Streitpunkt Unterhalt: Wann besteht eine Auskunftspflicht?

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Die Offenlegung des Einkommens im Rahmen von Unterhaltsforderungen

Unterhaltsverpflichtungen sind in vielen Fällen ein Streitpunkt. Besonders problematisch ist die Berechnung des Unterhalts, da Unterhaltsverpflichtete häufig ihre Einkünfte und ihr Vermögen nicht oder nicht vollständig offenlegen möchten. Den Unterhaltsberechtigten stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob ihnen ein Auskunftsanspruch zusteht und wie sie die Unterhaltsforderung durchsetzen können.

Antworten rund um das Thema Unterhalt gibt uns im Folgenden Rechtsanwältin Andrea Brümmer im Interview mit 123recht.de.

Auskunftsansprüche bestehen für alle Unterhaltszahlungen

123recht.de: Frau Brümmer, für welche Unterhaltszahlungen besteht ein Auskunftsanspruch?

Rechtsanwältin Brümmer: Es besteht für alle Unterhaltszahlungen ein Auskunftsanspruch, dies gilt also für Ehegattenunterhalt und zwar sowohl für den Trennungs- als auch für den nachehelichen Scheidungsunterhalt. Ebenso kann der Auskunftsanspruch geltend gemacht werden für den Kindesunterhalt. In den letzten Jahren haben sich auch zunehmend Ansprüche auf Elternunterhalt ergeben, so dass auch für diese Zahlungen ein Auskunftsanspruch besteht.

123recht.de: Wer hat einen solchen Anspruch auf Auskunft?

Rechtsanwältin Brümmer: Der Anspruch steht demzufolge dem Ehegatten zu und den Kindern, wobei die minderjährigen Kinder durch einen Elternteil vertreten werden. Die Ansprüche auf Elternunterhalt gehen, wenn von dort Leistungen gewährt werden, auf das Sozialamt über, so dass auch der Auskunftsanspruch von dort verfolgt werden kann.

Bei volljährigen Kindern haben beide Elternteile Auskunftsansprüche gegeneinander

123recht.de: Ändert sich etwas bei der Auskunftspflicht für Elternteile, wenn die Kinder volljährig werden?

Rechtsanwältin Brümmer: Wenn volljährige Kinder wegen ihrer Ausbildung noch Unterhalt beanspruchen können und nicht mehr bei einem Elternteil wohnen, müssen beide Eltern anteilig zu dem Unterhalt des Kindes beitragen. Bei dieser Sachlage haben beide Elternteile auch einen Anspruch auf Auskunft gegeneinander.

123recht.de: Gilt die Auskunftspflicht auch für Elternteile, die freiwillig den vollen Ausbildungsunterhalt für volljährige Kinder zahlen?

Rechtsanwältin Brümmer: Wenn einer der Eltern seiner Verpflichtung eindeutig in dem geschuldeten Umfang nachkommt, gibt es keine Auskunftsverpflichtung mehr.

Die Auskunft kann alle zwei Jahre verlangt werden

123recht.de: Einkommenverhältnisse können sich ändern. Wie oft kann eine Auskunft verlangt werden?

Rechtsanwältin Brümmer: Grundsätzlich kann die Auskunft alle zwei Jahre verlangt werden, weil man davon ausgeht, dass sich die Verhältnisse in dem Rahmen maßgeblich verändern können.

123recht.de: Was muss bei der Auskunftserteilung genau vorgelegt werden?

Rechtsanwältin Brümmer: Grundsätzlich muss alles vorgelegt werden, was für die Offenlegung der Einkommensverhältnisse maßgeblich ist. Meist sind dafür die Gehaltsnachweise des vergangenen Jahres und der letzte Steuerbescheid ausreichend.

Wenn es um die Einkommensverhältnisse von Selbständigen geht, sind jedoch umfangreichere Unterlagen erforderlich. So werden in der Regel Steuererklärungen und Steuerbescheide der letzten 3 Jahre gefordert und mindestens eine aktuelle Betriebsauswertung. Gelegentlich, wenn Immobilienvermögen vorhanden ist, werden auch noch die zugehörigen Mietverträge gefordert, das hängt aber vom Einzelfall und von der Transparenz der erteilten Auskünfte im Übrigen ab.

123recht.de: Besteht eine selbstständige Verpflichtung zur Auskunftserteilung?

Rechtsanwältin Brümmer: Nein. Eine selbständige Pflicht zur Auskunftserteilung besteht nicht, sondern die Auskunft kann nur gefordert werden zur Begründung einer Unterhaltsforderung. Wenn offensichtlich keine Unterhaltsverpflichtung besteht, kann auch keine Auskunft gefordert werden.

Die Forderung auf Auskunft sollte mit einer Frist versehen sein

123recht.de: Wie können Betroffene vorgehen, wenn der Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig nachgegangen wird?

Rechtsanwältin Brümmer: Zunächst ist der Auskunftspflichtige aufzufordern, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, dies verbindet man zweckmäßigerweise mit einer Frist, innerhalb derer die Angaben zu machen sind. Wenn dann die Auskunft nicht oder unvollständig geleistet ist, ist eine Klage auf Auskunft vor dem örtlich zuständigen Familiengericht erforderlich. Diese kann in Form einer Stufenklage gestaltet werden, da dies den Vorgang etwas beschleunigt. Die Klage lautet dann auf der ersten Stufe auf Erteilung der Auskunft und auf der zweiten Stufe auf Zahlung des Unterhalts, der auf der Grundlage der erteilten Auskunft geschuldet wird.

Der Unterhaltstitel kann im Wege eines Abänderungsantrags angepasst werden

123recht.de: Kann der Unterhaltstitel bei Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse abgeändert werden?

Rechtsanwältin Brümmer: Der Unterhaltstitel kann bei jeder maßgeblichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Wege eines Antrags auf Abänderung an das Familiengericht abgeändert werden. Maßgeblich ist jede Änderung, die zur Anwendung einer anderen Stufe der Düsseldorfer Tabelle führt, die also tatsächlich eine Erhöhung oder Minderung der Unterhaltszahlung herbeiführt.

123recht.de: Vielen Dank für das Interview Frau Brümmer.

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