Immobilie verkaufen: darauf müssen Verkäufer achten
Mehr zum Thema: Experteninterviews, Hausverkauf, Notar, Mängel, Immobilie, VertragAblauf, Verträge, Haftung - das ist beim Hausverkauf wichtig
Ein Hausverkauf ist mit vielen Hindernissen und Problemen verbunden. Was ist z.B. mit Mängeln, muss ich zum Notar gehen? Was ist mit ggf. vorhandenen Mietern? Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann gibt im Interview mit 123recht.de wichtige Tipps, was beachtet werde muss.
"Immobilienportale erleichtern heutzutage vieles"
123recht.de: Herr Dr. Neumann, verkaufe ich mein Haus besser ohne oder mit Maklerin oder Makler? Welche Aufgaben hat ein Maklerbüro?
seit 2017
48157 Münster
Tel: 025193205430
Tel: 0176-614 836 81
Web: https://immoanwalt.nrw
E-Mail:
Rechtsanwalt Neumann: Jeder Jeck ist anders. Das lässt sich schlicht nicht verallgemeinern. Im Prinzip braucht die Maklerin oder der Makler lediglich Angebot und Nachfrage zusammenzubringen.
Wie das gemacht wird, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Manchmal braucht die Maklerfirma das Objekt nicht einmal zu zeigen. Manchmal sind aber auch zig Besichtigungstermine erforderlich, bis das Notariat mit der Anfertigung des Entwurfs beauftragt werden kann.
Ebenso ist es von Fall zu Fall unterschiedlich, ob die Einschaltung eines Maklerbüros sinnvoll ist oder genug eigene Kapazitäten für die Suche nach geeigneten Käufern vorhanden sind. Die Immobilienportale erleichtern heutzutage vieles. Aber wer will schon Hunderte von Mails prüfen?
123recht.de: Was ist ein Vorvertrag?
Rechtsanwalt Neumann: Nach herkömmlicher Auffassung versteht man darunter ein Schriftstück oder auch eine mündliche Vereinbarung dahingehend, dass nach Eintritt bestimmter Bedingungen der Hauptvertrag geschlossen werden soll. Bei Immobiliengeschäften muss auch ein solcher Vorvertrag wie der Hauptvertrag in der Regel beurkundet werden, ansonsten könnte er formnichtig sein. Das gilt insbesondere auch für Reservierungsvereinbarungen, wenn mehr als 0,3 % des Kaufpreises an Gebühren anfallen, siehe näher dazu meinen Blog-Eintrag auf meiner Homepage unter https://immoanwalt.nrw/blog/reservierungen-im-immobilienrecht/
Nach meiner kürzlich für den Bauprofessor entwickelten neuen Theorie sind aber alle vorvertraglichen Versprechungen als Vorvertrag zu verstehen, da die Käuferinnen und Käufer regelmäßig stillschweigend zustimmen, wenn ihnen etwas versprochen wird. Wird eine versprochene Beschaffenheit wie etwa eine bodengleiche Dusche dann doch nicht erfüllt, spricht man von einem Vorvertragsmangel.
Angaben im Exposé werden der Verkäuferin oder dem Verkäufer zugerechnet
123recht.de: Sind Angaben im Exposé des Maklerbüros verbindlich? Was für Folgen drohen der Verkäuferin oder dem Verkäufer bei falschen Angaben?
Rechtsanwalt Neumann: Die Angaben auf Internetseiten oder im Exposé werden der Verkäuferin oder dem Verkäufer zugerechnet. Um solche Vorvertragsmängel geltend zu machen, sind aber hohe Hürden zu nehmen, insbesondere der standardmäßige notarielle Haftungsausschluss. Im Einzelfall ist daher zu prüfen, ob es sich um eine Garantieübernahme handeln könnte oder sogar Arglist nach § 444 BGB (früher § 443 BGB) im Spiel ist.
Bei der Annahme von Arglist sind die deutschen Gerichte im europäischen Vergleich traditionell viel zu voreilig. Man hat manchmal den Eindruck, die Schwere eines solchen Vorwurfs wird gar nicht bedacht. Historisch dürften germanische Vorstellungen von Ehrbarkeit dahinterstecken, wie ich in einer im Entstehen begriffenen Forschungsarbeit zeigen möchte. Die Vorschrift ist aber schon sehr alt und wurde nicht erst zur Nazizeit ins BGB eingeführt.
Verkäufer muss auf alle möglichen Mängel hinweisen
123recht.de: Muss ich über mögliche Mängel des Hauses informieren? Was ist mit offensichtlichen Mängeln wie Setzrissen? Und wenn ich selbst gar nicht einschätzen kann, ob z.B. die feuchte Kellerwand nun ein Mangel oder dem Alter des Hauses geschuldet ist?
