Urlaub - die schönste Zeit des Jahres

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Was man als Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch wissen sollte

Urlaub, endlich mal wieder die Seele baumeln lassen und abschalten. Jeder hat Anspruch auf Urlaub, aber es gibt ein paar Besonderheiten, die man als Arbeitnehmer kennen sollte. Was ist mit Mini-Jobs, bei Krankheit oder Familien mit Kindern? 123recht.de versucht im Interview mit Rechtsanwältin Masuch, Licht ins Paragrafendickicht zu bringen.

123recht.de: Frau Masuch, hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaub?

Rechtsanwältin Masuch: Ja, nach § 1 Bundesurlaubsgesetzt (BUrlG) hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Es gibt sogar einen Mindesturlaubsanspruch. Dieser Mindesturlaub muss tatsächlich genommen und darf nicht ausbezahlt werden.

Arbeitnehmer erwerben auch während der Probezeit einen anteiligen Urlaubsanspruch

123recht.de: Gibt es Unterschiede zwischen Arbeitnehmern in der Probezeit und unbefristeten Arbeitnehmern?

Rechtsanwältin Masuch: Nach § 4 BurlG wird der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Dies heißt jedoch nicht, dass ein Arbeitnehmer während seiner Probezeit noch keinen Urlaubsanspruch hat. Hier greift § 5 Abs. 1 BUrlG, wonach der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat, den er gearbeitet hat, einen Anspruch auf 1/12 seines Jahresurlaubes erwirbt. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer bereits nach dem ersten Monat Erholungsurlaub beantragen kann.

Besteht das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf seinen gesamten Jahresurlaub. Dieser erlischt auch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres beendet wird (Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 c BUrlG).

Auch Minijobber haben einen Anspruch auf bezahlten Urlaub

123recht.de: Und was gilt bei Teilzeitkräften, Minijobs oder Midi-Jobs?

Rechtsanwältin Masuch: Es ist insbesondere bei so genannten Minijobs ein weit verbreiteter Irrtum, dass man in einem solchen Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der Urlaubsanspruch bei Teilzeitkräften, Minijobs und Midi-Jobs richtet sich danach, wieviel Tage pro Woche der Arbeitnehmer in dem Unternehmen tätig ist. Demnach werden die Urlaubstage herabgesetzt. Im Endeffekt haben diese Arbeitnehmer aber einen Anspruch auf genauso viele Wochen Urlaub wie eine Vollzeitkraft.

Hier zur Veranschaulichung ein Beispiel: In einem Unternehmen hat ein Vollzeitbeschäftigter mit einer 5-Tage-Woche einen Anspruch auf 25 Tage (5 Wochen) Urlaub. Arbeitet ein Teilzeitbeschäftigter in diesem Unternehmen nur 3 Tage pro Woche, so hat er einen Urlaubsanspruch auf 15 Tage, was ebenfalls 5 Wochen Urlaub entspricht.

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 4 Wochen

123recht.de: Wie viele Wochen Urlaub bzw. Urlaubstage sind in Deutschland normal? Was ist das Mindeste, das ein Arbeitnehmer nehmen kann?

Rechtsanwältin Masuch: Die durchschnittliche Urlaubszeit in einem deutschen Unternehmen liegt zwischen 5-6 Wochen Urlaub.

Der gesetzliche Mindesturlaub ergibt sich aus § 3 Abs. 1 BUrlG. Hier sind mindestens 24 Urlaubstage vorgeschrieben, wobei sich diese 24 Tage auf eine 6-Tage-Woche beziehen und somit einen gesetzlichen Mindesturlaub von 4 Wochen ergeben. Arbeitet ein Arbeitnehmer nur 5 Tage pro Woche, so steht ihm ein gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen zu.

Von dem Mindesturlaub nach § 3 BUrlG wird jedoch in den meisten Unternehmen zugunsten der Arbeitnehmer abgewichen (entweder durch den Arbeitsvertrag oder durch den geltenden Tarifvertrag). Somit ergibt sich in deutschen Unternehmen im Durchschnitt ein Urlaubsanspruch von 5-6 Wochen.

Kein Urlaub während der Schulferien – Aber soziale Gesichtspunkte sind zu beachten

123recht.de: Haben Arbeitnehmer mit Kindern Anspruch auf Urlaub in der Ferienzeit?

Rechtsanwältin Masuch: Nein, einen solchen Anspruch gibt es nicht. Jedoch ist es in der Praxis häufig der Fall, dass Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern bevorzugt in den Schulferien Urlaub nehmen können. Dies folgt aus § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG. Hier heißt es:

„Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen."

Hier ist es so, dass Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern in der Regel unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, da sie sonst nicht mit ihren Kindern in den Urlaub fahren können. Da dies jedoch nicht immer der Fall sein muss, besteht kein Anspruch darauf.

Anspruch auf unbezahlten Sonderurlaub nur in Ausnahmefällen

123recht.de: Wann ist Urlaub bezahlt und wann unbezahlt und wonach richtet sich das?

Rechtsanwältin Masuch: Der gesetzliche Anspruch auf Erholungsurlaub bzw. der vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch stellen bezahlten Urlaub dar. Möchte man darüber hinaus weiteren Urlaub nehmen, so stellt dies so genannten unbezahlten Sonderurlaub dar, der mit dem Arbeitgeber nach Absprache vereinbart werden kann.

Hierauf hat der Arbeitnehmer jedoch grundsätzlich keinen Anspruch. Ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung ergibt sich nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei der Versorgung kranker Kinder oder bei der notwendigen Pflege naher Angehöriger gemäß dem Pflegezeitgesetz.

