Teilungsversteigerung bei der Erbengemeinschaft

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Gründe, Voraussetzungen und Ablauf der Teilungsversteigerung

Gerade unter Erbengemeinschaften ist es nicht immer leicht, einen Konsens zu finden, was mit der gemeinschaftlich geerbten Immobilie geschehen soll. Wie aber läuft eine Teilungsversteigerung ab, kann diese auch verhindert werden und was gibt es generell zu beachten? Rechtsanwalt Cedric Hohnstock erklärt im Interview mit 123recht.de, was Erben wissen müssen.

123recht.de: Herr Hohnstock, schön, dass Sie Zeit für uns haben und uns die Teilungsversteigerung etwas näher bringen wollen. Was genau ist eine Teilungsversteigerung und was wird damit bezweckt?

Cedric Hohnstock
Partner
seit 2021
Rechtsanwalt
Königstraße 45
30175 Hannover
Tel: 0511 12220296
Web: http://kanzleihohnstock.de
E-Mail:
Wirtschaftsrecht, Erbrecht, Immobilienrecht, Vertragsrecht, Steuerrecht
Preis: 198 €
Antwortet: ∅ 20 Std. Stunden

Rechtsanwalt Hohnstock: Guten Tag und herzlichen Dank für die Einladung zu diesem Interview! Ich freue mich heute hier zu sein und möchte gern Ihre Fragen zum Thema “Teilungsversteigerung bei der Erbengemeinschaft” beantworten.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass eine Teilungsversteigerung eine ganz spezielle Form der Zwangsversteigerung ist, die darauf abzielt, gemeinschaftliches Eigentum – zumeist eine Immobilie – unter Miteigentümern aufzulösen. Sie findet häufig innerhalb von Erbengemeinschaften Anwendung, wenn sich die Erben nicht einvernehmlich über die Verteilung des Nachlasses einigen können. Demnach ist die Teilungsversteigerung zwar ein wesentliches Instrument zur Konfliktlösung innerhalb von Erbengemeinschaften; aber zugleich auch eine formalisierte und rechtlich sehr komplexe Maßnahme, die mit vielen rechtlichen und emotionalen Facetten verbunden ist.

Finden Erben keine einvernehmliche Lösung, hilft nur noch die Teilungsversteigerung

123recht.de: Warum kommt es zur Teilungsversteigerung, was sind die Gründe dafür?

Rechtsanwalt Hohnstock: Die Gründe für eine Teilungsversteigerung sind vielfältig. Grundsätzlich handelt es sich dabei jedoch um eine Maßnahme zur Auflösung gemeinschaftlichen Eigentums, wenn eine einvernehmliche Teilung nicht erzielt werden kann.

Eine der häufigsten Ursachen für eine Teilungsversteigerung ist die Uneinigkeit unter den Miterben hinsichtlich der Verwendung oder Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums. Familiäre Konflikte, Unterschiede in den finanziellen Interessen, persönlichen Beziehungen oder Zukunftsplanungen können dazu führen, dass eine einvernehmliche Lösung nicht gefunden wird. Manchmal möchten oder müssen Erben auch ihren Anteil am Erbe in Form von Bargeld realisieren, etwa zur Deckung eigener finanzieller Bedürfnisse oder Verpflichtungen. Eine Teilungsversteigerung ist oft ein gangbarer Weg, um dies zu erreichen; manchmal ist die einvernehmliche Einigung oder der Verkauf der Immobilie durch private Verhandlungen nicht zielführend. In einigen Fällen lässt sich das gemeinschaftliche Eigentum wiederum nicht sinnvoll physisch aufteilen.

Die soeben genannten Faktoren machen deutlich, dass die Teilungsversteigerung oft nicht die bevorzugte oder optimale Lösung darstellt, aber dennoch eine wichtige rechtliche Möglichkeit zur Auflösung von gemeinschaftlichem Eigentum ist. Jeder Erbfall und jede Erbengemeinschaft ist einzigartig - und so verhält es sich auch mit den Gründen für oder gegen eine Teilungsversteigerung.

