Geschenke von Schwiegereltern

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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Geschenk an das Schwiegerkind zurückverlangt werden?

Die Fälle sind nichts Ungewöhnliches: Das frisch verheiratete Paar bekommt von den Schwiegereltern Geld geschenkt. Leider geht die Ehe aber in die Brüche. Können Eltern das geschenkte Geld vom Schwiegersohn oder der Schwiegertochter zurückverlangen, oder gilt hier der alte Spruch geschenkt ist geschenkt? Rechtsanwalt Gerhard Raab im Interview mit 123recht.de.

123recht.de: Herr Raab, kann ein Geldgeschenk an den Ex-Schwiegersohn zurückverlangt werden?

Gerhard Raab
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Rechtsanwalt Raab: Hier gilt, wie häufig bei Rechtsfragen, der Grundsatz „es kommt darauf an". Maßgebend für eine Rückforderung eines Geldgeschenks an den ehemaligen Schwiegersohn ist, aufgrund welcher Motivation, d. h. mit welcher Vorstellung, die Schenkung erfolgt ist.
Und hier gibt es zwei Möglichkeiten:

Wenn die Eltern der Tochter dem Schwiegersohn einen Geldbetrag geschenkt haben, beispielsweise damit dieser sein Hobby finanzieren kann, das Geldgeschenk also allein dem Schwiegersohn zukommt, besteht keine Möglichkeit, den Geldbetrag zurück zu verlangen.

Anders sieht es aber aus, wenn die Eltern der Tochter die Vorstellung hatten, dass das Geldgeschenk auch ihrer Tochter zugute komme, mit dem Gedanken, dass die Ehe Bestand habe. Scheitert nun die Ehe, wäre die Geschäftsgrundlage für die Schenkung entfallen, weil die Schenkung an den Schwiegersohn der eigenen Tochter nicht mehr zugute kommt. D. h., der Zweck, den die Eltern verfolgt haben, tritt nicht ein. In einem solchen Fall können die Eltern der Tochter vom ehemaligen Schwiegersohn das Geldgeschenk tatsächlich zurückverlangen.

Berücksichtigen muss man aber, dass man eine solche Abgrenzung in der Theorie noch recht einfach vornehmen kann. Schwieriger ist es in der Praxis, weil Geldgeschenke meist ohne ausdrückliche oder gar schriftliche Vereinbarung erfolgen. In solchen Fällen muss man durch Auslegung versuchen zu ermitteln, welchen Zweck die Eltern mit der Schenkung verfolgt hatten.

Ende der Beziehung als Wegfall der Geschäftsgrundlage

123recht.de: Der Bundesgerichtshof hatte dieses Jahr über einen entsprechenden Fall zu urteilen, in dem Eltern Geld zurückverlangt hatten (BGH vom 18.06.2019, Aktenzeichen X ZR 107/16). Worum ging es im Einzelnen?

Rechtsanwalt Raab: In diesem Fall ging es darum, ob die Eltern ihrer Tochter, die mit ihrem Lebensgefährten in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft lebte, einen nicht unerheblichen Geldbetrag, den die Eltern zur Finanzierung einer Immobilie gewährt hatten, von dem Lebensgefährten zurück verlangen können.

Die Tochter und ihr Lebensgefährte kauften eine Immobilie, in der sie zusammen wohnen wollten. Die Eltern der Tochter gaben ihrer Tochter und deren Lebensgefährten einen Betrag von rund 100.000,00 € zur Finanzierung dieser Immobilie. Zwei Jahre danach trennte sich die Tochter von ihrem Lebensgefährten und die Eltern verlangten von dem Lebensgefährten die Hälfte des zugewandten Betrags, also rund 50.000,00 €, zurück.

Da sich der Lebensgefährte weigerte, eine Zahlung zu leisten, erhoben die Eltern der Tochter Klage beim Landgericht auf Rückzahlung der Hälfte des gewährten Betrages. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des ehemaligen Lebensgefährten gegen dieses Urteil blieb im Wesentlichen erfolglos. Die Gerichte argumentierten, den Eltern stünde der geltend gemachte Betrag aus dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu. Indem die nicht eheliche Lebensgemeinschaft beendet worden sei, hätten sich die Umstände, die letztlich Anlass für die Geldzuwendung gewesen seien, schwerwiegend verändert.

Die Schenkung sei erfolgt, weil die Eltern der Tochter davon ausgegangen seien, dass die Beziehung mit ihrem Lebensgefährten lebenslangen Bestand haben würde. Dadurch, dass sich die Tochter und ihr Lebensgefährte bereits nach kurzer Zeit wieder getrennt hätten, sei die Geschäftsgrundlage weggefallen und den Eltern ein Festhalten an der Schenkung nicht zuzumuten.

