Rückkehr in den Job nach Elternzeit

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Die Arbeitsplatzgarantie beim alten Arbeitgeber während der Elternzeit bezieht sich allein auf eine Weiterbeschäftigungsgarantie

Bereits in der Elternzeit sollten sich Wiedereinsteiger damit beschäftigen, wie sie künftig den Job und die Familie unter einen Hut bringen wollen. Welche Rechte haben Berufsrückkehrer hinsichtlich ihres Arbeitsplatzes und der Reduzierung auf Teilzeit? Ein Interview von 123recht.de mit Rechtsanwalt Michael Wundke klärt über Rechte und Pflichten auf.

123recht.de: Herr Wundke, bleibt mir mein Arbeitsplatz sicher, wenn ich in Elternzeit gehe?

Rechtsanwalt Wundke: Zunächst gilt: Elternzeit ist das Recht eines jeden Arbeitnehmers auf eine Arbeitspause oder aber Verringerung der Arbeitsmenge zur Betreuung und Erziehung seines Kindes.

Arbeitnehmer genießen während der Elternzeit einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser beginnt acht Wochen vor Antritt der Elternzeit bzw. dem berechneten Geburtstermin und endet mit dem letzten Tag der Elternzeit. Neben den persönlichen Voraussetzungen der §§ 15,16 BEEG setzt der Eintritt des Kündigungsschutzes insbesondere das schriftliche Verlangen nach Elternzeit durch den Arbeitnehmer beim Arbeitgeber voraus.

Aber Achtung: Der Kündigungsschutz gemäß § 18 BEEG schützt den Arbeitnehmer nur vor ordentlichen und außerordentlichen Beendigungs- und Änderungskündigungen durch den Arbeitgeber während der Elternzeit. Ab dem Tag der Rückkehr entfällt dieser Kündigungsschutz und es gelten wieder die allgemeingesetzlichen Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Zudem kann in besonderen Ausnahmefällen auf Antrag des Arbeitgebers von der zuständigen Behörde eine Kündigung sogar während der Elternzeit erlaubt werden. Hier ist insbesondere an Fälle zu denken, in denen dem Arbeitgeber nach Beginn der Elternzeit schwere Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers aus der Zeit davor bekannt werden.

Der Arbeitsvertrag bleibt - der alte Arbeitsplatz nicht zwingend

123recht.de: Bekomme ich meinen alten Arbeitsplatz in jedem Fall zurück?

Rechtsanwalt Wundke: Nicht unbedingt.

Mit den Regelungen des BEEG wird dem Arbeitnehmer während der Elternzeit zwar grundsätzlich Kündigungsschutz und eine Arbeitsplatzgarantie gewährt. Der Arbeitsvertrag bleibt auch unverändert gültig und ruht lediglich.

Kehrt der Arbeitnehmer aus der Elternzeit zurück, hat er jedoch keinen Anspruch darauf, genau an dem Arbeitsplatz weiterzuarbeiten, an dem er vor Antritt der Elternzeit gearbeitet hatte. Vielmehr muss ihm der Arbeitgeber, soweit der alte Arbeitsplatz nicht mehr zur Verfügung steht, nur einen gleichwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen.

Die Arbeitsplatzgarantie bezieht sich also nur auf eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen arbeitsvertraglich vereinbarten Bedingungen.

123recht.de: Kann ich nach der Elternzeit in Teilzeit weiterarbeiten?

Rechtsanwalt Wundke: Hier ist zunächst zu beachten, dass zwei Arten von gesetzlichen Teilzeitansprüchen existieren, hier nach § 15 BEEG für die Zeit während der laufenden Elternzeit und allgemeingesetzlich nach § 8 TzBfG, der außerhalb der Elternzeit anwendbar ist.

Nach Ablauf der Elternzeit gilt nur noch § 8 TzBfG. Danach hat der Arbeitnehmer dann Anspruch auf eine Verringerung der Arbeitszeit, wenn er länger als 6 Monate in dem jeweiligen Betrieb beschäftigt ist, rechtzeitig die Teilzeitarbeit beantragt hat und keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig hohe Kosten für den Arbeitgeber verursacht. Hier ist dann der jeweilige Einzelfall maßgeblich.

Das Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers ist begrenzt

123recht.de: Kann ich nach der Rückkehr aus der Elternzeit an einen anderen Arbeitsort versetzt werden?

Rechtsanwalt Wundke: Wie ich weiter oben bereits dargestellt habe, hat der Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Das Recht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz zu verweisen, ergibt sich aus dessen Direktions- und Weisungsrecht.

Natürlich besteht das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht grenzenlos. Vielmehr wird es insbesondere beschränkt durch die jeweiligen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Wurde hier jedoch geregelt, dass der Arbeitnehmer auch an anderen Betriebsstätten des Arbeitgebers beschäftigt werden darf, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer nach der Elternzeit den Arbeitsort wechseln muss.

123recht.de: Bekomme ich das Gehalt von vor der Elternzeit? Auch dann, wenn ich eine andere Aufgabe oder einen anderen Tätigkeitsbereich bedienen muss?

Rechtsanwalt Wundke: Der Arbeitnehmer hat Anspruch darauf, zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden. Dieser Anspruch bezieht sich auch auf die vereinbarte Vergütung. Der Arbeitgeber ist daher dazu verpflichtet, das Gehalt von vor der Elternzeit auch dann weiterzuzahlen, wenn er im Rahmen seines Weisungsrechtes andere Arbeitsaufgaben überträgt.

