Schäden durch die Bundeswehr

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Wer haftet für Schäden durch Bundeswehr und Natotruppen?

Kaputte Fenster durch Düsenjets, kaputte Straßen durch Panzer, Lärm und Dreck, wer kommt für eventuelle Schäden durch Streitkräfte auf? Gibt es Versicherungen und können Geschädigte Schadenersatz verlangen? Rechtsanwalt Matthias Richter gibt im Interview mit 123recht.de einen Überblick über Ihre Rechte.

123recht.de: Herr Richter, vor Kurzem kam es zu Schäden an Fenstern durch Flugzeuge der Bundeswehr. Wann spricht man bei entsprechenden Schäden von Überschallknallschäden und was für Schäden können grundsätzlich entstehen?

Matthias Richter
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Rechtsanwalt Richter: Überschallknallschäden entstehen durch Flugzeuge, die eine Überschallgeschwindigkeit erreichen, was zu einem so genannten Überschallknall führen kann. Dieser ist mit einer starken Druckwelle verbunden, die zu diversen Schäden an Gebäuden führen kann. Die Regulierung von Überschallknallschäden an den Wänden, dem Mauerwerk und der Außenfassade des versicherten Gebäudes obliegt der Wohngebäudeversicherung.

Übernahme der Schäden sind in der Standardwohngebäudeversicherung enthalten

123recht.de: Welche Versicherung benötige ich dafür?

Rechtsanwalt Richter: Die Übernahme der Kosten, die durch Schäden durch Überschallknall entstehen können, ist in der Regel in jeder Standardwohngebäudeversicherung enthalten. Der Entschädigungsbetrag ist dabei meist auf eine bestimmte, vertraglich festgelegte Summe begrenzt.

123recht.de: Was kann man machen, wenn die Versicherung ablehnt?

Rechtsanwalt Richter: Für nachgewiesene Überschallschäden gibt es Schadenersatz. Es kann die Bundeswehr bzw. die Fluglinie direkt in Anspruch genommen werden.

123recht.de: Wie macht man das, kann man den Verursacher anzeigen, also z.B. die Bundeswehr oder die Fluglinie, die den Einsatz ausgelöst hat?

Vorsätzlich herbeigeführter Überschallknall stellt eine Straftat dar

Rechtsanwalt Richter: Mit Anzeige ist vermutlich eine Strafanzeige gemeint. Wenn der Überschallknall vorsätzlich herbeigeführt wurde, liegt eine Straftat vor. Wenn also offensichtlich zu niedrig geflogen wurde, macht eine Strafanzeige Sinn.

123recht.de: Es ist sicher nicht notwendig, so tief über Wohngebiete zu fliegen. Welche Konsequenzen kommen da ggf. auf die Piloten zu?

Rechtsanwalt Richter: Eine Strafbarkeit bzw. Haftung des Piloten kommt nur in Frage, wenn er sich vorsätzlich über Befehle hinweggesetzt hat oder fahrlässig gehandelt hat. In der Regel ist der Anspruchsgegner jedoch die Bundeswehr.

123recht.de: Wer kommt generell für Schäden auf, die die Bundeswehr anrichtet , z.B. Straßenschäden durch Panzer?

Rechtsanwalt Richter: Die Bundeswehr.

123recht.de: Kann ich Schadensersatz von der Bundeswehr fordern? An wen muss ich mich da wenden?

Rechtsanwalt Richter: Ja. Sie können die Bundeswehr in Haftung nehmen.

Den Nachweis muss der Geschädigte erbringen

123recht.de: Wer ist in der Nachweispflicht?

Rechtsanwalt Richter: Der Anspruchsteller muss eine objektive Pflichtverletzung nachweisen. Diese ist durch den Schaden indiziert. Der Anspruchsgegner muss sich dann entlasten.

123recht.de: Und wenn die Bundeswehr die Schadensregulierung verweigert?

Rechtsanwalt Richter: Dann muss eine Klage vor dem Zivilgericht folgen.

Für Schäden von Natotruppen haftet die Bundesrepublik

123recht.de: Was aber, wenn der Schaden durch stationierte Natotruppen entstanden ist?

Rechtsanwalt Richter: Steht fest, dass ein Flugzeug der NATO-Streitkräfte den Schaden verursacht hat, kann aber die beteiligte Streitmacht nicht mit Bestimmtheit ermittelt werden, was hier anzunehmen sein wird, so kommt eine Haftung aller NATO-Vertragsparteien einschließlich der Bundesrepublik in Betracht. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus Art. VIII Abs. 5 a NTS. Die Regelung des Kostenausgleichs im Innenverhältnis der Vertragsparteien (Abs. 5e (ii) und (iii) NTS) geht aber ersichtlich davon aus, dass bei Fehlen eines bestimmten Verursachers eine Haftung der Vertragsparteien, deren Streitkräfte als Verursacher in Betracht kommen, immer gegeben ist, wenn nur feststeht, dass der Schaden überhaupt von Streitkräften der Vertragsparteien verursacht worden ist. Soweit nach diesen Haftungsgrundsätzen eine (gesamtschuldnerische) Mithaftung der Bundesrepublik zu bejahen ist, kann der Ersatzanspruch in dem vorliegenden Verfahren verfolgt werden (vgl. Rieger aaO Art. VIII Abs. 5a, b Anm. B 6b zu Rdn. 165; Rundschreiben des BMinFin vom 8. Juli 1968 - VI B 1 - VV 7162 - 62/68). In einem hierüber geführten Rechtsstreit wird die Bundesrepublik nicht durch den Bundesminister der Verteidigung, sondern durch den Bundesminister der Finanzen vertreten.

123recht.de: Auch wenn kein Schaden entsteht, gibt es bei Bundeswehr oder NATO Manövern ja eine nicht unerhebliche Belastung durch Lärm und gegebenenfalls Abgasen. Muss man das hinnehmen?

Rechtsanwalt Richter: Maßnahmen gegen Überschallflüge der Bundeswehr an sich sind mir nicht bekannt. Insoweit sind die Unannehmlichkeiten in Abwägung zu bringen mit der Verteidigung des Landes. Ein Gericht wird die Überschallflüge als hinnehmbar bewerten.

123recht.de: Vielen Dank.

Rechtsanwalt
Matthias Richter
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