Eine dauerhafte Verhinderung ist nicht möglich

123recht.de: Können Erben die Teilungsversteigerung verhindern?

Rechtsanwalt Hohnstock: Die Frage kann leider nicht mit einem klaren “Ja” oder “Nein” beantwortet werden. Hier liegt die Wahrheit in der Mitte: Denn als Erbe und Teil einer Erbengemeinschaft muss man wissen, dass die Teilungsversteigerung zwar blockiert und verzögert werden kann. Wenn die Teilungsversteigerung jedoch von den entsprechenden Personen fokussiert und ernsthaft betrieben wird, ist eine dauerhafte Verhinderung leider nicht möglich.

Deshalb ist die beste und nachhaltigste Methode, um eine Teilungsversteigerung zu vermeiden, auch die einvernehmliche Einigung unter den Miterben. Hierbei können die Miterben gemeinsam beschließen, die Immobilie zu verkaufen und den Erlös aufzuteilen oder dass ein Erbe die anderen Erben auszahlt und so Alleineigentümer wird. Wenn Streit unter den Miterben besteht, kann eine Mediatorin oder ein Mediator unterstützend wirken. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass ein laufendes Verfahren zur Teilungsversteigerung jederzeit beendet werden kann, sofern der Zuschlag beim Versteigerungstermin noch nicht erfolgt ist. Angesichts der Tatsache, dass sich die Durchführung einer Teilungsversteigerung manchmal über eine längere Zeit ziehen kann, besteht die Möglichkeit, dass der verkaufswillige Miterbe seine Meinung auch trotz einer ursprünglichen Streitsituation doch noch ändert. Natürlich ist hierfür ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick der anderen Miterben erforderlich. Hier kann unter Umständen ein Anwalt oder eine Anwältin unterstützend zur Seite stehen.

Daneben sind auch spezielle Situationen denkbar, in denen eine sog. Drittwiderspruchsklage die Teilungsversteigerung abwehren kann. Manchmal können auch im Grundbuch eingetragene Nießbrauchrechte eine Teilungsversteigerung vereiteln, da diese gemäß § 1066 Absatz 2 BGB nur gemeinsam mit dem Nießbrauchberechtigten beantragt werden kann - wenn der Nießbrauchberechtigte also blockiert, kann die Teilungsversteigerung nicht erfolgen.

123recht.de: Wenn also keine dauerhafte, aber vorübergehende Verhinderung möglich ist: Können Erben die Teilungsversteigerung dann also bewusst hinauszögern oder blockieren?

Rechtsanwalt Hohnstock: Ja, das ist tatsächlich möglich. Jedoch macht das Hinauszögern oder Blockieren nicht immer Sinn, weshalb hier stets ein strategisches Vorgehen von ganz besonderer Wichtigkeit ist - nur so können die Erfolgschancen der einzuleitenden Maßnahmen bestmöglich abgewogen und unnötige Kosten vermieden werden.

Ein häufig genutztes Instrument zum Hinauszögern bzw. Blockieren der Teilungsversteigerung stellt § 180 Absatz 2 ZVG zur Verfügung: Hiernach haben die Miterben die Möglichkeit, die vorübergehende Einstellung des Verfahrens zu beantragen. Ein solcher Antrag muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Benachrichtigung über die bevorstehende Teilungsversteigerung beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Der Antrag auf Einstellung ist aber nur dann erfolgreich, wenn bei einer Interessenabwägung die Entscheidung zugunsten der Antragsteller ausfällt. Wenn dem Antrag stattgegeben wird, ruht das Versteigerungsverfahren für maximal sechs Monate. Danach kann jedoch erneut ein Antrag auf einstweilige Einstellung gestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass eine vorläufige Einstellung auch dann angeordnet werden kann, wenn das Wohl eines Kindes gefährdet ist. Diese Situation kommt in der Praxis leider öfter vor als man denkt und wird oft dann relevant, wenn Kinder der Erben in der Immobilie leben, die teilungsversteigert werden soll, und kein alternativer Wohnraum zur Verfügung steht.

