Wechsel von der PKV in die GKV
Mehr zum Thema: Experteninterviews, PKV, GKV, Wechsel, Versicherte, KrankenkasseWas müssen Versicherte beim Wechsel der Krankenkasse beachten?
Die Gründe für einen Wechsel von der Privaten Krankenkasse in die Gesetzliche sind oft verschieden. Zum einen können es die steigenden Beiträge sein oder die Aufgabe der Selbständigkeit. Die Gründe sind vielfältig. Welche Voraussetzungen müssen Versicherte beim Wechsel in die Gesetzliche Krankenkasse beachten und wann ist ein Wechsel vielleicht gar nicht möglich? Rechtsanwalt Pierre Aust erläutert im Interview mit 123recht.de, worauf es ankommt.
Geringere Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung im Alter
123recht.de: Herr Aust, welche Gründe sprechen für einen Wechsel von der Privaten in die Gesetzliche Krankenkasse?
seit 2013
Rechtsanwalt Aust: Für einen Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung spricht häufig der doch wesentlich geringere Beitrag im höheren Lebensalter des Versicherten. Während bei jüngeren Versicherten tatsächlich die Beiträge zur privaten Krankenversicherung häufig günstiger sind, steigen diese regelmäßig mit dem Lebensalter des Versicherten. Insbesondere spätestens dann, wenn der Zeitpunkt der Rente in Betracht kommt, sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel wesentlich niedriger.
123recht.de: Was gibt es dabei für Angestellte zu beachten?
Rechtsanwalt Aust: Für Angestellte ist immer zu beachten, dass prinzipiell eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch V besteht. Nur für Angestellte, die oberhalb der so genannten Jahresarbeitsentgeltgrenze verdienen, besteht überhaupt die Möglichkeit, sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht zu befreien und eine private Krankenversicherung abzuschließen. Dabei wird in jüngeren Lebensjahren sehr häufig der Abschluss einer privaten Krankenversicherung empfohlen, da hier geringere Beiträge anfallen.
Entscheidend ist die Jahresarbeitsentgeltgrenze
123recht.de: Hat das Gehalt Auswirkungen?
Rechtsanwalt Aust: Bei dem umgekehrten Weg dann von der privaten Krankenversicherung zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist entscheidend, dass hier ein freies Wahlrecht nicht mehr besteht. Sobald tatsächlich der Weg der privaten Krankenversicherung gewählt wurde, ist eine Rückkehr nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Hierbei spielt tatsächlich das entsprechende Gehalt des Angestellten die entscheidende Rolle. Dieses muss nicht nur vorübergehend unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fallen. Diese Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt zurzeit im Jahr 2022 bei 64.350 €. Wer bereits am 31.12.2002 als Arbeitnehmer privat versichert war, für den gilt eine niedrigere Grenze von aktuell 58.050 Euro.
Brückenteilzeit zur Reduzierung des Gehalts
123recht.de: Wie kann ich das Gehalt reduzieren, um einen Wechsel zu ermöglichen?
Rechtsanwalt Aust: Hier gibt es jederzeit natürlich die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber einen neuen Arbeitsvertrag zu schließen und zum Beispiel durch eine Stundenreduzierung (Stichwort: Brückenteilzeit) ein geringeres Gehalt zu erreichen. Jedoch darf diese entsprechende Gehaltsreduzierung nicht nur vorübergehend sein. In aller Regel wird von einer vorübergehenden Minderung des Arbeitsentgeltes immer dann ausgegangen, wenn diese nicht mehr als drei Monate ausmacht. Hierbei gibt es zwei entscheidende Ausnahmen und zwar die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit oder im Rahmen einer Freistellung nach § 3 Pflegezeit Gesetz. Dabei ist zu beachten, dass auch hier das so genannte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten darf.
Falls ihr Gehalt nur geringfügig über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, besteht auch die Möglichkeit der Vereinbarung einer Entgeltumwandlung. Dieses führt dazu, dass das umgewandelte Entgelt nicht mehr zu dem sozialversicherungsrechtlichen Entgelt gezählt wird.
123recht.de: Was gibt es zu beachten, wenn man von der Versicherungspflicht befreit ist?
Rechtsanwalt Aust: Zu beachten ist bei einer Befreiung von der Versicherungspflicht, dass eine Reduzierung des Gehaltes insoweit beachtlich ist, wenn eine Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze vorliegt. Daraufhin tritt in der Regel automatisch wieder eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse ein und eine Weiterversicherung in der privaten Krankenversicherung wäre dann ohne Weiteres nicht möglich.
Selbständige können ein Angestelltenverhältnis aufnehmen
123recht.de: Wie können Selbständige in die GKV wechseln?
