Kapitalaufbringung in der Gründungsphase einer GmbH

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Einlage, Stammkapital, Unternehmenswert - Was müssen Gesellschafter wissen?

Bei der Gründung einer GmbH stellt sich oft die Frage, wieviel Kapital in die Gesellschaft investiert werden muss. 123recht.de hat mit Herrn Rechtsanwalt Johannes Kromer gesprochen, der bereits zu zahlreichen Unternehmensgründungen und auch nachfolgende Finanzierungsrunden beraten hat.

123recht.de: Herr Kromer, dass bei Gründung der GmbH ein Stammkapital von mindestens EUR 25.000 eingezahlt werden muss, ist bekannt. Warum gibt es hier Beratungsbedarf?

Johannes Kromer
Partner
seit 2013
Rechtsanwalt
Tannenweg 17
72654 Neckartenzlingen
Tel: 07127/349-1208
Web: http://www.rechtsanwalt-kromer.de
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Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Maklerrecht, Vertragsrecht
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Antwortet: ∅ 3 Std. Stunden

Rechtsanwalt Kromer: Das Thema ist ein Dauerbrenner und sehr komplex. Der Bundesgerichtshof hat die Aufbringung und Erhaltung der Stammkapitals als „Kernstück des GmbH-Rechts" bezeichnet. Man muss sich vor Augen führen, dass sich die Gesellschafter mit Leistung und Erhaltung der Stammeinlage das Privileg einer beschränkten Haftung verdienen. Dies hat natürlich zu einer enormen Anzahl an unterschiedlichen Urteilen geführt.

Gesellschafter müssen Einlage nicht vollständig erbringen

123recht.de: Aber trotzdem: Im Kern geht es doch darum, dass ein Betrag von mindestens EUR 25.000 für eine GmbH eingezahlt werden muss?

Rechtsanwalt Kromer: Auch das ist nur die halbe Wahrheit. Richtig ist, dass das Stammkapital einer GmbH mindestens EUR 25.000 betragen muss. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG kann die GmbH auch ohne vollständige Leistung der Stammeinlagen ins Handelsregister eingetragen werden. Bei Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister müssen die Geschäftsführer lediglich versichern, dass auf jeden Geschäftsanteil ein Viertel des Stammkapitals eingezahlt ist. Insgesamt muss in Summe nur die Hälfte des Mindeststammkapitals einer GmbH eingezahlt werden.

123recht.de: Haben Sie uns dafür ein Beispiel?

Rechtsanwalt Kromer: Natürlich, diese Fallgestaltung ist noch recht simpel gestrickt. Nehmen wir eine Gründung durch zwei gleichberechtigte Gesellschafter und das gesetzliche Mindeststammkapital von EUR 25.000. Der eine Gesellschafter übernimmt einen Geschäftsanteil von EUR 12.500 und zahlt diesen auch vollständig ein. Der zweite Gesellschafter übernimmt ebenfalls einen Geschäftsanteil von EUR 12.500, zahlt aber nur EUR 4.000 ein. Trotzdem könnte die GmbH nun ins Handelsregister eingetragen werden, da zusammen mindestens die Hälfte des Stammkapitals eingezahlt ist und auf jeden Geschäftsanteil mindestens ein Viertel eingezahlt wurde.

123recht.de: Ist das aber im Ergebnis nicht unfair, wenn einer mehr einzahlt?

Rechtsanwalt Kromer: Das muss natürlich entsprechend vereinbart werden. Weiter ist es so, dass die Geschäftsführer der GmbH jederzeit die Möglichkeit haben, den Gesellschafter zur Leistung seiner noch offenen Einlage aufzufordern.

123recht.de: Also müssen schlussendlich dann doch EUR 25.000 fließen?

Rechtsanwalt Kromer: Damit ist zu rechnen, auch wenn es GmbHs gibt, in denen seit jeher nur die Hälfte der Einlagen erbracht sind.

123recht.de: Könnten Sie uns das vielleicht genauer erklären, was eigentlich Geschäftsanteile mit dem Stammkapital und dem Unternehmenswert zu tun haben?

