Kontopfändung - was ist das und was können Betroffene machen?

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Wann kommt es zu einer Pfändung und Sperre des Kontos?

Wer Schulden hat und diese nicht zahlen kann oder will, dem droht eine Pfändung. Dabei gibt es nicht nur die Möglichkeit, dass der Gerichtsvollzieher bei dem Schuldner zu Hause nach Wertsachen sucht. Es kann auch das Konto gepfändet und das Geld dann direkt dem Gläubiger überwiesen werden. Wann das der Fall ist und was da genau passiert, verrät Rechtsanwalt Nicolas Reiser im Gespräch mit 123recht.de.

Der Kontoinhaber kann nichts abheben und die Bank muss an den Gläubiger überweisen

123recht.de: Herr Reiser, Was passiert bei einer Kontopfändung?

Nicolas Reiser
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Rechtsanwalt Reiser: Eigentlich ist eine Kontopfändung meist verbunden mit einem Überweisungsbeschluss. Es liegt also ein so genannter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor. Das bedeutet, dass einem Drittschuldner - also einer dritten in der Regel unbeteiligten Person oder Stelle - verboten wird, an den Schuldner zu zahlen und stattdessen an den Gläubiger gezahlt werden muss. Beim Konto konkret heißt das, dass der Kontoinhaber nichts abheben kann und die Bank bis zur Höhe der Forderungen an den Gläubiger überweisen muss.

123recht.de: Wann ist eine Kontopfändung möglich?

Rechtsanwalt Reiser: Immer dann, wenn ein Gläubiger eine titulierte vollstreckbare Forderung hat und mit diesem Titel einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim Vollstreckungsgericht beantragt. Es gibt allerdings auch Pfändungen durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen von Strafverfahren oder durch Behörden. Diese laufen unter Umständen etwas anders ab.

Kontopfändung durch den Titelinhaber, seinen Rechtsanwalt oder das beauftragte Inkassounternehmen

123recht.de: Wer darf die Kontopfändung beantragen?

Rechtsanwalt Reiser: Nur der Inhaber der titulierten und vollstreckbaren Forderung und dessen Vertreter, also z.B. der Rechtsanwalt.

123recht.de: Also auch ein Inkassounternehmen?

Rechtsanwalt Reiser: Ja, der Gläubiger kann zur Vollstreckung einen Rechtsanwalt oder auch ein Inkassounternehmen beauftragen.

123recht.de: Was kann man als Betroffener einer Kontopfändung tun?

Rechtsanwalt Reiser: Als Betroffener hat man verschiedene Möglichkeiten. Zunächst einmal sollte überprüft werden, ob die Forderung überhaupt (noch) besteht. Eventuell wurde die Forderung ja bereits bezahlt. Natürlich kann es zu Fehlern im Verfahren kommen oder eine Pfändung einer falschen Forderung. Auch darf die Bank nicht unbedingt das gesamte Guthaben an den Gläubiger auszahlen, sondern muss die Pfändungsfreigrenzen beachten.

Je nach Szenario könnten dann verschiedene Anträge wie z.B. eine Vollstreckungsabwehrklage gestellt werden, um die Pfändung zu verhindern. Unter Umständen wäre es auch sinnvoll, schnell eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Gläubiger zu vereinbaren, so dass dieser das Konto freigibt. Sonst kann es nämlich sein, dass ein Konto längerfristig gesperrt bleibt und der Schuldner laufende Kosten wie etwa die Miete nicht pünktlich zahlen kann.

Vorläufiges Zahlungsverbot möglich, wenn der Pfändungsbeschluss noch nicht erlassen ist

123recht.de: Wann kommt es zu einer Kontosperre?

Rechtsanwalt Reiser: Das kann verschiedene Gründe haben. Zum einen eben durch die Pfändung und die Tatsache, dass die Forderung nicht vollständig aus dem Guthaben beglichen werden kann. Dann bleibt das Konto gesperrt. Oder auch durch ein vorläufiges Zahlungsverbot. Das ist eine Möglichkeit, Ansprüche für einen kurzen Zeitraum zu sichern, während der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch nicht erlassen oder der Bank zugestellt ist.

Ein P-Konto kann Pfändungen verhindern

123recht.de: Was ist ein P-Konto?

Rechtsanwalt Reiser: Ein so genanntes P-Konto ist ein Konto, bei dem eine bestimmte Summe stets als unpfändbar unausgezahlt und geschützt bleibt und etwas unbürokratischer weitere Gelder freigegeben und geschützt werden können. Bei Menschen in finanziellen Schwierigkeiten bietet sich ein solches Konto an, um nicht ständig gegen Pfändungen vorgehen zu müssen und um sich nicht durch die Pfändungen weiter zu verschulden.