Natürlich bleibt hier immer zu prüfen, ob der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nicht überschreitet. Unter Umständen kann der Arbeitnehmer verlangen, entsprechend seiner Qualifikation und den arbeitsvertraglich vereinbarten Bedingungen beschäftigt zu werden bzw. bei komplexeren Arbeitsaufgaben besser entlohnt zu werden. Demgegenüber kann der Arbeitgeber eine Verringerung des Gehaltes wegen Zuweisung einfacherer Tätigkeiten nicht ohne Weiteres durchsetzen.

Bei Unzufriedenheit mit neuem Arbeitsplatz - gerichtliche Überprüfung möglich

123recht.de: Was ist, wenn ich mit der neuen Zuweisung nicht einverstanden bin?

Rechtsanwalt Wundke: Die Zuweisung an einen anderen Arbeitsplatz kann aus vielen Gründen rechtswidrig sein. Sollte das der Fall sein, müsste sie der Arbeitnehmer eigentlich nicht befolgen.

Eine derartige Reaktion ist dem Arbeitnehmer aber in den allermeisten Fällen nicht zu empfehlen, da zum einen anfangs oft nicht klar ist, wer hier im Recht ist, und andererseits arbeitsrechtliche Sanktionen durch den Arbeitgeber drohen, die noch größere Probleme nach sich ziehen können.

Dem Arbeitnehmer ist daher zu raten, der neuen Zuweisung vorläufig und unter Vorbehalt nachzukommen und parallel gerichtliche Schritte zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der arbeitgeberseitigen Maßnahme einzuleiten.

Eigenkündigung nur zu empfehlen, wenn man einen neuen Job hat

123recht.de: Was ist, wenn mein Chef mir signalisiert, ich solle kündigen und mir was Neues suchen?

Rechtsanwalt Wundke: Eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist zwar jederzeit ohne Begründung möglich, jedoch ausschließlich dann zu empfehlen, wenn der Arbeitnehmer unter keinen Umständen an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren möchte und den neuen Job bereits sicher hat. Andernfalls können die rechtlichen und finanziellen Nachteile gravierend sein, insbesondere im Hinblick auf Verlust von Arbeitslosengeld- bzw. Sozialhilfeansprüchen sowie ggf. Verlust von Ansprüchen auf Zahlung einer Abfindung.

Vielmehr sollte der Arbeitnehmer auf den bestehenden Arbeitsvertrag pochen und auf dessen Fortbestand bestehen. Dann bleibt dem Arbeitgeber nur durch Arbeitgeberkündigung nach Ablauf der Elternzeit die Möglichkeit, sich des ungeliebten Arbeitnehmers zu entledigen.

Diese Arbeitgeberkündigung ist jedoch dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, an strenge Voraussetzungen geknüpft, deren gerichtliche Überprüfung der Arbeitnehmer einleiten kann. Oft kann in einem solchen Kündigungsstreit wiederum eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsvertrages mit Zahlung einer Abfindung ausgehandelt werden.

123recht.de: Was kann ich machen, wenn ich zurückkehre, aber fortan gemobbt werde und mich unwohl fühle?

Rechtsanwalt Wundke: Hier ist zunächst zu prüfen, welche Qualität die Anfeindungen haben. Als Mobbing bezeichnet man nur „rechtswidrige" Anfeindungen, Schikanen und/oder Diskriminierungen.

Rechtswidrig sind die Anfeindungen insbesondere dann, wenn diesen kein rechtlich zulässiger Grund zugrunde liegt. Zudem muss sich der jeweilig Betroffene in einer unterlegenen Position befinden und den Anfeindungen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt sein. Ein kurzer Streit unter Kollegen reicht somit nicht, um Rechte als Mobbingopfer geltend zu machen.

Im Fall von Mobbing seitens der Kollegen ist dem Arbeitnehmer anzuraten, sich an den Arbeitgeber zu wenden und um Unterstützung zu bitten. Denn den Arbeitgeber trifft eine besondere Fürsorgepflicht, die ihn dazu verpflichtet, ihm bekannt gewordene Mobbingfälle zu unterbinden. Das kann bis zur fristlosen Kündigung des mobbenden Kollegen führen.

Ist es der Arbeitgeber selbst, der mobbt, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegen den Arbeitgeber auf Unterlassung vorzugehen, Schadensersatz zu verlangen und diesen zudem strafrechtlich zu belangen, etwa durch Erstattung einer Strafanzeige.

Sollte sich trotz aller Gegenwehr nichts ändern, hat der Arbeitnehmer zudem das Recht, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten und dennoch weiter Lohn zu verlangen. Außerdem kann der betroffene Arbeitnehmer das bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund und fristlos kündigen, ohne Sanktionen durch die Behörden im Fall von darauf folgender Arbeitslosigkeit befürchten zu müssen.

Mein anwaltlicher Rat:

Sobald es Probleme bei der Rückkehr an den alten Arbeitsplatz nach Ende der Elternzeit kommt, sollte sofort gehandelt und vor allem ein Anwalt eingeschaltet werden. Die zugrunde liegende Rechtslage ist äußerst komplex und wurde mit meinen Ausführungen hier nur ganz oberflächlich angerissen. Der jeweilige Arbeitnehmer hat umfassende Rechte, die zur Durchsetzung jedoch fachkundige Unterstützung erfordern.

123recht.de: Vielen Dank Herr Wundke!