123recht.de: Mein Chef plant den Urlaub immer soweit im Voraus, ist das überhaupt erlaubt?

Rechtsanwältin Masuch: Ja, dies ist nicht zu beanstanden. Insbesondere weil der Arbeitgeber (vor allem in kleineren Betrieben) den Urlaub frühzeitig so planen muss, dass der Geschäftsbetrieb aufrechterhalten wird.

"Arbeitgeber darf Urlaub nicht ohne Grund verweigern"

123recht.de: Darf mir Urlaub länger als eine Woche grundsätzlich verweigert werden?

Rechtsanwältin Masuch: Nur, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, dem längeren Urlaub entgegenstehen würden, vgl. § 7 Abs. 1 S.1 2. Hs. BUrlG.

Bei der Urlaubsplanung sind die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber darf demnach den Urlaub nicht ohne Grund verweigern. Dringende betriebliche Belange kommen in der Praxis relativ selten vor. Sie können in Ausnahmefällen, insbesondere bei kleinen Betrieben vorliegen, wenn die Firma z. B. keine Aufträge erfüllen könnte, weil zu viele Mitarbeiter gleichzeitig - und zu lange - im Urlaub sind.

Zudem besagt § 7 Abs. 2 BUrlG, dass der Urlaub mindestens 12 Werktage am Stück gewährt werden muss. Somit ist eine Begrenzung des Urlaubs auf lediglich eine Woche nicht über das ganze Jahr möglich.

Arbeitnehmer dürfen Urlaub bei Krankheit nicht einfach verlängern

123recht.de: Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch bei Krankheit und was gilt, wenn ich im Urlaub krank werde?

Rechtsanwältin Masuch: Wird der Arbeitnehmer in seinem Urlaub krank, so werden seine krankheitsbedingten Fehltage nicht auf seine Urlaubstage angerechnet, vgl. § 9 BUrlG. Der Arbeitnehmer behält also die Urlaubstage, die er krank war. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass er seine Krankheit durch ein ärztliches Attest belegt, sich also ordnungsgemäß krankschreiben lässt.

Zudem ist zu beachten, dass sich der Urlaub nicht automatisch um die Krankheitstage verlängert, d. h. der Arbeitnehmer darf seinen Urlaub nicht eigenmächtig verlängern und die Krankheitstage als Urlaubstage einfach „hinten dranhängen". Er muss vielmehr einen neuen Urlaubsantrag stellen.

Urlaubsanspruch verfällt allerspätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres

123recht.de: Wann kann ein Urlaubsverfall eintreten oder ist dies gar nicht möglich?

Rechtsanwältin Masuch: Gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden, da der Urlaub der Wiederherstellung und Erhaltung der Arbeitskraft dient. Somit verfallen Urlaubsansprüche grundsätzlich im neuen Jahr, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag nichts anderes bestimmt.

Der Urlaub kann jedoch auch noch bis zum 31.03. des nächsten Jahres genommen werden, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen, vgl. § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG. Eine Ausnahme hiervon gilt wiederum bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern, die aufgrund ihrer Erkrankung den Urlaub auch nicht bis zum 31.03. des Folgejahres nehmen konnten. In diesen Fällen urteilte das Bundesarbeitegericht am 7.08.2012 (Az.: 9 AZR 353/10), dass der Urlaubsanspruch erst „15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres" verfällt. Dies bezieht sich jedoch nur auf die 24 bzw. 20 gesetzlichen Urlaubstage.

123recht.de: Urlaub als Geldbetrag auszahlen lassen, ist das möglich?

Rechtsanwältin Masuch: Dies ist nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich. Da der Urlaub ja der Wiederherstellung und Erhaltung der Arbeitskraft dienen soll, ist es grundsätzlich nicht möglich, sich den Urlaub in einem bestehenden Arbeitsverhältnis auszahlen zu lassen. Er ist demnach nur in Form von Freizeit zu gewähren.

Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht jedoch ein Urlaubsabgeltungsanspruch, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, vgl. § 7 Abs. 4 BUrlG. Scheidet der Arbeitnehmer in der zweiten Hälfte des Jahres aus, so hat er sogar einen Anspruch auf seinen gesamten Jahresurlaub.

Bei Tod des Arbeitnehmers geht Urlaubsanspruch auf Erben über

123recht.de: Ist Urlaub auf Kollegen übertragbar oder vererbbar?

Rechtsanwältin Masuch: Der Urlaub kann nicht auf einen Kollegen übertragen werden, da er der Erholung des einzelnen Arbeitnehmers dienen soll. Demnach handelt es sich hier um ein so genanntes „höchstpersönliche Rechtsgeschäft", das nicht abgetreten werden kann.

Der Urlaub ist jedoch seit dem 12.06.2014 vererbbar. An diesem Tag fällte nämlich der Europäische Gerichtshof ein Urteil, was besagt, dass Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers nicht durch dessen Tod entfallen. Somit können sich Erben nun den noch bestehenden Urlaub von dem Arbeitgeber auszahlen lassen. Dies sah das Bundesarbeitsgericht bisher immer anders und hielt stets daran fest, dass Urlaubsansprüche mit dem Tod des Arbeitnehmers erlöschen. Der EuGH stellte in seinem Urteil jedoch fest, dass ein Arbeitsverhältnis außer durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag eben auch durch Tod enden kann. Der EuGH hält hier ein unterschiedliches Vorgehen in der Form, dass bei einer Kündigung der Urlaub vergütet wird und bei Tod nicht, für unzulässig.