Die Berufungsinstanz, also das OLG, minderte jedoch den zurück verlangten Betrag mit der Begründung, mit der Schenkung sei zumindest teilweise der verfolgte Zweck erreicht worden, weil die Tochter mindestens vier Jahre in der gemeinsamen Immobilie gewohnt habe. Das Oberlandesgericht vertrat die Auffassung, der erreichte Zweck, nämlich das Wohnen über und vier Jahre in der Wohnung, sei in Relation zur erwarteten Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft zu setzen. Es verurteilte den ehemaligen Lebensgefährten dazu, 91 % der Hälfte der Schenkung an die Eltern der Tochter zurückzuzahlen.

Gegen das Berufungsurteil legte der ehemalige Lebensgefährte Revision ein. Die Revisionsinstanz, also der Bundesgerichtshof, bestätigte die vorinstanzliche Entscheidung und wies die Revision des ehemaligen Lebensgefährten zurück. Der BGH begründete seine Entscheidung mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage, weildavon auszugehen sei, dass die Eltern den Geldbetrag nicht geschenkt hätten, hätten sie erkannt, dass die Lebensgemeinschaft der Tochter mit ihrem Freund nach kurzer Zeit enden würde. Deshalb könne den Eltern nicht zugemutet werden, an der Zuwendung festhalten zu müssen.

Die Vornahme einer Quote, wie vom Oberlandesgericht entschieden, lehnte der BGH ab. D. h., die Eltern konnten also den hälftigen Betrag ohne Abzug vom ehemaligen Lebensgefährten ihrer Tochter zurück verlangen. Damit folgt der BGH dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts.

Rückzahlung auch bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften möglich

123recht.de: Also spielt es keine Rolle, ob das Paar verheiratet ist?

Rechtsanwalt Raab: Richtig. Der vorgenannte Fall, in dem es um eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft ging, lässt sich auch auf verheiratete Paare übertragen. D. h., wenn die Schenker davon ausgehen, dass die Beziehung oder die Ehe lange anhält, können Sie von dem ehemaligen Lebensgefährten oder dem ehemaligen Schwiegersohn die Hälfte der Schenkung unter den genannten Voraussetzungen zurückverlangen. Damit besteht kein Unterschied, ob es sich um eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft oder um eine Ehe handelt.

123recht.de: Welche Voraussetzungen müssen zusammenfassend für eine Rückzahlung gegeben sein?

Rechtsanwalt Raab: Wird die Rückzahlung einer Schenkung in derartigen Fällen verlangt, kommt es maßgeblich auf die Vorstellung der Schenker an. Gehen die Schenker von einer lang anhaltenden Beziehung aus und wollen sie, dass ihr Kind auch von der Schenkung dauerhaft profitiert, fällt die Geschäftsgrundlage weg, wenn die Ehe gescheitert oder die nicht eheliche Lebensgemeinschaft auseinandergeht. Dann können die Eltern die hälftige Rückzahlung ihrer Schenkung vom Schwiegersohn oder Lebensgefährten verlangen.

Vereinfacht ausgedrückt kann man also sagen, dass ein Rückforderungsanspruch dann besteht, wenn die Schenkung beiden, also dem eigenen Kind und dessen Lebenspartner, zugute kommen soll. Erfolgt eine Schenkung an den Lebenspartner dagegen lediglich, um den Lebenspartner z. B. bei der Finanzierung seines Hobbys (Zuschuss zum Erwerb einer Kameraausrüstung) allein zu unterstützen, wird ein Rückforderungsanspruch ausscheiden. In einem solchen Fall braucht der Beschenkte das Geschenk also nicht zurückzugeben.

Bei groben Undank kann das Geschenk zurückgefordert werden

123recht.de: Kann eine Schenkung bei Fehlverhalten des Beschenkten widerrufen werden?

Rechtsanwalt Raab: Hier schafft § 530 BGB eine Anspruchsgrundlage. Gemäß § 530 Abs. 1 BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig gemacht.

Zu beachten ist, dass die Rückgängigmachung einer Schenkung nur in Ausnahmefällen möglich ist. Grundsätzlich gilt also, dass das Geschenk beim Beschenkten verbleiben kann. Neben der Schenkung wegen groben Undanks gibt es auch den Schenkungswiderruf wegen Verarmung des Schenkenden. Verarmt der Schenker, kann er unter bestimmten Voraussetzungen unter Beachtung bestimmter Fristen die Schenkung widerrufen.

123recht.de: Vielen Dank Herr Raab.

Gerhard Raab
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