Rechtsanwalt Neumann: Auf jeden Fall ist man bei einem Verkauf verpflichtet, alle möglichen Mängel oder auch nur den Verdacht eines Mangels zu offenbaren. Ansonsten droht eine Inanspruchnahme aus dem Gesichtspunkt der Arglist, und zwar bis zu zehn Jahre noch nach der notariellen Beurkundung. Ist man unsicher, kann man auch darüber sprechen. Taktisches Zurückhalten von Wissen kann teuer werden.
Ich empfehle jeder Verkäuferin und jedem Verkäufer eine minutiöse Auflistung der bekannten Mängel oder Mängel-Symptome in der Immobilie oder hilfsweise die Klarstellung, dass das Objekt nicht untersucht werden konnte. Aber auch hier kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an. Allgemeingültige Regelungen zum sicheren Ausschluss einer solchen Haftung gibt es nicht.
123recht.de: Kommen wir zu den Unterlagen, was wird für den Verkauf benötigt?
Rechtsanwalt Neumann: Alles was man über die Immobilie hat, sollte man beim Verkauf mit anbieten. Käuferinnen und Käufer erhalten bei mir immer eine Checkliste von Unterlagen betreffend die jeweilige Immobilie. Was häufig vergessen wird: Oft haben die Verkäuferinnen und Verkäufer noch Gewährleistungsansprüche gegenüber Handwerkern, die in den letzten Jahren dort Reparaturen oder gar Bauarbeiten durchgeführt haben oder bis zur Besitzübergabe noch durchführen werden. Dann gehören auch die entsprechenden Aufträge und Rechnungen oder Quittungen zu den Unterlagen und eine Unternehmerliste. Ist die Immobilie vermietet, sind auch alle mietrechtlichen Unterlagen bei Besitzübergabe – das ist regelmäßig der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung – herauszugeben.
Mieter haben kein automatisches Vorkaufsrecht
123recht.de: Muss das Haus oder die Wohnung zuerst den aktuellen Mietparteien angeboten werden? Was ist beim Hausverkauf zu beachten, wenn Mietverträge bestehen?
Mieter haben nur dann ein Vorkaufsrecht, wenn es vertraglich eingeräumt wurde oder das Objekt während ihrer Mietzeit in Wohnungseigentum aufgeteilt worden ist. Es ist ein häufiges Missverständnis, dass man als Mieterin oder Mieter automatisch ein Vorkaufsrecht habe. Zu beachten ist eigentlich lediglich der Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete", der besagt, dass die Käuferin oder der Käufer anstelle der Verkäuferin oder des Verkäufers in den Mietvertrag eintritt, ohne dass es eines Nachtrags zum Mietvertrag bedarf.
Ein solcher Nachtrag ist allerdings aus mehreren Gründen durchaus sinnvoll, nicht zuletzt auch im Falle eines mietrechtlichen Gerichtsverfahrens.
Kein Hausverkauf ohne Notar
123recht.de: Geht es auch ohne Notariat? Was muss beim Kaufvertrag beachtet werden? Welche Angaben sollte der Immobilienkaufvertrag enthalten?
Rechtsanwalt Neumann: Das Grundbuchamt darf Eintragungen nur aufgrund von öffentlichen Urkunden im Original oder in beglaubigter Abschrift vornehmen, so dass für den Hausverkauf eine Notarin oder ein Notar zwingend erforderlich ist. Die Möglichkeit einer Heilung durch Eintragung trotz Missachtung der notariellen Form ist eher theoretischer Natur. Nach richtiger Auffassung findet eine Heilung auch beim so genannten Schwarzkauf nicht statt.
Bereits die Erstellung des notariellen Entwurfs lässt die volle Vertragsgebühr entstehen. Notarinnen und Notare sind gehalten, auch beim Abbruch von Vertragsverhandlungen die vollen Gebühren entgegenzunehmen. Die Gebühren werden allein dann angerechnet, wenn eine zumindest ähnliche Beurkundung in absehbarer Zeit erfolgt.
Immobilienkaufverträge enthalten immer Angaben zum aktuellen Grundbuchstand, Regelungen zur Fälligkeit des Kaufpreises und zum Besitz- und Eigentumsübergang, insbesondere Anträge an das Grundbuchamt. Zum eigenen Schutz vor einer Inanspruchnahme wegen mangelhafter Aufklärung werden regelmäßig auch die wichtigsten notariellen Hinweise und Belehrungen mit aufgenommen.
Ansonsten sollte der Immobilienkaufvertrag niemals lediglich Standard sein. Denn gar nicht selten kann man erhebliche Kostenfaktoren wie etwa die Vormerkung oder manchmal gar die Fälligkeitsmitteilung umgehen. Meine Mandantinnen und Mandanten haben schon mehrere Tausend Euro gespart, weil ich auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten und solches Einsparpotential hinweisen konnte. Die Notarinnen und Notare sind verpflichtet, auf solche Wünsche auch einzugehen.
123recht.de: Wir bedanken uns für das informative Gespräch.
48157 Münster, An der alten Ziegelei 5
https://www.immoanwalt.nrw
+49 (0)176 614 836 81