Rechtsanwalt Kromer: Sehr gerne, da dies auch oft falsch verstanden oder verwechselt wird. Die GmbH hat ein Stammkapital. Dieses wird von den Gesellschaftern frei festgelegt, muss aber bei mindestens EUR 25.000 liegen. Die Beteiligung an einer GmbH erfolgt über die so genannten Geschäftsanteile, was letztlich vergleichbar mit den Aktien einer Aktiengesellschaft ist. Diese Geschäftsanteile haben jeweils einen so genannten Nominalwert und die Summe der Nominalwerte der Geschäftsanteile muss dem Stammkapital entsprechen. D.h. bei einer GmbH mit EUR 25.000 Stammkapital kann es z.B. 25.000 Geschäftsanteile mit einem Nominalwert von je EUR 1 geben, aber es könnte auch nur einen Geschäftsanteil mit einem Nominalwert von EUR 25.000 geben, oder so ziemlich jede andere Variante, da die Geschäftsanteile auch unterschiedliche Nominalwerte haben können. Das bedeutet, die Anzahl der von einem Gesellschafter gehaltenen Geschäftsanteile sagt noch nichts über die prozentuale Beteiligung aus, insofern kommt es auf die Nominalwerte an. Die geschuldete Einzahlung auf die Geschäftsanteile ist die Stammeinlage.

123recht.de: Und was ist mit dem Unternehmenswert?

Rechtsanwalt Kromer: Das ist eine hiervon völlig abweichende Frage. So kann die Gesellschaft, die mit nur EUR 25.000 Stammkapital gegründet wurde, trotzdem einen viel höheren Marktwert haben. Auch hier wieder der Vergleich zur Aktie. Die Aktie hat immer den gleichen Nominalwert (dort eher Nennbetrag genannt), aber trotzdem schwankt der Wert der Aktie ständig.

Ist die Einlage vollständig bezahlt, haftet der Gesellschafter nicht mehr privat

123recht.de: Vielen Dank. Kommen wir wieder zur Kapitalaufbringung zurück: Wenn ein Gesellschafter einmal seine Stammeinlage vollständig erbracht hat, dann ist er sicher?

Rechtsanwalt Kromer: Theoretisch ja. Als Gesellschafter haftet er dann grundsätzlich nicht mehr privat. Was nun aber in der Praxis häufig zu Problemen führt, ist das Thema der Rückzahlung der Einlage, was § 30 GmbHG insoweit verbietet, als dadurch das Stammkapital angegriffen wird.

123recht.de: Warum ist das ein Problem, es ist doch leicht nachvollziehbar, wenn an einen Gesellschafter wieder die Einlage zurückgezahlt wird?

Rechtsanwalt Kromer: Leider nein. Dies kann zum einen unbemerkt erfolgen und zum anderen gab es hier in der Praxis schon die wildesten Geschichten. Klassiker war lange Zeit, dass die Gesellschafter schon ein Bankkonto für die GmbH in Gründung errichtet haben und darauf die Einlage gezahlt haben. Bis zur Gründung der GmbH wurde dann schonmal ein Büro angemietet, Werbemittel bestellt, etc. und damit war zum Zeitpunkt der Gründung die Einlage gerade nicht mehr zur freien Verfügung der Geschäftsführung. Ein anderes Thema ist die Zahlung überhöhter Vergütungen an einen Gesellschafter oder den Verkauf von Gegenständen an die GmbH zu überhöhten Preisen.

Es besteht auch die Möglichkeit der Sachgründung einer GmbH

123recht.de: Gibt es auch die Möglichkeit ohne Bargeld eine GmbH zu gründen?

Rechtsanwalt Kromer: Ja, man spricht dann von der Sachgründung. Dies ist etwas komplizierter. Es kann letztlich jeder Vermögensgegenstand eingebracht werden. Ein einfaches Beispiel: Eine Person gründet eine GmbH mit einem Stammkapital von EUR 25.000. Statt Geld verpflichtet er sich zur Einbringung eines Grundstücks mit darauf stehendem Bürogebäude.

123recht.de: Auf was ist hier zu achten?

Rechtsanwalt Kromer: Hier sieht der Gesetzgeber eine erhöhte Gefahr, es soll ja gerade sichergestellt werden, dass die GmbH über genügend Mittel verfügt. Sacheinlagen sind daher immer in voller Höhe zu leisten und es ist ein gesonderter Sachgründungsbericht zu erstellen. Wichtig ist auch, dass die Sacheinlage auch mindestens dem Wert des Stammkapitals entspricht.

