivilgerichtliche Weg bleibt offen. Vor Anrufen des Zivilgerichts ist der Vereinsgerichtsweg zu beschreiten.

Fristen für die Anfechtung von Vereinsbeschlüssen oder Feststellungsklagen vor den Zivilgerichten sind im Gesetz nicht geregelt. Von der Rechtsprechung wird aber festgelegt, dass die Unwirksamkeit von Beschlüssen beschleunigt geltend gemacht werden muss. Nach mehr als vier Monaten hat das Vereinsmitglied sein Anfechtungsrecht vor den Zivilgerichten verwirkt.

Ob ein Beschluss sofort wirksam wird, ist abhängig davon, was er regeln soll. Wird ein Beschluss zur Satzungsänderung erlassen, wird dieser grundsätzlich erst mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam. Wird ein Vorstandsmitglied entlassen, so ist diese Entlassung in der Regel sofort wirksam.

123recht.de: Kann man Vereinsmitglieder ausschließen?

Rechtsanwalt Setzer: Grundsätzlich wird eine Mitgliedschaft im Verein mit einem Vertrag begründet. Ein- und Austrittsmodalitäten werden in der jeweiligen Vereinssatzung geregelt. Es obliegt den Vereinen selbst zu entscheiden, wen sie aufnehmen möchten. Ausnahmen bestehen nur bei Vereinen, denen die Mitgliedschaft für die wirtschaftliche oder berufliche Existenz bestimmter Personen von Bedeutung ist. Dann kann u.U. ein Aufnahmezwang bestehen.

Durch Beschluss der Mitgliederversammlung kann der Verein aufgelöst werden

123recht.de: Wie kann man den Verein wieder auflösen? Gibt es dabei Besonderheiten, die es zu beachten gibt?

Rechtsanwalt Setzer: Der Verein kann durch Beschluss der Mitgliederversammlung aufgelöst werden, vgl. § 41 BGB. Hierfür bedarf es einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, es sei denn, in der Satzung wurde etwas anderes festgelegt. Aber auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zur Vereinsauflösung (§ 42 BGB).

Ohne Nachfolgeregelung freut sich bei Auflösung des gemeinnützigen Vereins der Fiskus

123recht.de: Und was geschieht dann mit dem Vereinsvermögen und den Vereinsämtern?

Rechtsanwalt Setzer: Mit Auflösung des Vereins fällt das Vereinsvermögen an die Personen, die in der Vereinssatzung hierfür benannt wurden. Daher empfiehlt es sich, immer eine Regelung dazu in der Satzung aufzunehmen. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, fällt das Vermögen an die zur Zeit der Auflösung vorhandenen Mitglieder zu gleichen Teilen, wenn es sich um einen nicht gemeinnützigen Verein gehandelt hat, § 45 Abs. 3 BGB. Handelte es sich hingegen um einen gemeinnützigen Verein, geht das Vereinsvermögen – ohne entsprechende Nachfolgeregelung - an den Fiskus des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hatte. Die Liquidation des Vereinsvermögens richtet sich nach §§ 47 ff. BGB.

123recht.de: Kann ein Verein verboten werden und was ist der Unterschied zur Entziehung der Rechtsfähigkeit?

Rechtsanwalt Setzer: Dem Verein kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er durch einen gesetzeswidrigen Beschluss der Mitgliederversammlung oder durch gesetzeswidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet, vgl. § 43 BGB. Dies gilt jedoch nur für wirtschaftliche Vereine.

123recht.de: Was ist eine Vereinsgerichtsbarkeit?

Rechtsanwalt Setzer: Der Verein kann sein eigenes Ordnungsrecht festsetzen und damit auch eine für die Durchsetzung eingerichtete Instanz schaffen.

Hierdurch wird der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht ausgeschlossen. Eine anderslautende Regelung, beispielsweise in der Satzung, wäre unwirksam.

Die Vereinsgerichtsbarkeit muss in der Vereinssatzung ausdrücklich vorgesehen werden. Häufig werden die Vereinsgerichte Ehrenrat oder Ältestenrat genannt. Es ist ratsam, Verfahrensgrundsätze mit in die Satzung aufzunehmen.

Das Vereinsgericht kann das Verhalten des betroffenen Mitglieds eigenständig beurteilen. Ihm steht Ermessen zu, Maßnahmen zu verhängen.

123recht.de: Vielen Dank für das informative Gespräch.

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