Eine Teilungsanordnung im Testament kann helfen

123recht.de: Gibt es alternative Möglichkeiten zur Verhinderung oder Verzögerung der Teilungsversteigerung?

Rechtsanwalt Hohnstock: Eine sehr gute Alternative, die sich jedoch leider nur präventiv und nicht durch die Erben selbst einrichten lässt, ist eine entsprechende Vorsorgemaßnahme durch den Erblasser. Dieser hat nämlich nach § 2048 BGB die Möglichkeit, eine Teilungsanordnung in sein Testament aufzunehmen, die klare Vorgaben dazu macht, wie die Miterben die Immobilien zu behandeln haben. Beispielsweise könnte er festlegen, dass ein Haus einem bestimmten Erben zugeteilt wird, während die übrigen Erben andere Vermögenswerte erhalten. Eine solche Teilungsanordnung kann auch gemäß § 2044 BGB ein Verbot der Auseinandersetzung enthalten, das für maximal 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers besteht. Sofern die Miterben sich nicht einig sind, diese Anordnungen zu ignorieren, ist eine Teilungsversteigerung nach § 2044 BGB ausgeschlossen. Neben dem Testament können auch mit Ehe- oder Erbverträgen entsprechende Regelungen geschaffen werden.

Eine Möglichkeit, die wiederum die Erben in der Hand haben, ist der Erbteilverkauf. Der eigene Erbteil kann jedoch nur dann an eine "Dritte" - also externe Person - veräußert werden, wenn sich ein Käufer finden lässt und nicht die übrigen Miterben das Vorkaufsrecht gemäß § 2034 BGB beanspruchen.

123recht.de: Wenn nun keine Verzögerung oder gänzliche Verhinderung erfolgt: Wie läuft eine Teilungsversteigerung ab?

Rechtsanwalt Hohnstock: Im Rahmen einer Teilungsversteigerung durchläuft das Verfahren mehrere klar definierte Phasen. Üblicherweise gliedert sich der Ablauf in die folgenden acht Hauptschritte, wobei ich kleinere Zwischenschritte aus Gründen der Übersichtlichkeit auslassen werde:

  1. Antrag auf Teilungsversteigerung stellen: Der erste Schritt besteht darin, dass ein Antrag auf die Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht wird. Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft hat aufgrund der Regeln des § 2042 BGB das Recht, diesen Antrag zu stellen.
  2. Prüfung des Antrags: Im zweiten Schritt prüft das Gericht den Antrag auf Teilungsversteigerung. Wenn alle notwendigen Unterlagen vorliegen und der Antrag formgerecht ist, gibt das Gericht dem Antrag statt und informiert alle Parteien darüber.
  3. Benachrichtigung aller Beteiligten: Nach der Prüfung des Antrags werden alle Beteiligten offiziell durch das Gericht benachrichtigt. Dies beinhaltet insbesondere eine Mitteilung an die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft sowie an eventuelle Gläubiger, deren Rechte durch die Versteigerung tangiert sein könnten.
  4. Verkehrswert ermitteln: In der nächsten Phase erfolgt die Ermittlung des Verkehrswertes der Immobilie, falls noch kein entsprechendes Verkehrswertermittlungsgutachten vorliegt. Dies kann durch ein vom Antragsteller beauftragtes Gutachten oder durch ein gerichtlich bestelltes Gutachten geschehen. Ein Sachverständiger bewertet sodann den Wert der Immobilie unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren.
  5. Festlegen des geringsten Gebots: Basierend auf dem ermittelten Verkehrswert legt das Amtsgericht anschließend das so genannte "geringste Gebot" fest. Damit wird sichergestellt, dass insbesondere die Kosten der Teilungsversteigerung gedeckt sind.
  6. Festlegen des Versteigerungstermins nebst Anzeigen: Parallel zur Festlegung des geringsten Gebots bestimmt das Amtsgericht den Versteigerungstermin. Hierbei werden Anzeigen sowohl in Zeitungen als auch im Internet veröffentlicht, um potenzielle Bieter auf die anstehende Versteigerung aufmerksam zu machen. Es wird ein hinreichender Zeitraum eingeräumt, in dem die Beteiligten und Interessenten sich vorbereiten können.
  7. Versteigerung: Der Versteigerungstag ist der zentrale und vielleicht auch wichtigste Punkt des Verfahrens. Trotz der Wichtigkeit dauert diese Phase in der Regel nur zwischen 30-60 Minuten. Zu beachten ist, dass lediglich Gebote akzeptiert werden, die mindestens 50 % des ermittelten Verkehrswertes ausmachen. Die Teilnehmer treten in einen Auktionsmodus, in dem das höchste Gebot den Zuschlag erhält.
  8. Aufteilung des Erlöses: Nachdem die Versteigerung abgeschlossen ist und ein Bieter den Zuschlag erhalten hat, wird der Erlös verteilt. Anders als die vorherigen Phasen liegt die Zuständigkeit für die Aufteilung des Erlöses nicht mehr beim Gericht. Die beteiligten Miterben müssen die Aufteilung des Erlöses untereinander klären, entweder selbstständig oder gegebenenfalls mit rechtlicher Unterstützung.

