Flugzeit geändert – Recht auf Entschädigung?

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Wenn sich auf einmal die Zeiten des gebuchten Fluges ändern - was muss der Passagier tolerieren, wann kann er eine Umbuchung fordern?

Der Frühbucherrabatt ist gesichert und der Pauschalurlaub ist geplant. Die Urlaubszeit durch die Flugzeiten optimal ausgenutzt.

Doch dann erreicht den Passagier kurz vor Urlaubsantritt die Nachricht, dass er auf einen anderen früheren Flieger umgebucht wurde, weil der Flieger gar nicht zu der ursprünglich gedachten Zeit abhebt.

Besteht in Fällen wie diesem Anspruch auf Entschädigungsleistung durch die Fluggesellschaften?

123recht.de im Interview mit Rechtsanwalt Stefan Steininger über Rechte, Zumutbarkeit und Möglichkeiten bei der Verschiebung von Flugzeiten.

123recht.de: Herr Steininger, mein Reiseveranstalter hat meinen Rückflug vorverlegt – muss ich das hinnehmen?

Rechtsanwalt Steininger: Nein, das muss nicht ersatzlos hingenommen werden. Der Bundesgerichtshof hat im Dezember 2013 entschieden, dass Flugzeitangaben eben nicht unverbindlich sind, sondern der Reiseveranstalter hat diese Zeiten mit dem Reisevertrag konkretisiert. Daher sind diese einzuhalten. Erfährt man vor Reiseantritt von der Änderung und liegt hierin eine wesentliche Abweichung des bisher vereinbarten, kann sogar kostenlos von der Reise zurückgetreten werden.

Wird dem Reisenden die Änderungen der Rückflugzeit erst am Urlaubsort mitgeteilt, so muss umgehend die Reiseleitung kontaktiert und eine Umbuchung gefordert werden. Erfolgt keine Umbuchung, so muss innerhalb der Anmeldefrist des § 651g Abs. 1 BGB der Anspruch innerhalb von einem Monat nach vertraglichen Reisende beim Reiseveranstalter auf Minderung und gegebenenfalls Schadenersatz geltend gemacht werden.

Flugzeitenänderungen müssen zumutbar sein

123recht.de: Auf meiner Reisbestätigung steht, dass Änderungen der Flugzeiten vorbehalten sind.

Rechtsanwalt Steininger: Der Reiseveranstalter kann sich im Rahmen des Reisevertrages einen Änderungsvorbehalt im Rahmen der Geschäftsbedingungen oder Reisebestätigung vorbehalten. Dies setzt voraus, dass in den AGBs oder in der Reisebestätigung diese ausdrücklich so genannt wurden und die Änderungen für den Reisenden zumutbar sind.

Zumutbar ist eine Änderung der Flugzeit insbesondere dann, wenn die Änderung notwendig geworden ist und den Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigt. Damit sind grundsätzlich nur Änderungen am An- und Abreisetag und ohne Verlust oder wesentliche Beeinträchtigung der Nachtruhe möglich. So liegt eine unzulässige Änderung und somit ein Reisemangel vor, wenn der Rückflug von 22:10 Uhr auf 5:30 Uhr vorverlegt wird (AG Bad Homburg NJW-RR1998, 1357). Auch die Vorverlegung des Rückflugs von 18:20 Uhr auf 7:30 Uhr stellt einen Mangel dar (AG Ludwigsburg RRa2009,21).

123recht.de: Was kann ich tun, wenn ich einen früheren Hinflug aus irgendwelchen Gründen gar nicht antreten kann?

Rechtsanwalt Steininger: Die Veränderung der Flugzeiten berechtigt zum Rücktritt ohne Stornokosten vor Reisebeginn, da in derartigen Fällen eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vorliegt, § 651a Abs. 5 BGB. Generell kommt es hier auf den Reiseveranstalter und nicht auf die Fluglinie an, da nur der Reiseveranstalter Vertragspartner ist und er für die ordnungsgemäße Durchführung der Reise inklusive des Fluges verantwortlich ist.

Eine Flugumbuchung muss der Reiseveranstalter zahlen

123recht.de: Mein Reiseveranstalter bietet mir einen anderen Flug gegen Aufpreis an. Muss ich das bezahlen?

Rechtsanwalt Steininger: Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die vertraglichen Leistungen zum vereinbarten Preis durchzuführen. Die Umbuchung auf einen anderen Flug stellt eine Abhilfemaßnahme für den Reisemangel dar, hierfür kann der Veranstalter keine Kosten verlangen.

Reisende haben Minderungsansprüche für Flugumbuchungen

123recht.de: Ich habe doch den früheren Flug genommen. Bekomme ich dafür eine Entschädigung?

Rechtsanwalt Steininger: Soweit es sich um eine unzumutbare Verschiebung der Reise handelt, steht dem Reisenden ein entsprechender Minderungsanspruch und unter Umständen auch ein Schadenersatzanspruch wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit zu. Diese Ansprüche müssen binnen eines Monats geltend gemacht werden. Die Minderung des Reisepreises beträgt bis zu 100 % des auf einen Tag entfallenen Reisepreises.

Zusätzlich können konkret entstandene Schäden als Schadenersatz geltend gemacht werden. Gleiches gilt für den immateriellen Schadenersatz des § 651f Abs. 2 BGB, also für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.

123recht.de: Wie hoch ist die Erstattung in der Regel?

Rechtsanwalt Steininger: Je nach Verschiebung und Zuschnitt der Reise sprechen die Gerichte bis zu 100 % eines Tagesreisepreises zu. Dieser wird dadurch ermittelt, dass man den Gesamtpreis der Preise durch die Anzahl der Reisetage teilt. Bei einem erheblichen Mangel besteht weiterhin ein Anspruch gemäß § 651f Abs. 2 BGB als Ersatz für den nutzlos verwendeten Urlaub. Diese sind vom Einzelfall abhängig und werden von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

123recht.de: Vielen Dank für das Gespräch Herr Steininger!