Rechtsanwalt Aust: Wenn Sie als Selbstständiger der privaten Krankenversicherung beigetreten sind und diese schon seit geraumer Zeit besteht, ist ein Wechsel in die GKV nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Dabei ist festzustellen, dass hier zum Beispiel die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Angestellte der häufigste Fall wäre. Dabei darf dann aber die selbständige Tätigkeit nur noch im Nebenerwerb ausgeführt werden. Ob dieses der Fall ist, kann immer nicht pauschal beantwortet werden, sondern wird von der Krankenversicherung im Einzelfall geprüft.
Vorsicht vor der Einkommensgrenze in der Familienversicherung
123recht.de: Ist eine Familienversicherung des Partners eine Option?
Rechtsanwalt Aust: Falls der Partner noch Mitglied der GKV ist, wäre eine Familienversicherung ebenso eine Option für die begehrte Rückkehr in die GKV. Problematisch ist dabei jedoch, dass das eigene Einkommen nicht die 450 € Grenze im Rahmen der geringfügigen Tätigkeit oder im Rahmen der Gesamteinkünfte von 470 € überschreiten darf. Dieses ist in der Regel natürlich nur sehr schwer zu realisieren, da hier ein erheblicher Einkommensverlust vorliegt.
123recht.de: Gibt es legale Tricks, um trotzdem in die GKV wechseln zu können?
Rechtsanwalt Aust: Weitere Möglichkeiten, zum Beispiel für Angestellte zurück in die GKV zu wechseln, wäre hier der Bezug von Arbeitslosengeld. Dieser Personenkreis wird unabhängig von der Vorversicherung automatisch pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese könnte dann auch nach Beendigung der Arbeitslosenzeit zum Beispiel als freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung fortgeführt werden.
Eine weitere Möglichkeit der Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung, die aber im Einzelfall nur ersichtlich selten vorkommt, wäre der Umweg über eine Versicherungszeit im EU Ausland. Dabei besteht die Möglichkeit, dass sie in verschiedenen europäischen Ländern dann Mitglied der dortigen GKV werden und dann nach Deutschland zurückkehren.
123recht.de: Gibt es Besonderheiten für ältere Versicherungsnehmer oder spielt das Alter keine Rolle beim Wechsel?
Ab dem 55. Lebensjahr wird ein Wechsel sehr schwer
Rechtsanwalt Aust: Ja tatsächlich gibt es für ältere Versicherungsnehmer weitere Beschränkungen für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung. Insbesondere ab dem 55. Lebensjahr ist hier eine Rückkehr nur unter besonderen weiteren Bedingungen möglich. Hierbei ist Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Wiederaufnahme in der gesetzlichen Krankenversicherung mindestens ein Tag Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung war. Weiterhin wäre eine Rückkehr möglich wenn der Versicherte in dem fraglichen Fünfjahreszeitraum nur zur Hälfte (900 Tage) Krankenversicherungsfrei, von der Krankheitspflicht befreit war oder hauptberuflich selbst nicht erwerbstätig war.
Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung auch zum Beispiel bei Aufnahme einer Angestelltentätigkeit unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze ausgeschlossen. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass zum Beispiel jüngere Versicherte zunächst den günstigen Beitragssatz in der privaten Krankenversicherung in Anspruch nehmen und dann im Alter, wenn höhere Beiträge auf Sie zukommen, in die gesetzliche wechseln. Dieses wäre im Hinblick auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten als ungerecht und nicht gewollt zu bezeichnen.
Ablehnung von Versicherungsrechtler prüfen lassen
123recht.de: Was kann man tun, wenn die Krankenkasse die Aufnahme verweigert?
Rechtsanwalt Aust: Falls eine Aufnahme in der GKV von Seiten der Krankenkasse verweigert wird, besteht die Möglichkeit, dieses von einem spezialisierten Anwalt zu überprüfen und dann entsprechende Rechtsmittel einzulegen. Falls die Voraussetzungen für die Rückkehr in die GKV erfüllt sind, kann im Übrigen die gesetzliche Krankenkasse eine Aufnahme auch bei vielen bereits bestehenden Erkrankungen nicht verweigern. Dieses ist gesetzlich eindeutig nicht vorgesehen.
123recht.de: Was geschieht beim Wechsel mit den angesparten Altersrückstellungen?
Rechtsanwalt Aust: Die angesparten Altersrückstellungen verfallen leider in der Regel bei einem entsprechenden Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung. Es besteht auch nicht die Möglichkeit, dass diese sich zwar im Eigentum des Versicherten befindlichen Vorteile von der Versicherung ausgezahlt werden. Eine Möglichkeit, die hier bestehen würde, wäre zum Beispiel der Abschluss einer privaten Krankenzusatzversicherung, in dessen Rahmen dann die Altersrückstellungen von der privaten Krankenversicherung berücksichtigt werden müssen.
123recht.de: Vielen Dank Herr Aust.