123recht.de: Mit welchen Kosten müssen die Beteiligten dabei rechnen?

Rechtsanwalt Hohnstock: Die Kosten einer Teilungsversteigerung können sich als vielfältig und hoch erweisen, was für die beteiligten Erben eine zusätzliche Belastung darstellen kann. Grundsätzlich müssen folgende Kostenpunkte berücksichtigt werden:

Die Antragskosten, die Verfahrenskosten, die Kosten für die Veröffentlichung, die Kosten für die Erstellung von Wertgutachten durch einen Sachverständigen sowie die Anwaltskosten, falls rechtliche Unterstützung hinzugezogen wurde.

Die genaue Berechnung der einzelnen Kostenpunkte ist sehr komplex und ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen und Verordnungen; hinzu kommt, dass einige Gerichte unterschiedliche Veröffentlichungskosten in Rechnung stellen.

Exemplarisch kann zur Veranschaulichung aber gesagt werden: Wenn mit anwaltlicher Unterstützung die Teilungsversteigerung für eine Immobilie mit einem Verkehrswert in Höhe von 500.000 Euro angestrebt wird, entstehen Gesamtkosten in Höhe von etwa 15.000,00 €.

123recht.de: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen zu diesem sehr komplexen Thema. Haben Sie noch abschließende Worte? Würden Sie Erben stets zur Durchführung einer Teilungsversteigerung raten?

Rechtsanwalt Hohnstock: Leider ist es immer schwierig, eine abstrakte Empfehlung auszusprechen, die in jedem Fall in gleicher Weise zu befolgen ist. Dies ist aus tatsächlichen Gründen einfach nicht möglich, weil jeder Fall und jede Lebenssituation anders ist und immer eine individuelle Bewertung verdient hat.

Wenn andere Wege nicht möglich sind, insbesondere eine gütliche Einigung unter den Miterben scheitert, kann die Teilungsversteigerung unter Umständen der letzte Ausweg sein. Denn wie im Rahmen des Interviews erläutert, kann eine Teilungsversteigerung zwar verzögert und blockiert, aber im Zweifel niemals dauerhaft verhindert werden. Da die Teilungsversteigerung für die Beteiligten aber oft mit sehr viel emotionalen Stress und auch mit hohen Kosten verbunden ist, sollte stets zu jedem Zeitpunkt - gegebenenfalls auch mit anwaltlicher Unterstützung - geprüft werden, ob eine Alternative in Betracht kommen könnte oder sich eine Einigung unter den Miterben nicht doch noch mit besonderem Verhandlungsgeschick erreichen lässt.

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