Ich hab den Job! - Oder?
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Job, Einstellungsstop, Mail, Zusage, ArbeitsvertragMündlich, per Mail, mit Vorbehalt - Wann ist eine Jobzusage bindend?
Eigentlich ist alles klar, zum 01.03. soll es losgehen, der alte Job ist gekündigt, doch dann der Anruf: Wechsel in der Geschäftsführung, Einstellungsstopp! Und jetzt? Hätte man sich nicht auf die Zusage für die Arbeitsstelle verlassen dürfen? Rechtsanwalt Andreas Lackner weiß, in welchen Fällen eine Zusage schon einen Arbeitsvertrag begründet und wann man gegen eine Kehrtwende des Arbeitgebers vorgehen kann.
123recht.de: Herr Lackner, ab wann ist eine Zusage für einen Job verbindlich?
Rechtsanwalt Lackner: Bereits eine mündliche Jobzusage ist bindend. Ein Arbeitsvertrag nach deutschem Recht benötigt keine Schriftform. Solange die Vertragsparteien, die Arbeitsleistungen bzw. Dienste und der Beginn und der Zeitraum der Arbeit definiert sind, handelt es sich bereits um einen faktischen Arbeitsvertrag.
Schwierig ist es bei einer mündlichen Zusage, wenn sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses widerrufen oder gekündigt wird. Zwar benötigt eine Kündigung die Schriftform, allerdings dürfte es in einem gerichtlichen Verfahren schwierig sein, eine mündliche Zusage zu beweisen. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer nach einer Absage oder einer rein mündlichen Kündigung seine Arbeitskraft anbieten, d.h. er darf sich nicht durch schlüssiges Verhalten mit der Absage einverstanden erklärt haben.
Zusage kann auch per E-Mail erfolgen
123recht.de: Ist eine Zusage vom Arbeitgeber per Mail also grundsätzlich verbindlich?
Rechtsanwalt Lackner: Ja, eine Zusage per Mail durch den Arbeitgeber ist aufgrund der in Deutschland herrschenden Vertragsfreiheit und damit der Formfreiheit grundsätzlich rechtlich bindend. Wenn Sie nachweisen können, dass die E-Mail vom zuständigen Personaler (bzw. einer einstellungsberechtigten Person) kommt, können Sie auf die Arbeitsstelle Anspruch erheben und diese auch mit einem Anwalt für Arbeitsrecht vor dem Arbeitsgericht einklagen.
Fraglich ist allerdings, ob an einer solchen Arbeitsstelle viel Freude entsteht, denn wenn ein Arbeitsverhältnis auf diesem Weg beginnt, endet es meistens auch schnell auf diesem Weg.
123recht.de: Im konkreten Fall gab es einen Vorstellungstermin und danach eine E-Mail. Auf die Frage, ob diese als Zusage zu verstehen sei, erfolgte ein einfaches "Ja". Darauf hat sich der Job-Kandidat verlassen, zu Recht?
Rechtsanwalt Lackner: Der Job-Kandidat hat sich meines Erachtens darauf zu Recht verlassen. Wenn alle wichtigen Inhalte und Aspekte eines Arbeitsverhältnisses besprochen wurden und danach auf die Frage, ob es als Zusage zu verstehen sei, ein „Ja“ erfolgt, so ist ein Arbeitsvertrag geschlossen worden.
123recht.de: Auch wenn ein genaues Gehalt noch nicht ausgehandelt war?
Rechtsanwalt Lackner: Ein genaues Gehalt muss dabei noch nicht ausgehandelt worden sein, denn gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung wie üblich nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
123recht.de: Es sollte noch ein "Assessment Center" stattfinden, der aber "reine Formsache" wäre. Schwächt das die Zusage wieder ab?
Rechtsanwalt Lackner: Doch, durchaus. Eine mündliche Jobzusage ist immer eine gewisse Grauzone. Eine mündliche Zusage ist beispielsweise nicht gültig, wenn der Arbeitsvertrag zuerst noch von einer weiteren Person genehmigt werden muss oder nur unter dem Vorbehalt eines Assessment Centers ausgesprochen wird, weil es dann gerade noch keine unbedingte Zusage ist.
Beweislast liegt beim Bewerber
123recht.de: Wenn nun also diese E-Mail-Zusage grundsätzlich Bestand hätte, ohne weiteren Vorbehalt, welche Möglichkeiten blieben dem Job-Kandidaten dann? Kann er auf einen Arbeitsvertrag bestehen?
Rechtsanwalt Lackner: Wenn die E-Mail Zusage Bestand hat, kann er wie bereits oben beschrieben auf dem Arbeitsvertrag bestehen. In der Realität dürfte die Arbeitszeit dann allerdings nicht über die zweiwöchige Kündigungsfrist der Probezeit hinausgehen.
123recht.de: Hat er Anrecht auf Schadensersatz?
Rechtsanwalt Lackner: Der Bewerber kann einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn er aufgrund einer mündlichen Zusage andere Jobangebote ausgeschlagen hat und dadurch einen finanziellen Schaden erleidet. Dieses ist ein Fall der vorvertraglichen Pflichtverletzung nach dem BGB durch den Arbeitgeber. Auch hier liegt die entsprechende Beweislast beim Bewerber.
Wer schreibt, der bleibt
123recht.de: Was würden Sie Arbeitssuchenden konkret empfehlen?
Rechtsanwalt Lackner: Damit sie ihre Ansprüche sichern, sollte bei einer mündlichen Jobzusage immer versucht werden, die Angelegenheit zu verschriftlichen. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gilt im Zweifel stets die schriftliche Fixierung. Schreiben Sie die Vereinbarungen nieder und lassen sich diese direkt per Unterschrift bestätigen oder bitten Sie um einen entsprechenden schriftlichen Nachweis per E-Mail oder per Post.
123recht.de: Wie sollten wechselwillige Arbeitnehmer sich grundsätzlich absichern? Erst den alten Job kündigen, wenn man den neuen Arbeitsvertrag in der Hand hat ist ja oft zu knapp, wegen der Kündigungsfrist.
Rechtsanwalt Lackner: Eine grundsätzliche Absicherung ist schwierig. Will man auf Nummer sicher gehen bietet sich an, einen so genannten Vorvertrag mit dem Unternehmen zu schließen. Dieser sorgt für Klarheit und Sicherheit, wenn noch nicht alle Inhalte des künftigen Arbeitsvertrages feststehen, insbesondere wenn noch ein laufender Arbeitsvertrag beendet werden muss und daher der Beginn beim neuen Arbeitgeber noch unklar ist. Gleichzeitig kann man beispielsweise vereinbaren, inwieweit Schadensersatz bei einem späteren Nichtabschluss eines Arbeitsvertrages zu leisten ist oder welche Gründe für einen Nichtantritt des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend sein sollen.
123recht.de: Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Lackner.