123recht.de: In Ihrem Beispiel mit der Einbringung eines Grundstücks scheint dies ja recht einfach zu sein.

Rechtsanwalt Kromer: Das ist richtig. Wobei sich natürlich auch hier Probleme ergeben können. Es ist bereits nicht endgültig rechtlich geklärt, was überhaupt der Begriff „Wert" bedeutet. Kommt es auf einen möglichen Einkaufspreis durch die Gesellschaft oder einen möglichen Verkaufspreis durch die Gesellschaft an? Wer ermittelt diesen Wert nach welchen Grundsätzen. Allein zum sehr praxisrelevanten Thema der Einbringung eines bestehenden Unternehmens gibt es zig unterschiedliche Bewertungsansätze.

123recht.de: Aber wer beurteilt dies dann?

Rechtsanwalt Kromer: In erster Linie müssen die Gründungsgesellschafter im Sachgründungsbericht die wesentlichen Umstände dafür darlegen, warum die Sacheinlage mindestens dem Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile (=Stammkapital) entspricht. Ist das nicht der Fall, würde der Gesellschafter auf Zahlung der Differenz haften. Weiter prüft das Registergericht den Sachgründungsbericht. In eindeutigen Fällen reicht dafür der Sachgründungsbericht aus. Wenn wir uns im oben erwähnten Beispiel vorstellen, dass das Grundstück mitten in der Münchener Innenstadt liegt und darauf ein neuwertiges mehrstöckiges Bürogebäude steht, dann ist es leicht nachvollziehbar, dass hier der Wert bei über EUR 25.000 liegt.

123recht.de: Wo sind dann in der Praxis die Probleme?

Rechtsanwalt Kromer: Problem würde ich nicht sagen, aber wenn das Registergericht Zweifel hat, fordert es weitere Unterlagen, zum Beispiel eine Werthaltigkeitsbescheinigung von einem Wirtschaftsprüfer auf Kosten der Gesellschafter an. Daher ist es oft empfehlenswert, nicht an die maximale Grenze zu gehen, sondern „etwas Luft" zu lassen.

123recht.de: Das heißt, es kann auch freiwillig mehr eingezahlt werden?

Rechtsanwalt Kromer: Ja, man spricht dann vom so genannten Agio oder Aufgeld. Das ist zum einen bei Gründungen durch nur einen Gesellschafter üblich, oder auch bei späteren Kapitalerhöhungen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Nominalbetrag der Geschäftsanteile ja nicht dem wahren Unternehmenswert entsprechen muss.

Geringes Stammkapital kann zu Vorbehalten der Lieferanten führen

123recht.de: Was bringt es dann, ein höheres Stammkapital als die mindestens erforderlichen EUR 25.000 festzulegen?

Rechtsanwalt Kromer: Rein rechtlich bringt dies in der Tat nichts. Und es gibt tatsächlich Unternehmen, deren Wert und Umsatz erheblich auseinanderfallen. Nehmen wir einen der größten „Shootingstars" in der jüngeren StartUp-Geschichte, die N26 Bank GmbH, die mit einem knapp sechsstelligen Stammkapital mittlerweile in der letzten Finanzierungsrunde auf einen Milliardenwert kam. Umgekehrt haben wir z.B. die Robert Bosch GmbH, die ein Stammkapital von über einer Milliarde Euro ausweist. Da das Stammkapital im Handelsregister frei einsehbar ist, führt ein geringes Stammkapital (im Verhältnis zu den vorgenommenen Geschäften) oft zu Vorbehalten. Wer als GmbH mit einem Stammkapital von EUR 25.000 nun individuelle Maschinen im Wert von 3 Millionen beauftragt und vom Lieferanten eine Vorleistung möchte, wird sich kaum durchsetzen können. Entsprechendes gilt für finanzierende Banken.

123recht.de: Aber die Anpassung des Stammkapitals ist recht flexibel?

Rechtsanwalt Kromer: Eine Anpassung nach unten ist schwierig, nach oben hin aber recht problemlos. Das macht vor allem auch Sinn, wenn neue Gesellschafter einsteigen.

123recht.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Gerne stehe ich Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung. Ich setze mich bundesweit für Ihre Interessen ein.

Rechtsanwalt Kromer
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